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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Alaeddin Osman vorziehen müsse, nicht nur, weil Ertoghruls Sohn der Schwächere und damit der Abhängigere sei, sondern auch um dessen einfacherer Lebensbedingungen willen, in denen die Milchwirtschaft immer noch eine größere Rolle spiele als das scheueinflößende Zeremonial und die Hintergründe andeutender Worte. Osman werde nie den Respekt vor der Pforte verlieren, war Schermugans Meinung, und ihm gegenüber werde Alaeddin sich immer als der Überlegene fühlen. - Salmenikos dagegen sei in vielem dem Prinzen zu gleich. Gleich an Bildung, gleich an Gewandtheit und Einsicht in alle Möglichkeiten höfischer Intrigen. Vor allem aber stehe ihm Sultan Mesuds Gunst bei Alaeddin im Wege. Denn wohl habe der Onkel den Neffen mit unbeschränkten Vollmachten ausgestattet; aber deswegen sei der Prinz doch nur der absetzbare Stellvertreter des regierenden Sultans, und im Kanzelgebet werde nicht Alaeddins Name genannt, sondern der von Mesud. Schermugan kannte Mesud und wußte, was ein Mann wie Salmenikos bei günstigen Umständen über einen so schwachen Herrscher vermöge.
    »Karadschahissar ist zum Glück nicht viel mehr als der Platz selbst«, begann Schermugan, »das dazugehörige Gebiet ist nur klein. Auch Sögüd und Seraidschik sind nur geringe Lehen, über die Osman nicht einmal verfügen kann.«
    »Mehr kann ich ihm nicht bewilligen!« wehrte sich der junge Sultan sofort. »Ich denke nicht daran, einen zweiten Salmenikos zu machen.« Zu den wirkungsvollsten Eigenschaften Schermugans gehörte jedoch dessen Zähigkeit. Daß er so leicht nicht abzuschrecken war, hatte Alaeddin oft genug erfahren. Der Sultan war also gewarnt, wenn das bartlose Gesicht des Eunuchen wie jetzt bis zur Ausdruckslosigkeit erstarrte. Das waren Augenblicke von Schermugans hartnäckigen Vorschlägen, die allen festgelegten Grundsätzen gänzlich widersprachen.
    »Eure Hoheit machen keinen zweiten Salmenikos, wenn Sie Osman gewähren, was Salmenikos erbat.«
    »Pauke und Fahne? Ich soll zu unsern Fürsten, die wir schon haben, einen neuen machen? Fortjagen möchte ich die andern! Sind das überhaupt noch Vasallen? Unsere Ehrenvorrechte — freilich, die respektieren sie. Das kostet nichts. Wenn die Pforte aber Truppen und Geld will, stellen sie sich taub. Das wissen Sie so gut wie ich, Schermugan, und ich kann mich nur über Sie wundern.«
    »Das Ziel, die der Pforte entzogenen Gebiete wider deren unmittelbare Verfügung zu unterwerfen«, entgegnete unbekümmert der Wesir, »wird durch meinen untertänigen Vorschlag nicht berührt. Sollten andere Vorstellungen durch unser Verhalten erweckt werden, so würde das unsere Bege nur in Sicherheit wiegen und Eurer Hoheit erhabene Absichten fördern. Ich erlaube mir, folgende Erwägung zu unterbreiten: Osman wird auch mit Karadschahissar nur einer von vielen kleinen Schloßbesitzern sein. Wenn Hoheit ihn zur fürstlichen Würde erhöhen, so geschähe das auf Grund seines Amtes und nicht eines Besitzes. Alle Vorteile, die Osman aus der Erhöhung zu ziehen vermöchte, wären Vorteile der Pforte. Die Ertoghruler würden sich in Osman geehrt fühlen und auch alle Turkmanenstämme der Dschirga sich zu ihm halten, nicht minder die mohammedanischen Herren. Es bedarf nur eines sichtbaren Mittelpunktes, und die Macht des Islams ist an der Grenze wiederhergestellt.«
    Die Macht des Islams . . . dachte Alaeddin. Aber das Angebot des Salmenikos sei so gut wie ein Übertritt! Damit setzte der Sultan seine Wanderung fort. Immer fingen seine Beine an zu laufen, wenn er in seine Gedanken versank. Schließlich blieb er vor dem Eunuchen stehen und fragte widerwillig, aber besiegt:
    »Müssen Sie denn immer recht haben, Schermugan?«
    »Mich begünstigte der Umstand, daß ich die Nachricht vom Sieg bei Agridsche früher als Euer überallhöchstzuverehrende kaiserliche Hoheit erfuhr«, erwiderte der Kanzler und legte aufrichtige Ehrerbietung in die höfische Formel.
    Jetzt erhellte sich Alaeddin wieder. Es tat ihm wohl, um dieses Einsseins mit seinem Wesir zu wissen.
    »Ich muß mich entschließen«, sagte er dann. »Daß Byzanz
    - ich meine nicht die paar Schloßmänner, sondern Byzanz selbst - einen Einfall in unser Gebiet plant, ist nicht zu bezweifeln. Soll ich abwarten oder entgegengehen? ist die Frage.«
    »Wofür entscheiden sich Hoheit?«
    »Für keins von beiden. Mit einem Streifzug ins byzantinische Gebiet erschöpfe ich vorzeitig meine Kräfte. Doch bei einem Einfall der Byzantiner wäre der Anmarsch von Konia

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