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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Soll ich es Ihnen nennen?«
    »Ich glaube es zu kennen, Archont.«
    »Ehe Sie es verwerfen, sagen Sie mir doch, was Osman tun wird.«    
    »Seine beschworene Pflicht.«
    »Er wird sich für Alaeddin einsetzen«, deutete Salmenikos die Antwort, »und sich für ihn verbrauchen. Verkennen Sie doch die Zeichen der Zeit nicht, Marula«, bedrängte er sie, »die Macht der Mongolen, die unwiderstehlich schien, ist gebrochen, wieviel mehr- nicht die des Hauses Seldschuk, das den Ilkhanen tributpflichtig wurde. Der Islam hat seine natürlichen Grenzen überschritten und weicht nun zurück. Bithynien wird christlich sein. Alte Verbände lösen sich auf, neue werden sich fügen. Eskischehr war erst der Anfang. Bin ich geringer als die Bege von Kermian oder Karaman? Neue Staaten werden entstehen, Staaten, Marula! Unter ihnen wird einer vom Pursuk bis zum Pontischen Meer sich erstrecken, und dieses Staates Krone werden Sie tragen, Marula.«
    Wie ein Engel der Verheißung hatte Salmenikos geendet, und nun ließ eine Pause ihn von neuem hoffen.
    »Ich bin Kamerije Malchatun, die Haschimitin aus dem
    Stamm Koreisch«, brach sie schließlich das Schweigen der Erwartung. »Aus dem gleichen Mekkanischen Stamm und demselben Hause des erlauchten Haschim, aus dem auch unser Prophet kam - gepriesen sei Der, dem Allah erschienen! -, aus diesem Hause und von meinem Vorfahren ging das reinigende Feuer aus, die Völker der Erde von Aberglauben und Irrtum zu befreien. Sie sagten es selbst, Kir Salmenikos: alte Verbände lockern sich. Zu ihnen aber gehört auch das fast tausendjährige Byzanz. Es ist nur mehr ein Beweis für die Kraft des Wortes, das selbst einer ausgebrannten Hülle noch den Anschein von Dasein zu geben vermag. Doch Worte können sich wandeln. Das neue Jerusalem, der christliche Gottesstaat Byzanz hat sich gewandelt. In einer Zeit wie dieser aber, da allen der Boden unter den Füßen wankt, brauchen die Menschen ein Wort der Einfalt und Klarheit. Sie brauchen den Islam, Archont, und nicht das Kreuz.«
    Es war Malchatuns Nein, was Salmenikos vernahm, und das erste Weh darüber bedrohte sogar seine sonst so untadelige Haltung.
    »Nicht das Kreuz hassen Sie«, rief er aus, »sondern mich!«
    »Weder das Kreuz noch Sie. Ich sagte, daß ich Osman haßte. Sie, Salmenikos, hasse ich nicht. Sonst würde ich Sie lieben.«
    »Einst taten Sie es . . .«, sammelte er sich mühsam.
    »Einst!« wiederholte sie nur, um dann zu fragen, worauf sie keine Antwort erwartete. »Was sind wir? Menschen mit eigenem Willen? Ist dieser Wille nicht der von vielen, die an uns glauben? Uns ward er bewußt - den andern nicht. Das ist der gewaltige Unterschied. Aber Herrschende sind deswegen doch immer zugleich Beherrschte. Mit dem letzten Wort, das wir hier wechseln, Asanes, trennen sich mit uns unsere Bekenntnisse und unsere Völker.«
    Fahl geworden, entließ er sie mit einem fiebrigen Blick, der aus seinem hilflosen Herzen stieg.
    »Mögen wir uns nie feindlich begegnen, Marula«, sagte er, »denn uns zu begegnen, können wir kaum vermeiden.«
    »Allah ist gnädig und allerbarmend«, gab sie ihm den Blick zurück.
    »- und vergibt uns unsere Schuld . . .?«
    »Möge dir Christus vergeben«, wandte sie sich von ihm ab. »Ich habe dich zu sehr geliebt.«

19
    Mochte der regierende Sultan Mesud auch am Euphrat residieren, so blieb Ikonium oder Konia doch immer die Hauptstadt des Reiches, das man auch das Reich der Ikonischen Seldschuken nannte. Hier befand sich das großherrliche Serail mit dem ganz christlich anmutenden hohen, achtmal gekanteten Turm, an dessen Knie sich die Vielzahl der Kuppeln schmiegte. Und hier regierte Mesuds Neffe Sultan Alaeddin mit allen Vollmachten eines Herrschers den westlichen Teil des Reiches und die Grenze. Weit größer als in Kutahie waren in Ikonium der Glanz und die Unnahbarkeit des Gebieters.
    Aber Salmenikos war durch die Wolke dieser Unnahbarkeit gedrungen. Oder, wie der Hofhistoriograph sich ausdrückte: »Der Sklave von Biledschik, ein Ungläubiger von der Grenze, wurde vor das ambraduftende Antlitz des kaiserlichen Prinzen geführt und, nachdem er seine Stirn in den Staub gebeugt, mit einem Ehrenkursk von erlesener Schönheit bekleidet. Durch höchste Gnade so verwandelt, wurde der Glückstrunkene zum Kuß der erhabenen Rechten zugelassen, um dann das Auge des Prinzen, seines Herrn, von dem Anblick seiner befleckenden Gegenwart zu befreien«, was heißen sollte, daß die Pforte sich veranlaßt gesehen hatte, der

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