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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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daß dieser Staat sich mehr von seiner Schwäche erhole, als zur Abwehr der Byzantiner gerade nötig sei. Natürlich sollte Alaeddin den Basileus schlagen. Damit war Ilkhan Argun einverstanden. Er hatte sogar einige Mittel zu dem erwarteten Feldzug beigesteuert. Daß der junge Sultan dabei nicht zu stark werde - das zu verhindern war die Aufgabe von Leuten wie Belgutai. Für Osman dagegen war es beim Ilkhan keine Empfehlung, eine von Alaeddins zuverlässigsten Stützen zu sein.
    Von der Doppelrolle seines Gastes konnte der alte Dündar freilich nichts wissen. Belgutai hätte seinen Turban verbrannt, wenn ihm ein Zweifel aufgestiegen wäre, ob seine Gedanken nicht etwa in ihn eingedrungen sein könnten. Wenn das Geringste ruchbar geworden wäre, hätte nur schnellste Flucht nach Persien sein Leben gerettet. In solchen Dingen verstand Alaeddin keinen Spaß und Schermugan erst recht nicht. Noch allerdings war es nicht soweit, und nach Belgutais Vermeinen werde es auch nie dahin kommen. Mit gekreuzten Beinen saß er Dündar friedlich gegenüber, und ein Sonnenstrahl, der sich durch den Zeltvorhang gestohlen hatte, ließ sein scharlachenes Gewand prunkvoll erglühen.
    In bezug auf Schmeicheleien glaubte der erfahrene Hofmann sich dem Alten gegenüber keine Einschränkung auferlegen zu müssen. »Wenn es mir gestattet sein sollte«, begann er, »Suleiman Schahs großen Sohn als meinen höchstzuverehrenden väterlichen Freund zu betrachten . . .?«
    Dündar gestattete es.
    »Die Menge schien mir freudig bewegt und voll Zustimmung für die Neuvermählten . . .?« verlockte der Kapidschi seinen väterlichen Freund zum Widerspruch.
    »Blendwerk! Strohfeuer!« krächzte Dündar denn auch sofort. »Kindisches Geschrei dummer Jungen, das verstummt, sobald der erste kalte Wind pfeift.«
    »So verstand ich also recht? Sie meinten, Ehrwürdiger, daß ihres Neffen Macht nicht gerade hoch zu veranschlagen sei?«
    »Hoch? Überhaupt nicht. Bläht sich des Wunderns groß auf, weil er endlich die Priesterstochter bekam. Hat lange genug gedauert. Denn Edebali hat sie, unverschämt wie er ist, das erstemal meinem Neffen verweigert. Vor zwei Jahren geschah das. Und nun gebärdet sich meines Bruders Sohn, als sei dem ganzen Stamme Heil widerfahren. Eine Schande!«
    »Wie denn, Höchstedler?« spielte Belgutai den Verwunderten. »Verschmäht von einem geringen Priester - ein Dündaroghlu?«
    »Sie nennen sich Ertoghruloghli«, erboste sich Dündar, »und es ist freilich wahr, daß mein Bruder noch lebt.«
    »Und Ertoghrul bewilligte die Heirat trotz der dem Stamm widerfahrenen Schmach?«
    »Mein Bruder war nie der Klügste. Und jetzt ist er älter, als uns guttut«, meinte Dündar, obwohl er selbst dem Häuptling an Jahren nur wenig nachstand.
    »Aber Osman . . .?« stachelte Belgutai.
    »Osman...!« Man konnte Verachtung nicht besser ausdrücken, als Dündar sie in den Ton legte, mit dem er den Namen aussprach. Worauf er sich dann noch sehr abschätzig über den Sieg bei Agridsche und den Zug gegen Ketel ausließ, um sich zuletzt endlos über die Schlappe im Paß Ermenibeli zu verbreiten, die seinem Großneffen Baichodscha das Leben gekostet habe.
    Immerhin hatte Belgutai genug gesehen, um zu erkennen, daß Osmans Streitkräfte gegenwärtig einen recht beachtlichen Zuwachs für Sultan Alaeddins Kriegsmacht bedeuteten; aber zugleich zeigten ihm Dündars Scheltreden - soviel er auch als Übertreibung ansah -, wie schwankend die Grundlage von Osmans Macht sei. Austrieb, Herbstarbeiten, Beunruhigung der Herden durch räuberische Nomaden oder feindliche Burgherren - jedes solcher Ereignisse würde eine große Anzahl seiner Leute vorübergehend oder dauernd abziehen, zumal dann, wenn nicht unmittelbar auf Beute zu hoffen sei. Hier habe er, Belgutai, also den Hebel anzusetzen, um auch auf dem Umweg über Osman Alaeddins Machtmittel zu beeinflussen. Nicht der einzige sei Osman, aber auch keineswegs der Geringste, den er auf diese oder ähnliche Weise in die Hand bekommen würde. Und in die Hand bekommen würde er Osman, war Belgutai überzeugt, und dazu gedenke er sich dieses mißgünstigen alten Mannes zu bedienen.
    »Daß Sarujati fallen mußte!« rief Dündar gerade, obwohl er gegen einen lebenden Sarujati gewiß nicht weniger gewettert hätte als jetzt gegen jeden andern seiner Neffen. »Ghundus ist ein Tropf, und Osman ist ein Verderber. Meine Söhne, Kapadschi, hätten nicht sterben dürfen! Was der Sultan langes Leben ihm! an Osman findet,

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