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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Herr«, entschuldigte sich der Knecht. Die gleiche Frage legten beide sich vor, Ana und Achmed: Es sei doch alles abgekartet gewesen, der Paß von Ermenibeli habe frei sein sollen diese Nacht, und nun dieser nächtliche Überfall durch Osmans eigene Leute? Im Ernstfalle wären sie, die Mädchen und beide Männer, zweifellos der
    Übermacht erlegen, und so könne es wohl nur auf Nilufer abgesehen sein ?
    Knecht und Fräulein verständigten sich mit den Augen.
    »Du kannst jetzt nicht zurück!« sagte Ana, da Kir Joannes eine Bewegung der Unschlüssigkeit machte. »Wenn Nilufer auch gefangen sein sollte, so wird ihr doch niemand etwas antun. Dir aber und Achmed geht es an den Kopf.«
    »Und Osman?« fragte er. »Was war zwischen ihr und Osman ?«
    »Sie haben sich gestritten, soviel ich weiß«, log Ana und war froh, daß Joannes ihr Erröten in der Nacht nicht bemerkte. »Aber der Bey ist mit den Asanes befreundet, und Kira Apollonia ist noch immer als Gast in Karadschahissar. Man wird ihr Nilufer zurückbringen - das ist alles.«
    Trotz ihrer Freundschaft sagte Ana das wie befreit.
    »Ich hoffe, die Asanes werden nicht mehr lange mit Osman befreundet sein«, meinte Kir Joannes. »Deine Freundin scheint zu wissen, was sie will.«
    Auf einen Wink Orkhans hatten sich die Reiter von ihm und Nilufer zurückgezogen, ohne darum aufzuhören, einen Ring um die beiden jungen Menschen zu bilden. Nur die Lücken waren größer geworden, was Nilufer sofort erspähte.
    Gleichzeitig fauchte ihre Peitsche wie ein Blitz über Orkhans Hand, die ihr Pferd am Zügel hielt. Ebenso schnell und unvermutet hoffte sie durchzubrechen und ihren Gefährten zu folgen.
    Orkhan jedoch hielt dem Schmerz stand, und zu einem zweiten Hieb kam es nicht, da er mit der Linken die Peitsche abfing und sie ihr aus der Hand drehte. Kein Wort und kein Laut kam dabei über seine Lippen.
    Die junge Dame freilich war so zurückhaltend nicht. Sie kämpfte mit Wuttränen und trachtete nur danach, ihren Widersacher so tief wie möglich zu verletzen.
    »Was diesen erwachsenen Männern nur einfällt«, sagte sie, »dir bei deinen kindischen Streichen zu helfen - das möchte ich wohl wissen.«
    »Ich bin ihr Baschi und Führer, Nilufer«, warf er als etwas Selbstverständliches hin, das kein Aufheben verdiene.
    »Und dein Vater? Ich furchte, er wird dir etwas erzählen, was dir nicht gefallen wird. Dafür laß mich nur sorgen!«
    »Es steht dir nicht zu, so vom Bey zu reden, als wenn er dir gehöre!« rief auch er nun heftig. »Du solltest dich schämen, Nilufer, du ermangelst der Ehrfurcht.«
    »Ehrfurcht . . .?« Sie war erstaunt. Unter diesem Wort konnte sie sich nicht allzuviel vorstellen. Doch dann besann sie sich. »Aber wie du meinst, Orkhan. Nur vergißt du, daß du wohl sein Sohn, ich aber nicht seine Tochter bin.«
    »Jedermann in Karadschahissar konnte sehen, daß du dich nicht wie eine Tochter ihm gegenüber benahmst«, antwortete er voll Bitterkeit.
    »Wie denn auch? Als Vater eines erwachsenen Mädchens, wie ich es bin, ist er doch viel zu jung!«
    Sie hätte kaum etwas sagen können, was mehr geeignet gewesen wäre, seine Eifersucht zu entfachen, die Ureifersucht des heranwachsenden Sohnes gegen den beneideten Vater-geliebt oder nicht, aber immer beneidet -
    »Im Hause meines Großvaters habt ihr euch getroffen und überall!« brach er los. »Schändlich war dein Verhalten, Nilufer !«
    »Dann sollte deine Mutter froh sein über meine Flucht!«
    »Was sich nicht ziemt, bemerkt meine Mutter nicht«, sagte er stolz, »aber Kirina Apollonia verlangt dich, und du stehst unter dem Schutze Osmans und der Osmanoghli.« In dieser Erklärung erblickte Nilufer nur eine Bestätigung ihrer Vermutung.
    »Also doch die Frau!« meinte sie. »Was denkt sich Tante Malchatun? - Denn dich zu schicken, dieser Einfall wäre meiner Mutter nie gekommen. - Glaubt die Tante etwa, ich wolle mich hier draußen irgendwo mit Osman treffen?«
    Böse und trotzig funkelten Orkhans Augen, während es noch ganz kindlich um seinen Knabenmund zuckte.
    Ein klein wenig schämte sich Nilufer, als sie das sah; sie mußte daran denken, wie sie durch Augenaufschläge, durch Lächeln und mit dem ganzen Rüstzeug eines Mädchens sich an Orkhan versucht habe. So lenkte sie denn ein:
    »Sei mein guter Junge und sag mir, was du weißt.«
    »Mehr, als du glaubst.«
    »Wenn das der Fall wäre, müßtest du wissen, daß Kirina Ana jemanden braucht, der sie überwacht. Es war unklug, mich

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