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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Verzerrungen hielt.
    »Immerhin«, fiel mir ein, »hat es in den vergangenen sechs Monaten in einem 50-Kilometer-Radius um Stuttgart herum neun Brände in Einrichtungen mit Büchern gegeben. Ein bisschen sieht es schon nach Serie aus. Einige Brände haben kaum Schaden angerichtet, einige mehr. Finden Sie alles in meinem Bericht. Der letzte im Januar in der Ostend-Buchhandlung ist mit einer Chemi kalie ausgeführt worden, die sich entzündet, sobald Was ser darauf tropft.«
    Christoph atmete scharf durch die Zähne ein. Auch Möller sah nicht glücklich aus. Finkbeiner blätterte.
    »Hm«, las er, »Zinkpulver und Natriumperoxid. Durch Wasser wird eine starke exotherme Reaktion zwischen Zink und Natriumperoxid ausgelöst.«
    »Auch in der Buchhandlung Ursprung wurde eine Chemikalie verwendet«, fuhr ich fort. »Ich weiß nicht, ob es dieselbe ist, aber ich möchte es fast schließen aus der Reaktion der Herren Weininger und Möller. Für mich sieht es so aus, als seien die Brände, zumindest ein Teil von ihnen, Vorübungen gewesen auf der Suche nach ei ner geeigneten Methode, eine Einrichtung mit vielen Büchern durch Feuer zu vernichten. Und mir stellt sich die Frage: Warum nicht Benzin und Feuerzeug? Warum kein Sprengsatz mit Zeitzünder? Bauanleitungen sind doch heutzutage leicht zu beschaffen. So eine Chemikalie hingegen …«
    Mir fiel Sallys matratzenvernichtende Mixtur gegen Buchläuse ein. Es gab offenbar Leute, die mit Peroxiden und Konsorten gern Verätzungen und Verpuffungen erzeugten.
    »Ich stelle mir derzeit einen Täter vor, der in seinem Alltag irgendetwas mit Chemie zu tun hat und viel Zeit auf dem Schießstand zubringt, also in einem Schützenverein sein muss. Er ist auf dem Land aufgewachsen, denn er weiß, wie man Geflügel fängt und ihm den Hals umdreht, vor allem macht es ihm nichts aus. Und er ist krank vor unbändigem Hass auf junge Frauen, die Bü cher schreiben. Denn er hat in seiner Jugend ein Meisterwerk geschrieben, das von allen Verlagen abgelehnt wurde, und dabei eine schwere narzisstische Kränkung erlitten, für die er Durs Ursprung verantwortlich oder mitverant wortlich macht. Als Mensch ist er eine völlig unauffälli ge Erscheinung, man übersieht ihn, man merkt sich sein Gesicht nicht, man interessiert sich nicht für ihn. Daraus hat er die Eigenschaft entwickelt, in der Menge unterzugehen. Er ist nett, unkompliziert und hilfsbereit. Er hat mir geholfen, den schwer verletzten Matthias Kern aus dem brennenden Laden zu schleppen und auf den Fußweg zu betten. Kern ist ein bekannter Blogger und unbekannter Buchautor, dem er sich verwandt fühlt, denn er hat selbst einige Zeit ein Weblog unterhalten, das Buchhasserblog. Dort ist er auch Lola Schrader begegnet. Sie hat in einem Blog für Mädchen begründet, warum Bücher nur Unglück anrichten. Dieser Argumentation ist er mit seinen Worten in seinem Netz-Tagebuch gefolgt. Der Text liegt bei. Er weist Schwächen in Orthografie und Zeichensetzung auf. Im schreibenden Gewerbe ist der Gesuchte demzufolge keinesfalls tätig. Auch lässt die Sprache nicht auf einen höheren Bildungsgrad schließen. Er ist ein Grübler mit höchstens Hauptschulabschluss. Als die kleine Krott dann selbst ein Buch herausbringt, ist er er bittert und erregt. Er hat sein Blog dichtgemacht und ei nen Feldzug gegen Lola Schrader, Bücher und Buchhändler begonnen.«
    »Kleine Zwischenfrage«, unterbrach mich Meisner. »Woher sollte er von Lolas Buch gewusst haben? Im vergangenen September, als er Ihrer Theorie zufolge mit dem Brandstiften angefangen hat, war das Buch doch noch gar nicht auf dem Markt. Es ist erst kurz vor Weihnachten herausgekommen.«
    »Er kann es aus der Vorankündigung von Yggdrasil gewusst haben«, antwortete Finkbeiner an meiner Stelle und besser informiert. »Verlage kündigen ihre Bücher mit einem Vorlauf von einem halben bis einem Jahr an.«
    »Ach ja, da mögen Sie recht haben«, lenkte Meisner zufrieden ein. »Sie kennen sich auf dem Gebiet besser aus als ich. Sie haben ja einiges veröffentlicht.«
    Vermutlich Sach- und Fachbücher über Fallanalyse und perverse Persönlichkeiten.
    »Ich denke mir den Verlauf etwa so«, nahm ich meinen Vortrag wieder auf. »Der … nennen wir ihn Buchhasser … hat der Zeitung entnommen, dass Lola bei Ursprung lesen würde, und Feuer gelegt. Die Ladentür oben war ja offen. Dann hat Michel Schrader mich gebeten, seine Tochter künftig auf Lesungen zu begleiten. Der Buchhasser hat meinen Besuch im Haus

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