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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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einzelnen herzlich zugetan waren. Könne also ein Mädchen nicht ebenfalls zwei Männern geneigt sein? Doch über diese Frage, kaum gestellt, wurde ihr bewußt, daß nicht der Hauch eines Gefühles für Salmenikos die Zuneigung mindere, die unerfüllte, mit der sie Osman nachtrauere. Salmenikos lebe nicht mehr für sie - Osman aber sei ihr gestorben. Ihr!
    Die Nachricht des übernächsten Tages, daß nicht ein Sohn Ertoghruls, sondern dessen Enkel Baichodscha gefallen sei, überfiel sie dann mit einem jähen Glücksgefühl - mit dem Gefühl freilich eines entschwundenen und darum schmerzenden Glückes. Nun wußte sie, wie es um sie stand, wie sehr sie gewollt hätte, daß Osman bei ihr sei und daß es nach jedem Fortgehen eine Rückkehr zu ihr geben möge. Diesen Wunsch hatte sie, ohne ihn sich einzugestehen, bereits bei ihrer letzten Begegnung mit Osman gehabt. Aber gerade aus dieser Erinnerung kam ihr nur die Überzeugung von der Hoffnungslosigkeit ihres Wunsches. Nicht wegen Edebalis abschlägiger Antwort und wegen Ertoghruls Verbot, von der Heirat je wieder zu reden, erfüllte sie dieses Gefühl. Zwei alte Männer fürchtete sie nicht, und wenn ihr die Ursache von Osmans kühler Zurückhaltung bekannt gewesen wäre, eine Nebenbuhlerin etwa, so hätte sie sich Frau genug gefühlt, alles zu tun, um sich das, was ihr gehört hatte, zurückzugewinnen. Jedenfalls wäre sie einem Kampf nicht ausgewichen.
    So aber wußte sie nicht, wogegen sie kämpfen sollte . . .
    Wochen waren vergangen, als Kir David Asanes von Jundhissar mit ansehnlichem Troß durch den Ermeniderbend heraufkam und natürlich in Seraidschik haltmachte. Hätte er es unterlassen, so wäre das Befremden groß gewesen, und es erregte bereits Aufsehen, daß er die Gastfreundschaft des Schlosses nicht in Anspruch nahm, sondern Lager aufschlug. Der Besuch bei Edebali und Malchatun war allerdings selbstverständlich und der bei Apollonias Pflegeschwester mehr als nur eine Höflichkeit.
    »Ich hoffe«, sagte er jetzt zu ihr, »daß sich in Ihrem Verhältnis zu Apollonia und uns nichts ändern wird.« - Kir David war ein guter Junge, und so besaß er die Kunst nicht, seine Gedanken zu verbergen.
    »Geschah etwas, das Sie zu dieser Frage veranlaßt?« brachte Malchatun ihn denn auch gleich in Verlegenheit.
    »Ich dachte . . .«, stammelte er, ». . . das heißt: Apollonia meinte . . . Marula!« unterwarf er sich dann auf Gnade und Ungnade. »Sie wissen es doch selbst.«
    »Hat Kir Salmenikos eine Bemerkung gemacht?« erließ sie ihm dennoch nichts.
    »Kein Wort!« versicherte er. »O nein, Marula, das müssen Sie nicht denken. Aber Apollonia hegte gewisse Erwartungen .. . Hoffnungen vielleicht. . .«
    »Apollonia ist mir allzu günstig gesinnt und vergißt Unterschiede der Abstammung und Lebensgewohnheiten«, geruhte Malchatun endlich zu verstehen. »Sie aber, Kir David, sind ein Asanes und können beruhigt sein.«
    »Beruhigt!« lehnte er sich auf. »Wie können Sie nur so etwas sagen. Ich war nie beunruhigt. Im Gegenteil! Immer noch teile ich Apollonias Hoffnung.«
    »Sie sind zu . . .«
    >Gütig< hatte Malchatun sagen wollen, aber Perids Geschrei unterbrach sie. »Kamerije!« schrie sie und kam gerannt. »Komm schnell, eh sie raufen! Sie zanken schon, Konuralp und die Christen!«
    Und sie zankten wirklich.
    Leider fehlte die Autorität des abwesenden Ghundus. An seiner Stelle befehligte Konuralp. Die Ertoghruler hatten sich demnach um ihren heißblütigen jungen Anführer - Davids Knechte um ihren graubärtigen Waibel geschart, der den Männern von Seraidschik den Zugang in eines der aufgeschlagenen Zelte verwehrte. Und es sei eine verschleierte Frau in dem Zelt, wandte sich Konur an Malchatun, eine Rechtgläubige sei drinnen, und sie sei von den Christen entführt worden und werde gefangengehalten.
    Diese Aussage mit Geschrei zu bekräftigen, betrachteten die Ertoghruler natürlich als Ehrensache, und da die Leute des Asanes ebenfalls zu wissen glaubten, was sie sich schuldig seien, so ergab alles zusammen ein gewaltiges Getöse.
    Malchatun sah wieder einmal bestätigt, was ihr in letzter Zeit schon so oft Kummer bereitet hatte. Aus ihren Kindertagen konnte sie sich jedenfalls dieses Mißtrauens zwischen den Bekenntnissen nicht erinnern, und schon gar nicht eines so leidenschaftlichen Hasses, wie er hier plötzlich aus den Männern | sprang. Vergebens versuchte David Asanes, sich Gehör zu verschaffen, und es hätte zu schlimmen Händeln kommen können,

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