Malerische Morde
mit einem grauenhaft krächzenden Geräusch aufschwang.
Im Dunkel der winzigen, steinernen Treppe, die sich vor ihm in die Tiefe wand, lag der Körper eines Mannes. Herbie taumelte zurück und unterdrückte einen Schrei.
»Was ist das hier, Julius? Oh, verdammt, was geht hier bloß vor sich?«
Fünfzehntes Kapitel
Sie rasten durch die Nacht. Herbie lenkte den Wagen durch den kleinen Ort Mirbach und hatte keinen noch so kurzen Blick für die Erlöserkirche übrig, die, von gelblichem Scheinwerferlicht umschmeichelt, erhaben und monumental auf ihrer Anhöhe thronte.
Er sah die ganze Zeit nur das Gesicht dieses Toten vor sich.
Der Mund des toten, fetten Mannes hatte weit offen gestanden, und dadurch, dass er mit dem Kopf nach unten auf der Kellertreppe lag, war sein Gesicht stark verzerrt gewesen. Seine fetten Wangen hingen schlaff nach unten, sodass seine Augen inmitten der teigigen Massen zu kleinen Schlitzen verengt waren. An der Schläfe klebte dunkles, schon verkrustetes Blut, und voller Ekel hatte Herbie eine Fliege von der Mundhöhle verscheucht, als er sich zwang, auf der schmalen Kellertreppe halb über den massigen Körper zu kriechen und in den Wülsten des Halses nach dem Puls zu tasten.
Es bestand kein Zweifel. Der Mann war tot.
Was ihn getötet hatte, vermochte Herbie nicht zu sagen, aber es sah so aus, als habe er hier an Ort und Stelle sein Ende gefunden. Herbie betrachtete seine zitternden Hände und war dankbar, dass er die Latexhandschuhe trug.
Das Hemd des Toten war aus der Hose gerutscht und enthüllte einen weißen, schwammigen Bauch, in dessen Mitte der Nabel so aussah, als habe jemand seinen Daumen in einen Hefeteig gedrückt.
Ein paar Zettelchen und Papiere waren aus der Innentasche des karierten Jacketts gerutscht und hatten sich verstreut.
Herbie hatte einen Personalausweis gefunden, der den Mann als einen gewissen Hubert Wallraff aus Köln auswies. Das Foto stellte den Toten wesentlich jünger und mit einem kleinen Kinnbart dar. Fett war er offensichtlich schon immer gewesen. Was hatte dieser Hubert Wallraff im Haus des toten Malers zu suchen gehabt?
Wo fährst du denn hin?
»Ganz egal, Julius!« Herbie presste die Hand auf das Paket auf dem Beifahrersitz, damit es nicht verrutschte, als er in die Kurve schoss. »Einfach nur weg. Ich will weg von hier!« Er raste mit quietschenden Reifen in den Kreisverkehr hinein.
Nach Bad Münstereifel geht es aber in die andere Richtung
.
»Wir müssen zur Polizei. Ich fahre jetzt nach Walsdorf und reiße diesen Jörg Luxen von seinem Bierpavillon los. Der muss uns helfen.«
Ach, so dick befreundet seid ihr also schon, dass du dich auf ein solches Risiko einlässt
.
»Was soll das denn heißen?« Herbie warf einen hektischen Blick in den Rückspiegel und sah Julius, der trotz der wild schaukelnden Bewegungen des Autos wie ein Berg aufrecht in der Mitte des Rücksitzes thronte.
Das soll heißen, dass gar nicht viel fehlt, und die Dauner Polizei hat einen neuen Mörder, nachdem sich herausgestellt hat, dass der erste, den sie im Visier hatten, unschuldig ist
.
»Wen?«
Dich
.
»Du meinst, ich gerate in Verdacht?«, fragte Herbie gehetzt. »Ist es das, was du meinst?«
Julius säuberte seine Fingernägel und zog es vor, zu schweigen.
Auch Herbie verfiel in dumpfes Brüten. Wie immer entbehrten Julius’ Worte nicht einer gewissen Logik. Wäre er doch nur in München geblieben! Dann müsste er jetzt nicht heimatlos in der Nacht umherirren und fürchten, verhaftet zu werden. Und außerdem müsste er sich nicht die Wahrheiten eines nicht existenten, aufgeblasenen Wichtigtuers anhören.
Als sie ungebremst nach Hillesheim hineinflogen, sagte Julius:
Mit deiner alles andere als angepassten Fahrweise wird dich ohnehin gleich jemand anhalten, dich pusten lassen, in dein Packpapierpaketchen hineingucken …
Herbie verlangsamte die Fahrt und drehte das Autoradio an, um sich abzulenken. Köbes’ Filmmusik war dazu nicht geeignet. Vor allem nicht »Die Nacht der reitenden Leichen«.
Dann schon lieber RPR.
Es gab den Meldungen zufolge immer noch nichts Neues von dem dreisten Bilderraub in Daun.
Und in dem Moment, in dem er diese Meldung erneut vernahm, kam Herbie schlagartig die Idee, dass diese auf den ersten Blick voneinander ganz unabhängigen Ereignisse vielleicht doch irgendwie zusammenhängen könnten.
Als er nach Walsdorf hineinfuhr, bremste er das Fahrzeug ab. Es war das Beste, sich an die Polizei zu wenden, daran bestand gar kein
Weitere Kostenlose Bücher