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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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sagte Daphne mit einem Schmollen, dem ein gutes Teil Furcht beigemischt war. »Ich klettere in der Tageshitze über diese schrecklichen Berge und friere nachts, daß es jedem Manne leid tun sollte, eine Dame in solche Ungelegenheiten gebracht zu haben, und nun wir endlich bei dir sind, überfällst du mich, halbtot wie ich bin, mit Vorwürfen . . .«
    »Schöne >Dame    »Taindschar . . .!«
    »Taindschar, Taindschar! Wann wirst du dir das abge-wohnen? Tachantschar heiße ich, Kir Tachantschar, Heteriarch des heiligsten Kaisers!«
    Viel erhoffte Daphne angesichts dieser Feststellung nicht mehr von ihren Tränen. Aber etwas anderes, als sich laut aufschluchzend in die Kissen zu werfen, hatte sie nicht einzusetzen.
    Immerhin gewann sie so viel damit, daß ihr Bruder vor dem bebenden Knäuel weiblicher Gliedmaßen stehenblieb.
    »Ich sollte euch nackt aus dem Lager peitschen lassen, dich und deinen sauberen Mann!« schrie er sie an, ohne jedoch zuzuschlagen, was auch kein anderes Ergebnis gehabt hätte, weil sich aus dem Knäuel ohnedies schon ein lautes Geheul erhob. »Dann könntet ihr Gras fressen da draußen, ihr beide, und verrecken.«
    Obwohl nur mittelgroß, erweckte Taindschar dennoch den Eindruck von Kraft und Geschmeidigkeit, und darüber, daß er die Peitsche zu fuhren verstehe, gab sich Daphne keinem Zweifel hin. Statt der hohen byzantinischen Haube bedeckte lediglich eine enganliegende Lederkappe sein Haar. In glatten schwarzen Strähnen fiel es ihm bis auf die Schultern. Ohne Schwert war er, doch ein Dolch hing ihm vom Gurt des kurzen, reichverschnürten Rockes, und dieses Dolches wegen war gar nichts gewonnen, als er die Peitsche jetzt fortwarf.
    Zu Daphnes Glück tobte er seine Wut auf eine andere Weise aus. Er begnügte sich damit, der Schreienden die Kleider in Fetzen herunterzureißen. Denn im Grunde blieb ihm immer noch eine gewisse Schwäche für seine nichtsnutzige Schwester.
    »Ich sag’s der Mutter - ich sag’s der Mutter!« kreischte die Gebeutelte.
    Ganz unsinnig schien dieser Schrei. Doch so seltsam es sein mochte, so übte er doch eine gewisse Wirkung aus. Langsam dampfte die Wut von Taindschar, bis er schließlich sein Opfer wieder auf die Kissen warf.
    »Mißbrauche nicht den Namen unserer Mutter«, murrte er. »Die hätte dir den Hintern versohlt - wenn sie noch lebte.«
    Dabei unterließ er es nicht, sich fromm zu bekreuzigen und der Sicherheit halber auch noch im stillen den Schamanenzauber für die Seele der Dahingeschiedenen anzurufen. So genau wußte er es ja nicht, und auf keinen Fall wollte er etwas versäumen. — Die Muttergläubigkeit und das zähe Festhalten an allem, was mit ihm dem gleichen Schoß entsprossen war, machten eben eine der Stärken dieses Emporkömmlings aus. Trotz Streit und Zänkereien - und daran fehlte es nie - konnte Taindschar sich auf niemanden so verlassen wie auf seine Brüder und zuletzt auch auf Daphne. Daß er der Stärkste und Klügste sei, stand für sie fest. Sie prahlte mit ihm, sie hatte Angst vor ihm, und sie hätte ihn niemals verraten. Verraten nicht; aber . . .
    Der kleine Trupp, von dem Dündar seinem Fürsten berichtet hatte, war Daphnes und Manuels gewesen. Doch den Schwager hatte Taindschar überhaupt nicht vor sich gelassen, so daß Daphne es war, die seiner ersten Wut standhalten mußte. Der Schwager war etwas Angeheiratetes und gehörte nicht zur Familie.
    »Zweihundertfünfzig meiner besten Leute habe ich dir als Mitgift gegeben«, sagte Taindschar, »auf dich habe ich sie vereidigt. Wo sind sie? Ein paar haben sich zu mir zurückgefunden, und so weiß ich mehr, als dir lieb sein kann. Wo aber sind die andern? Beim Botoniates, der nicht hier ist? Wie? Oder vor Inöni gefallen, verlaufen, zweihundertfünfzig meiner tüchtigsten Jungens, und kein einziger der christlichen Herren, die ihr zusammenbringen solltet, ist zur Stelle!«
    »Manuel . . .«, versuchte Daphne einen schüchternen Einwand.
    »Laß mich mit deinem Mann zufrieden! Gar nicht so ganz dumm ist der Mensch; aber seine Großmannssucht und seine Geilheit werden ihm stets ein Bein stellen. Schau dir deine Brüder an - sind auch keine Engel, die Lümmel - ich meine natürlich die andern doch zuverlässig sind sie, muß man schon sagen. Zuverlässig, meine Liebe.« Er beugte sich tief auf sie hinunter, die immer mehr in sich zusammenkroch. »Hätte ich auch von dir erwartet.

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