Malchatun
befinde und daß er, Salmenikos, auf jeden Fall früher als Manuel sie besetzen werde.
Sein Jundhissar war in dieser Nacht durch kaum mehr als dessen neuverstärkte Mauern verteidigt. Außer den Frauen waren nur noch Alte und Krüppel zurückgeblieben, alle anderen hatte Salmenikos mit sich genommen, so daß er jetzt an zweihundert Mann bei sich hatte.
Seine Lage war nicht sehr einfach. Die Vernichtung Manuels sowohl wie Osmans war sein Ziel oder doch wenigstens deren dauernde Schwächung an Ansehen und Macht. Auch war die völlige Vernichtung Osmans fast gewiß. Aber auf keinen Fall durfte Salmenikos seine Waffen gegen Ertoghruls jüngsten Sohn wenden, den Grenzhauptmann Kiaja Sultan Alaeddins. Eskischehr durch Manuel selbst zu erlangen - daran glaubte Salmenikos im Ernst nicht, während er den Berad, die Verleihungsurkunde des Sultans, daheim in seiner Truhe hatte.
Die Belagerer hatten längst abgekocht. Ein Feuer nach dem andern brannte nieder, erlosch. Aber an Schlaf dachte Salmenikos nicht. Es wäre ihm unmöglich gewesen, zu schlafen, so nah fühlte er sich Malchatun in dieser Nacht. Er begriff' nicht, daß er nicht längst, wie er es gekonnt hätte, die Hand nach ihr ausgestreckt und sie festgehalten habe. Noch nachträglich überfiel ihn eine heiße Angst, daß sie ihm hätte verlorengehen können. Um so fester nahm er sich vor, schwur er sich zu, sie nie mehr von sich zu lassen, seinen kostbarsten Besitz, ohne den ihm Biledschik, Eskischehr, die Fürstenwürde nichts bedeuteten.
Marula . . .
Nur gedacht war der Name und wehte doch wie ein Seufzer vom Berge über Inöni hinweg, wo sie war . . .
Malchatun!
Wie ein Strahlenkranz brach es aus der gebenedeiten Stadt ihres Verweilens, wie ein Kranz von lodernden Strahlen. Immer weiter, immer weiter drangen die Strahlen in die Ebene
hinein, und nun vereinigten sie sich wie im Tosen stürzender Berge zu einem brennenden Halbmond, der sich lärmend und lärmerweckend voranfraß. Um Salmenikos wurde es lebendig. Seine Leute riefen und staunten.
Das war kein Traum . . . und war doch ein Traum!
Es mußte ein Traum sein.
Wie dahinjagende Fackeln war das; aber keine menschliche fackelschwingende Gestalt war zu sehen, keine Fackelschwinger stürmten dahin. Teuflisch war das! Ganz deutlich zeigte sich im Geflacker ein rennender Wald von Hörnern - langgestreckte Quastenschwänze, wie sie des Teufels Brut trägt, fuchtelten dazwischen. Die Hölle war los! Gehörnte und geschwänzte Teufel brachen mit dem ganzen Lärm ihrer geborstenen Hölle aus Inöni heraus, mit Rasseln und Beckenschlag, Kuhhorngeheul, mit Schreien und urwildem, wütendem Gebrüll, mit dem Angstschrei der Flucht vor der brennenden Brandung . .
»Sie fliehen!« rief einer von des Salmenikos Leuten. »Bei der Panagia! Sie fliehen.«
Sie flohen wirklich, die Leute Manuels - Salmenikos konnte nicht zweifeln die berüchtigten, gefürchteten Turkopolen voran! Die Schlaftrunkenen, Aufgetaumelten rannten zu ihren Pferden. Um ihr Leben rannten sie. Aber nur einige wenige kamen auf die laut Wiehernden, Wildgewordenen hinauf, die Gäule ganzer Beritte rissen sich los und stürmten hinaus in die Nacht, daß der feurige Halbmond sie nicht fresse. Nichts blieb von den Unberittenen übrig. Eingeholt wurden sie vom rennenden Feuer. Und nun erscholl das Gedröhn von harten Hufen auf dem Boden. Die Osmanen schwärmten aus, peitschten die geschwänzten Teufel in die wildeste Raserei und hielten über das, was an Überrannten noch Leben zeigte, unerbittliche Exekution.
Ganz ohne Trompeten und Trommeln ließ Salmenikos sammeln und zog in aller Stille ab auf die Straße nach Eskischehr.
Marula - dachte er, die sei nun bei dem siegreichen Osman .. .
Dies war Malchatuns Rat gewesen: pechgetränktes Reisig den Rindern zwischen die Hörner zu binden und das Vieh mit diesen entzündeten Fackeln zu den Toren hinaus und auf die Belagerer zu jagen.
So war es geschehen. Nur daß viele der besseren Wirkung wegen den Tieren brennenden Zunder unter die Schwänze gegeben hatten. Keins ist daran gestorben, keins der Tiere; wohl aber der größte Teil von Manuels Leuten. Und von dem übriggebliebenen kleinen Rest wurde sobald keiner mehr in der Gegend gesehen - auch Manuel nicht.
Die Besetzung Eskischehrs durch Salmenikos war mehr ein festlicher Einzug als eine Eroberung. Und der Jubel wäre noch größer gewesen, wenn die Bevölkerung Malchatun an Salmenikos’ Seite als neue Herrin hätte einreiten sehen.
So fehlte dem
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