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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Liebsten, weil das Ziel ihrer heimlichen Entfernung immer die väterliche Burg Chirmendschik und der Vater sei - Nilufer dagegen entfliehe bei gleichem Beginnen ihrer Mutter Apollonia und damit den Eltern, was eine große Sünde wäre!
    Nilufer war auch gar nicht das Mädchen, eine Sünde zu bestreiten, die sie begehen wollte. Daß sie deswegen davon Abstand genommen hätte, war freilich bisher nie bemerkt worden. In diesem Fall gar hatte die Besorgnis, ob Kirina Ana, allein gelassen, auch ihren Schwur halten werde, Nilufer auf den Gedanken gebracht, selber darauf zu schauen, daß es geschehe. Denn geschworen hatte Ana - erst bei Malchatuns Knien und dann in der kleinen Kapelle, die den wenigen Christen des alten Melangeia völlig genügen konnte. Auf Hostie und Kreuz hatte sie schwören müssen, niemandem, auch ihrem Joannes nicht, zu verraten, daß dessen Flucht im Grunde gar keine Flucht gewesen sei. Ferner hatte sie geschworen, alles was sie von Anschlägen auf Osman erfahren würde, an den Knecht Achmed, der sich Philippos nennen lasse, weiterzugeben.
    Erst hatte Ana einige Gewissensbisse zu überwinden gehabt, ihren Joannes derart hintergehen zu sollen. Doch Nilufer hatte gemeint, Mädchen seien wohl Kinder, aber nur, um dann Frauen und Mütter zu werden, während die Männer immer Kinder bleiben. »Aber können wir ohne sie?« hatte sie gefragt. »Wir können nicht. Das ist es eben. Das sei der Ablauf einer barbarischen Natur, meinte mein Gregoras immer.«
    Schließlich war alles wie vorgesehen verlaufen. Weniger entsprach es dem Plan, daß statt eines Hirtenjungen noch ein zweiter durch das Eskischehrer Tor Karadschahissar verlassen hatte, und es beruhigte Kirina Ana wenig, an der verabredeten Stelle statt der drei Pferde noch ein viertes, und zwar für Nilufer, vorzufinden.
    Der jungen Herrin aus Jarhissar hingegen erschien alles ganz vortrefflich. Sie hatte versprochen, ihrem Osman zu helfen, fühlte sich durch das Abenteuer beschwingt und hatte sich inzwischen der Zeit bedient, durch das Beschwören aller Höllenschrecken die Freundin in ihrer Eidtreue und Verläßlichkeit nicht wenig zu bestärken.
    »Wenn er doch endlich käme!« ängstigte sich Kirina Ana.
    »Der kommt schon früh genug«, erklärte Nilufer mit rauher Gelassenheit und stellte in bezug auf das Märchen, das Ana ihrem Bräutigam zu erzählen hatte, ein neues Verhör mit der Zitternden an. »Also gut«, gab sie sich endlich zufrieden, »nicht zuletzt bin ich ja auch noch da. Oder glaubst du, daß die Archonten mir, die ich doch aus Karadschahissar nur geflohen sein kann, weniger Vertrauen schenken werden als dir?«
    Das meinte Ana keineswegs. »Doch wenn sie . . .«, kamen der Dame plötzlich Bedenken, »wenn sie uns beiden nun überhaupt nichts sagen, weil wir doch nur Mädchen sind . . .?«
    Nachdrücklich verwies ihr Nilufer die unklugen Worte.
    »Erstens willst du deinen Joannes doch heiraten, also bist du dann kein Mädchen mehr . . .«, hob sie an. - »Wie sagtest du?« unterbrach sie sich dann.
    »O nichts«, schluckte Ana ihren Einwand herunter, da es doch keinen Sinn habe, Nilufer zu weniger ungeschminkter Rede veranlassen zu wollen.
    »Ein Mädchen bist du dann nicht mehr«, wiederholte Nilufer also, »und Mutters Zofe, die Rina . . . Sieh mal, Anina, man kann über sie sagen, was man will, aber sie ist nun einmal Mutters Zofe, und da hat sie doch die Pflicht, mich etwas aufzuklären . . .«
    »Ja?« fragte Kirina Ana, auf einmal nicht ohne Interesse. »Was meint sie?«
    »Im Bett sagen die Männer einem alles«, flüsterte Nilufer Rinas Weisheit der Freundin zu.
    »Aber Nenuphar!« empörte sich Kir Michaels Tochter.
    »Stell dich nicht so an!« rügte die andere so unzeitgemäße Gefühle. »Dein Joannes ist auch nur ein Mann, und wenn du nicht einmal das bei ihm fertigbrächtest, dann könnte ich ihn nur bedauern. Er würde es ja recht armselig bei dir haben . . .«
    Zu einer Erwiderung kam es nicht. Denn jetzt vernahmen die Mädchen ein Knacken in den Zweigen, das sich in immer größerer Nähe wiederholte. Zuletzt krochen zwei Männer aus dem Busch. Es waren Kir Joannes und Achmed, den der edle Herr sich inzwischen gewöhnt hatte, Philippos zu nennen. Die Verwunderung beider war gleich groß. »Der vierte Mann« verschlug freilich dem Archonten nicht viel, weniger jedenfalls als der Umstand, daß »der dritte« Kirina Ana Tagaris war. Seit ihm Ana in einer Stunde höchster Not den rettenden Unterschlupf verschafft und ihn

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