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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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doch Daphnes Mann. Daran können Sie nichts ändern.«
    »Ich könnte . . . vieles«, unterdrückte Taindschar einen neuen Ausbruch. »Unter anderem könnte ich Sie . . . aufknüpfen. Aber ich will dem Mann meiner Schwester«, fuhr er schnell fort, »noch einmal Gelegenheit geben. Für Ihre Überwachung wird gesorgt sein, wenn Sie den Feldzug bei meiner Vorhut mitmachen.«
    »Beim verlorenen Haufen? Fällt mir gar nicht ein!«
    »Sie werden! Dieses Mal wirst du mir nicht davonlaufen wie bei Inöni. Vergiß nicht, daß ich Bogenschützen habe, die dein Pferd mit Pfeilen spicken können. Und dich lasse ich ins Feuer werfen, bis du darin im eigenen Fette schmorst wie der Krebs in der Schale!«
    Manuel erkannte den Ernst und wurde blaß bis in die Lippen. Ein neuer Gongschlag beendete die Audienz.
    Wie des Kontophres Zustand aber auch sein mochte, daß ein Unabänderliches im Zelt gewesen war, hatte er nicht bemerkt. Anders Daphne. Ihr war es, als habe statt eines großen, dicken Mannes ein Gerippe das Zelt verlassen. Sie kannte den Bruder, und der wußte das.
    »Ich bin der ganzen Sache hier überdrüssig, Taindschar«, brach Daphne das Schweigen, wobei sie an ihrem Bruder vorbeiblickte. »Laß mich wieder nach Konstantinopel, hörst du?«
    Taindschar blieb kühl.
    »Eine Frau braucht nicht als Dame geboren zu sein, um eine zu werden«, meinte er sachlich und ohne die geringste Spur seines Zornes, der längst verraucht schien. »Du hast es nicht geschafft, und so kann ich dich in Konstantinopel nicht gebrauchen.«
    »Ich soll also wirklich . . .?«
    »Hierbleiben, hier in Bithynien. Du mußt das verstehen, Turkan«, beschwichtigte er sie. »Trotz allem, was vorgegangen ist, will ich es noch einmal mit dir versuchen. Inzwischen wirst du wohl gelernt haben, daß Macht auch den, der sie hat, gefährdet, wenn er sich ihrer überhebt.«
    Daphne kannte die Zwecklosigkeit eines Widerspruchs. Wenn Taindschar so wie jetzt sprach, war er nichts als das Familienoberhaupt, dem sich alles zu fügen hatte. Und nicht einmal ungern duckte sich Daphne. Es war wie das Kriechen eines verlaufenen Kükens unter schirmende Flügel, zurück in die Brutwärme der Familie. Daß aber ihre Dazugehörigkeit dem Bruder so selbstverständlich und unverwirkbar erschien, gab ihr mit der Sicherheit auch die Frechheit zurück.
    »Natürlich!« begehrte sie auf. »Ich soll hier versauern, und wenn ich dann Dummheiten mache, wunderst du dich. Im Grunde bist ganz allein du an allem schuld.«
    Sie sagte noch einiges, bis sie empört wahrnahm, daß er gar nicht hinhörte. Schon ganz als Sieger fühlte er sich, und zweierlei sei nötig, dachte er: die angestammten Herren durcheinanderzuwirbeln und sie durch Verpflanzung ihrer allzu starken Verwurzelung zu berauben, zugleich aber auch die Gegner von heute mit Byzanz zu versöhnen. Und zu diesen Gegnern gehöre vor allem Osman, Türke wie er, Taindschar, selbst. Taindschar sah nicht ein, warum man aus den Ertoghrulern nicht ebenfalls Turkopolen machen könne. Es komme nur auf den Preis an. Osman brauche Karadschahissar und . . .
    »Ich werde dir einen andern Mann geben müssen«, sagte er laut.
    »Aber ansehen darf ich ihn doch vorher?« war alles, was Daphne erwiderte.
    »Wozu?« winkte er ab. »Ich gebe dir, wie ich schon sagte, Karadschahissar und dazu einen Mazaris, wenn einer übrigbleiben sollte . . . oder auch . . . Wie denkst du über Osman?«
    »Dann lieber Osman!« erklärte sie, ohne auch nur eine einzige Bemerkung daran zu verschwenden, daß der Erkorene ebenfalls schon verheiratet sei. »Ich meine, Osman . . .«
    »Er müßte sich taufen lassen«, sagte Taindschar kurz, und dabei schloß seine Rechte sich um eine Geierkralle, ein altes Schamanen-Amulett, das er niemals von seiner Brust ließ.
    Am andern Morgen begab es sich, daß eine wütende Biene in den ritterlichen Topfhelm des Kir Manuel Kontophres geriet. Soweit es die Biene anging, handelte es sich dabei um einen sehr begreiflichen Vorgang.
    Der Haufe, bei dem sich Kir Manuel sehr gegen seinen Willen befand, war gerade im Begriff gewesen, aus der Hochebene ins Gebirge einzudringen, als er in dieser entvölkerten Gegend wider Erwarten auf einen Mann gestoßen war, der nicht vor dem kriegerischen Unwesen die Flucht ergriffen hatte. Offenbar war dieser Mann ein Imker, jedenfalls hatte er sich mit Hilfe einer Leiter und eines Sackes bemüht, einen Bienenschwarm einzufangen - ein Umstand, dem von Taindschars Soldaten nicht die nötige Rücksicht

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