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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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unverlierbar schienen, ist meine Schuld. Nun aber, da ich, wie ich wohl weiß, um Sie kämpfen muß, Marula, werde ich mich Ihrer nie mehr sicher fühlen. Unerreichbar sind Sie mir geworden. Aber das Glück besteht nicht darin, ein Ziel zu erreichen, sondern sich ihm zu nähern.«
    Wenn etwas Malchatun hätte bezwingen können, so wären es diese Worte gewesen - und sie begriff selbst nicht, daß sich wohl Rührung, aber nicht der Wunsch in ihr rege, Abgeschlossenes wieder aufzutun und sich von neuem einem Gefühl zu öffnen, das sie doch einst so stark bewegt habe und das nun -nicht mehr da sei.
    »Mich dünkt, es sei zu spät. . .«, sagte sie leise.
    »Und mich dünkt«, wurde er lebhaft, »daß Sie mir zugetan waren, wie eine Frau einem Manne nur zugetan sein kann. Und Sie werden mich nicht vom Gegenteil überzeugen!«
    Sie hob ihr Gesicht zu ihm auf, und für eine Weile verflochten sich ihre Blicke.
    »Ich habe Sie geliebt, und ich habe mich nach Ihnen gesehnt . . .«
    »Marula . . .«
    ». . . so sehr habe ich Sie geliebt«, fuhr sie fort, »daß ich Osman auf der Dschirga haßte, nur weil er tat, was Sie, wie ich glaubte, hätten tun müssen.«
    Das Leuchten seiner Augen erlosch.
    »Aber begreifen Sie nicht meine Lage, Marula?« verteidigte er sich. »Offenes Eintreten für Sie hätte damals Kampf mit Manuels überlegenen Streitkräften bedeutet.«
    »Osman scheute diesen Kampf nicht.«
    »Das eben wußte ich. Ich wußte, wie wenig gefährdet Sie in Wirklichkeit seien und daß Manuel sich den Schädel einrennen würde, wie er es denn schließlich auch tat. Das wenigstens müssen Sie doch zugeben ?«
    »Ich gebe es zu«, stimmte sie ihm bei, aber sie tat es mit wehem
    Herzen. Ein Stein in seinem Brettspiel sei sie gewesen, bei vollem Bewußtsein habe er sie eingesetzt, kaltblütig habe er sie höchstem Risiko preisgegeben - alles nur, um sein Spiel zu gewinnen. Und nun, da es gewonnen sei, solle sie ihm bewundernd in die Arme sinken und Glück über den guten Ausgang empfinden ?
    »Oh, dann, Marula . . .!« bereitete er sich zum Sturm.
    Aber sie unterbrach ihn. »Eins sollte ein Liebender nie tun«, sagte sie, »abseits stehen und zusehen, wie die Geliebte von einem andern Mann verteidigt wird.«
    »Und Sie begreifen nicht . . .?«
    »Sehen Sie das Erlengebüsch da unten, Kir Salmenikos? Ich schäme mich, es Ihnen zu sagen; aber die Wahrheit ist, daß ich Ihnen auch dies eine verziehen hatte. Einen langen Tag des Bangens um Sie verbrachte ich dort unten. Für Ihr Leben, das ich bedroht glaubte, setzte ich mehr als nur mein Leben ein. Und was taten Sie, ehe die Sonne zum zweitenmal untergegangen war? Als ich wegen meiner Liebe zu Ihnen, die groß war, nach menschlichem Ermessen nur noch zwischen Tod und grausamster Entehrung zu wählen hatte, versagten Sie mir den Schutz Ihres Hauses Jundhissar.«
    »Aber es ging doch alles gut aus!«
    »Allerdings ging es gut aus. Sie gewannen dabei Eskischehr, und zweifellos sind Sie ein kluger Mann. Mit mir aber müssen Sie Nachsicht haben, Kir Salmenikos. Ich bin eine Frau.«
    Es sei aus, dachte er; aber es dürfe nicht aus sein! Möge er hoch gespielt haben - der Gewinn gebe ihm recht, und gerade das habe ihn an Marula gefesselt: ihre tiefe Einsicht in das Notwendige, ihre Klarheit und ihre unerschöpfliche Güte. Nur an ihre Einsicht müsse er sich wenden, schöpfte er wieder Hoffnung, nur zu ihrer Güte müsse er Vordringen . . . Wie er sie vor dem reinen Himmel stehen sah, in ihrer weiblichen Würde und schöner denn je - konnte er nicht verzichten.
    »Eskischehr und die Burg in Biledschik warten auf ihre Herrin«, begann er, »mehr noch wartet auf Sie, Marula, weit mehr. Wer seine Zeit versteht, wie es Ihnen zukommt und mir, der sieht die Herrschaft der Seldschuken sich ihrem Ende neigen. Aber nicht Byzanz wird ihr Erbe sein, nicht der Basileus.«
    »Ich hörte sagen, daß mit Alaeddin ein neuer Geist in Konia eingezogen sei, und es wäre die Pflicht eines Pfortendieners, wie Sie es sind, Ihren Sultan zu unterstützen.«
    »Ich werde Seiner kaiserlichen Hoheit meine sechzig Lanzen stellen, wie es sich gehört - mehr nicht.«
    »Das heißt, Sie lassen die Pforte und den Basileus deren Streit illein ausmachen und sich gegenseitig schwächen?«
    »Wie sehr Sie mich doch verstehen, Marula!«
    »Nach dem, was ich von Ihnen sah, war das nicht schwer, Archont. Auch heißt verstehen nicht: billigen.«
    »Sie geruhen, mein Ziel zu verkennen, Kirina! Lockt Sie das Ziel nicht?

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