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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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    Herbie ließ sich tiefer in seinen Sitz sinken. »Julius, mir ist kalt und ich bin müde.« In diesem Augenblick meldete sich sein Magen mit verhaltenem Donnergrollen. »Und Hunger habe ich auch!«
    Das hört sich an wie die Standardmaulereien eines kleinen Bübchens auf dem Rücksitz. Ich muss mal Pipi … ist es noch weeeeiiit?
    Als Herbie in der Seitentasche der Fahrertür nach dem letzten Schokoriegel seiner Tankstellenration vom Morgen suchte, fiel ihm eine von Köbes’ unvermeidlichen Filmmusik-Kassetten in die Finger. »Love Story«, las er leise. Er schob sie in den Kassettenrekorder und ließ sie laufen.
    Wenige Minuten später schickte Francis Lai seine tief traurigen Klimpereien durch den Innenraum des Autos, und Herbie wurde plötzlich von einer schmerzlichen Sehnsucht nach der in München zurückgelassenen Nina erfasst. Er schloss die Augen, und noch ehe er den Schokoriegel ganz aufgegessen hatte, hatte ihn die Musik völlig eingelullt – er schlief ein.

Sechzehntes Kapitel
    Ein Elsternpärchen drehte laut rätschend seine Runden um das einsame, rote Auto auf dem kleinen Waldparkplatz.
    Als Herbie das rechte Augenlid hob, um herauszufinden, wo er sich eigentlich befand, blendete ihn ein erster Sonnenstrahl, der sich über die Wipfel der umstehenden Bäume wagte.
    Er schmatzte ein paarmal und entdeckte dann Julius, wie er sich neben dem Auto auf dem Parkplatz zu schaffen machte. Angewidert stellte er fest, dass Julius, umtanzt von den großen schwarzweißen Elstern, tatsächlich ein paar Kniebeugen vollführte.
    Beim Versuch, den Kopf zu drehen, schoss ihm ein stechender Schmerz in den Nacken, und er stöhnte laut auf.
    Das Auto war mit Tau bedeckt, die Vögel testeten allenthalben lautstark ihre Kehlen, und wenn er nicht den Hexenschuss aller Hexenschüsse gehabt und nicht einen quälenden Hunger in der Magengegend verspürt hätte, dann hätte er diesem Idyll vermutlich durchaus etwas abgewinnen können.
    So aber brachte er es mit viel Anstrengung gerade einmal zustande, die Autotür zu öffnen und sich, so schmerzfrei es eben ging, hinausgleiten zu lassen.
    Atme tief durch, mein Junge. Wie sagte der Leibarzt Fürst Bismarcks dereinst: Da ist jeder Atemzug einen Taler wert
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    »Bah.« Herbie versuchte, seinen Rücken durchzudrücken, doch die hinter ihm liegende Nacht hatte überall ihre Spuren hinterlassen. Er spürte Schmerzen in Muskeln, von denen er nicht einmal gewusst hatte, dass sie sich an seinem Körper befanden.
    Komm, ein paar Liegestütz haben noch keinem geschadet. Und dann machen wir eine schnelle Runde um den See
.
    »Lass mich in Ruhe.« Herbie tapste kraftlos um das Auto und hustete sich den Hals frei.
    Schau dich um. Du bist allein mit Mutter Natur, die faltenfrei und schön aus dem Schlaf erwacht ist
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    »Irrtum, da ist noch etwas, was das Bild stört. Nämlich du.« An der Hinweistafel stellte sich Herbie breitbeinig in Positur und entleerte erst einmal seine Blase.
    Dann kam er zum Auto zurück und murmelte: »Da muss doch irgendwo noch ein Bissen von diesem Schokoriegel sein.« Er suchte um den Fahrersitz herum, wobei er sich bemühte, den Kopf nicht zu sehr nach rechts oder links zu verdrehen.
    Das meiste davon hast du auf deinem Poloshirt
.
    Tatsächlich hatte sich die locker-leichte Milchschokolade während der Nacht in die Falten seines gelben Shirts geschmiegt.
    Herbie machte ein paar unbeholfene Versuche, mit einem Fliegenschwamm das Malheur zu beseitigen, gab dann aber mutlos auf, als er feststellte, dass er damit alles nur noch schlimmer machte.
    Schließlich stieg er wieder in das Auto und murmelte übellaunig: »Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal nach dieser ollen Gartenliege sehnen könnte.« Dann drehte er den Schlüssel im Zündschloss, aber nichts rührte sich.
    »Oh, nein«, hauchte er.
    Oh, doch. Du hast so süß geschlummert, als die Musik spielte. Die Scheinwerfer haben dir ein wenig die finstere Nacht erhellt. Es war so ein friedvolles Bild. Du bist nur einmal kurz aufgeschreckt, als die Kassettenseite das erste Mal gewechselt wurde. Auf der anderen Seite war »Psycho«. Aber dann war wieder Friede. Ich bin nur froh, dass du diese dumme Angewohnheit mit dem Daumen abgelegt hast
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    »Verdammter Mist!« Herbie schlug verzweifelt auf das Lenkrad und rupfte unmotiviert an dem braunen Packpapier auf dem Beifahrersitz herum. »Das haben wir alles nur Ihnen zu verdanken, Frau Delamot!« Wie zur Antwort wurde die linke Brust der rothaarigen

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