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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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nördlich davon die Höhlenberge und an deren schroffen Nordhang Ort und Burg Inöni.
    »Hier«, sagte er, »von Nordwest aus werden Sie angreifen, Kir Manuel. Ich besetze zuvor die Höhe im Osten der Stadt.«
    So betrunken war Manuel wiederum nicht, daß er den Sinn dieser Sätze nicht sogleich erfaßte. Er sprang auf.
    »Sie wollen also -?« rief er.
    »Osman kann uns nicht entkommen«, fuhr Salmenikos fort, als sei alles ganz selbstverständlich und längst beschlossen. »Sie brauchen nur mit Ihren Freunden Michael und Kalanos vorzurücken. Ich sperre Osman auf der Straße über Bosojuk den Rückzug westwärts nach Sögüd. Er ist gestellt.«
    »Also Bundesgenossen?« vergewisserte Manuel sich noch einmal.
    »Sie hatten recht, Kontophres«, bejahte Salmenikos, »ich muß mich entscheiden. Ich habe mich entschieden.«
    »Für den Basileus - gegen die Pforte?«
    »Gegen Osman«, erwiderte Salmenikos.

14
    Es ging auf die Nacht.
    Dunst und Staub lagen über dem kleinen Platz am Haupttor von Inöni und auch noch über den engen, in den Platz mündenden Straßen. Denn mit dem Anmarsch der Leute Osmans oder der Osmanen, wie sie sich zu nennen begannen, hatten sich angesichts des bevorstehenden kriegerischen Zusammenstoßes die berittenen Hirten der Nachbarschaft mit ihren Herden in die Stadt geflüchtet, und diese Herden verstopften nun Platz und Straßen.
    Das Gedränge von Vieh und Menschen war eine Gefahr für die Verteidigung, es riß die Mannschaften auseinander und unterbrach alle Verbindungen.
    Auch Malchatun war mit dem langen Ghundus und mit Kumral festgekeilt. Geradezu verzweifelt war für die Eingeschlossenen die Lage. Einem sofortigen Angriff von Manuels Streitkräften konnten sie in diesem Augenblick keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen.
    Zu sehen war freilich nichts von denen da draußen. Die dürftigen Lehmmauern verbargen sie dem Blick. Desto mehr war von ihnen zu hören. Durch das Blöken und Brüllen der Rinder vernahm man deutlich zu den Klängen der Handtrommeln die Siegesgesänge der Söldner und die brummigbrausende Begleitung einer Vielfalt anderer Stimmen.
    Dies rhythmische Stampfen des Gesanges und das Brausen machten Malchatun den Eindruck eines riesigen scharrenden Ungeheuers, das ungeduldig, aber seines Fraßes gewiß, sich auf seine Beute zu stürzen drohe.
    Ein Dolchmesser zog Kumral aus Ghundusalps Gurt und steckte es Malchatun zu.
    Es wurde kein Wort darüber gesprochen. Stumm verbarg es Malchatun in ihrem Gewand. Es war schlimm genug, zu wissen, daß sie angesichts des Schrecklichen, das auf sie lauere, den Dolch vielleicht nötig haben würde. Einem Tier wie dem Manuel dürfe Scheich Edebalis Tochter niemals lebend in die Hände fallen - darüber kam keinem der drei ein Zweifel, nicht den beiden Männern, nicht dem Mädchen selbst.
    Vergebens hatte der lange Ghundus sich bemüht, mit Tritten und Peitschenhieben durch das Vieh eine Gasse zu öffnen. Nur einem Pfeiler, der den Druck abhielt, verdankten es die drei, nicht zerquetscht zu werden. Schon wurden einige Tiere über die Masse emporgehoben, während die Todesangst der zu Boden Getretenen nur noch in dumpfen Lauten heraufdrang.
    »Jetzt nicht am Tor und an der Zugbrücke zu sein!« rief Ghundus. »Wenn Isa Tschendereli uns verraten will, kann ihn kein Mensch hindern.«
    »Ich glaube nicht, mein Sohn«, sagte Kumral, »daß der Tschendereli uns hinaustreiben wird.«
    »Du bist ein Abdal, ein Heiliger, mein Vater«, erwiderte Ghundus, »du kennst die Welt nicht, Kumral.«
    »Du freilich kennst sie besser«, murrte der Sahid. »Und ich sage dir, der Isa Tschendereli ist ein Moslem, er wird uns nicht verraten. Ich habe seinem Sohn, dem kleinen Mohammed, den Glauben abgehört. Er ist in den Lehren bewandert.«
    »Wenn Manuel, ohne viel zu fragen, stürmen läßt, ist ohnehin alles aus«, rettete sich Ghundus in eine Tatsache, die schwer zu widerlegen war, »die Mauern sind höchstens gegen ein paar Strauchdiebe zu halten.«
    Aber jetzt rauschte Trompetengeschmetter herüber, und der Burgherr Tschendereli begab sich in Person auf die Mauer über dem Tor. So dunkel war es bereits geworden, daß zwei Fackelträger ihn begleiteten.
    Noch mehrere kleine Gruppen der Osmanen waren zwischen dem Vieh eingeklemmt, und die riefen sich nun zu, was geschah. Ein allgemeiner Jubel aber erscholl, als der Burgherr die Auslieferung verweigerte.
    »Jetzt haben wir noch die eine Hoffnung, Manuel möge ein Esel sein und in der Nacht nicht

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