Malerische Morde
möglicherweise als obszön bezeichnen würde.«
Wenn das, was wir vorhin gesehen haben, nicht obszön war, dann war Beate Uhse eine prüde Betschwester
.
»Unterbrich mich bitte nicht. Ihr zur Seite stand … oder lag … häufig die gelbe Anja, der wir uns noch widmen müssen. Nati war nicht besonders hübsch und arbeitete als Putzkraft in der Suchtklinik. Dort lief nun auch immer wieder unser Freund Köbes auf …«
Dein Freund Köbes, wenn ich bitten darf!
»… und das ist die einzige Verbindung von Köbes zu den beiden. Der ist aber ja sowieso so gut wie raus aus der Sache. Weiter: Der Tote hatte eine Exfrau und hinterlässt eine aktuelle Witwe. Ehefrau eins erzählt uns, sie habe schon lange keinen Kontakt mehr zu ihrem Exmann gehabt und sei hier, weil sie von seinem Tod gehört habe. Außerdem beschuldigt sie – völlig unbelegt – Ehefrau Numero zwei des Mordes. Ehefrau Numero zwei ist echte Tiefkühlkost. Zutrauen würde ich ihr alles, aber es gibt keinen einzigen Hinweis auf sie als Täterin.«
Sie hatten den Uferweg erreicht, und Herbie ging langsam auf den kleinen Steg, der zwischen dem Gesträuch des Uferbewuchses ein paar Meter in das Maar hineinreichte. Seine Schritte auf dem Holz hallten hohl und dumpf über den See. Die einsame nächtliche Szenerie, das Gluckern, das dann und wann zu vernehmen war, die fernen Käuzchenrufe, all das hätte jedem halbwegs normalen Menschen das Blut in den Adern gefrieren lassen, aber Herbie war so in seine Überlegungen vertieft, dass ihn das schaurige Szenario völlig kalt ließ.
»Im Haus des toten Malers finden wir Unterschriftenproben. Und wir finden eine Leiche. Haben diese Signaturen irgendwas mit dem Gemälderaub von heute Morgen zu tun? Schwer zu sagen. Auf jeden Fall deuten sie darauf hin, dass Meister Delamot nicht nur die schönen Künste gepflegt hat, sondern auch … na, sagen wir mal … Versuche mit anderer Leute Unterschriften anstellte. Habe ich das gut ausgedrückt?« Er sah sich um. In der Schwärze, die ihn umgab, hätte er Julius fast nicht gesehen.
»Du könntest ruhig ab und zu getrost einen Laut von dir geben, Julius. Also, dann ist da die dritte Leiche. Ein guter Schnitt für die paar Tage. Was mich nicht unbedingt froh macht, zumal ich ja derjenige war, der ihn entdecken musste. Was machte der da im Haus? Sein Ausweis war ausgestellt auf Hubert Wallraff. Wer zum Teufel ist dieser Hu …«
Er hielt das hölzerne Geländer des Stegs umklammert und starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit. Er verharrte in dieser Pose einige Sekunden lang.
Hast du ein Vision?
Herbie drehte sich langsam zu Julius um und grinste ihn an.
Mein Gott, ich dachte schon, du seist in Trance verfallen, und plötzlich würde grün phosphoreszierendes Ektoplasma durch die Gegend wabern, und du hättest ein Ferngespräch mit Nati, Hermann und Hubert
.
»Hubert! Genau! Frau Delamot hat mir sein Foto gezeigt.«
Ein Foto von dem dicken Kellertreppentoten?
»Genau. Das Foto von ihr und ihrem Mann. Der Dritte im Bunde war der Tote. Ich bin mir ganz sicher!«
Er eilte durch die Nacht zurück zum Auto, nicht ohne an der nächtlich verwaisten Straße wieder artig nach dem Verkehr zu schauen, wie man es ihm beigebracht hatte.
Als er wieder auf dem Fahrersitz Platz nahm, holte er den Briefumschlag hervor, den er zwischenzeitlich wieder in dem Paket verstaut hatte, in dem er ihn vorgefunden hatte.« Erneut versuchte er, etwas über den Inhalt zu erfahren, indem er das Fernlicht einschaltete, ausstieg und den Brief davor hielt. Das einzige Resultat dieses Versuchs war, dass er anschließend für etwa eine Viertelstunde fast völlig erblindet war.
Reiß ihn auf und sieh nach, was drinsteht. Sei nicht so zimperlich. Du bist doch der große Aufreißer, hihi!
»Die Ehre, Julius, die Ehre! Kein Begriff aus deinem Wortschatz.« Er ließ sich wieder ins Auto sinken und rieb die schmerzenden Augen. Obwohl er sie geschlossen hielt, hatte er die ganze Zeit inmitten eines grellen Farbenmeers die schwarze Silhouette des Umschlags vor sich. »Frau Delamot wird es uns selber sagen. Ich werde ihr den Brief morgen mitsamt ihrem Gemälde überreichen, und ich werde nicht von ihr weichen, bis sie uns erzählt hat, was drinsteht. Sie wird es uns erzählen müssen, schließlich hat sie uns belogen. Sie hatte diesen Zeilen nach zu urteilen sehr wohl noch Kontakt zu ihrem Exmann. Und schließlich kannte sie den Toten, diesen Wallraff.«
Und schließlich haben wir sie nackt
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