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Malenka

Malenka

Titel: Malenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Korschunow
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Margot.
    »Ja, Ihnen. Das ist etwas anderes.« Und seine Frau wies ihn zurecht, Mensch sei Mensch.
    Es war ein spätes Abendessen, die Arbeit aber noch nicht fertig, und Selma stürzte, sobald sie ihren Teil runtergeschluckt hatte, wieder zum Abwasch in die Küche. »So nehmen Sie sich doch Zeit!« rief Frau Schaper hinter ihr her, ohne Dringlichkeit freilich, denn auch sie selbst gönnte sich nur ungern längere Pausen. Sie war in einem Pfarrhaus aufgewachsen, wie Margot inzwischen wußte, als Älteste von zahlreichen Geschwistern und bei einer Mutter, die ihr das Dienen beigebracht hatte, diene den Menschen, so dienst du Gott, die Augen der Mutter schienen weiterhin auf ihr zu liegen, fordernd und tadelnd. »Meine Mutter hat gesagt, durch Kartoffelschalen muß man hindurchsehen können«, sagte sie etwa und kontrollierte dabei nicht nur die Abfälle in Margots Schüssel, sondern auch die eigenen. Oder es konnte geschehen, daß sie plötzlich aufsprang, denn langes Sitzen, habe sie von ihrer Mutter gelernt, mache eine Frau träge.
    »Deine Mutter hätte dir ein wenig Gemütlichkeit beibringen sollen, meine Liebe«, bemerkte der Pastor einmal bei so einer Gelegenheit, worauf sie ärgerlich aus dem Zimmer geeilt war, nicht ohne zu rufen: »Margret, die Arbeit wartet!«
    Auch jetzt, während sie den Rest Graupensuppe vom Teller kratzte, war sie bereits beim nächsten Tag und seinen Erfordernissen, den Kartoffeln etwa, die bei Pastor Jäne in Isernhagen abzuholen waren, der einen halben Zentner hergeben wollte. »Elf Kilometer, Margret, und ob der Sack wohl auf den Gepäckträger paßt?«
    Die Fahrt nach Isernhagen dauerte den ganzen Vormittag, eine gute Stunde für den Hinweg, und zurück, mit dem Kartoffelsack, mußte das Rad geschoben werden, denn um das Dorf herum begann der lockere Heideboden. Es war ein leuchtender Tag, über die Birken flössen grüne Frühlingsschleier, und die Vogelbeerbäume blühten schon in dicken weißen Dolden. Die Stille tat fast weh nach der Unruhe im Pfarrhaus, der geräuschvollen und der anderen, die hinter dem Kommen und Gehen, dem Türenschlagen und Stimmengewirr nistete und die Luft zum Zittern brachte. Margot vergaß, daß Frau Schaper wartete. Sie legte sich zwischen das kupferfarbene Heidekraut, das den Weg und die sandigen Felder säumte, und der Weizacker fiel ihr ein, der Ruf des Habichts im Dölitzer Forst, was will ich, fragte sie, was will ich tun mit mir, fragte es den ganzen Tag, auf dem Heimweg, in der Küche, und am nächsten Morgen konnte sie die Gedanken aussprechen, ich will studieren, der alte Traum, vor dem Anna Jarosch zurückgeschreckt war seinerzeit, Hochmut, Malenka, vergiß es. Aber auf das, was für Malenka gegolten hatte, brauchte Margret Möller mit dem Abitur nicht mehr zu hören. »Studienrätin«, sagte sie zu Pastor Schaper beim Staubwischen, »Studienrätin für Deutsch und Englisch«, und keine Rede bei ihm von Hochmut und Vermessenheit, im Gegenteil. »Ein Ziel, Margret«, sagte er, »der Mensch braucht ein Ziel. Ihre lieben Eltern würden sich freuen, und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.«
    Ich will es, dachte Margot, ich schaffe es. Noch hielten die Universitäten geschlossen, niemand wußte, wie lange, ob für immer womöglich, falls an dem Morgenthau-Plan, aus Deutschland einen Kartoffelacker zu machen, etwas Wahres sein sollte. Ein Gerücht, eins unter vielen. Margot ließ es an sich vorbeilaufen, sie hatte ihre eigenen Pläne und begann, das Nötige dafür zu tun.
    Zum Abendessen gab es diesmal Isernhagener Pellkartoffeln mit einer braunen Stippe aus Zwiebeln, Mehl und Wasser, ohne Saft und Kraft, wie soll der Mensch davon leben, sagte Frau Schaper und erwog, da die Zuteilungen unter der Besatzungsmacht ständig knapper zu werden drohten, trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit noch in aller Eile das große Rasenstück des Pfarrgartens umzugraben für Kartoffeln, Mohrrüben und anderes Gemüse.
    »Nur, wer macht das?« Ein fragender Blick zu Margot.
    »Verstehen Sie etwas vom Garten? Unsere Hannoverschen Mädchen haben zum Schluß mehr beim Bauern gearbeitet als in der Schule.«
    »Wir auch.« Es war wie ein Ball, der Margot zugeworfen wurde. »Erntehilfe. Der halbe Unterricht ist ausgefallen. Und wenn ich studieren will, muß ich unbedingt Englisch nachholen. Aber das kostet Zeit.«
    »Ach.« Frau Schaper, die gerade eine Kartoffel pellte, hob den Kopf, und Margot versicherte eilig, daß sie ja weiter mithelfen wolle im Haus, vormittags oder

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