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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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hat ihn an amerikanische Touristen verkauft.« Er suchte weiter und drehte manchmal, bei länglichen, querformatigen Bildern den Kopf zur Schulter. »Sie war seine Exfrau, und unter diesen Schöpfungen, die ihn jeden Tag hautnah umgaben, wird er’s nicht stehen haben.«
    Sein Blick fiel plötzlich auf ein flaches Paket aus braunem Packpapier, das seitlich an den Schreibtisch gelehnt stand. Vorsichtig näherte er sich dem Paket mit der Kerze und suchte nach einer Anschrift oder einem Absender. Ganz offensichtlich enthielt es ein Bild, so viel verriet das Format.
    Herbie fischte eine Schere vom Schreibtisch und zerschnitt die Kordel, die das Paket verschnürt hielt.
    Völlig skrupellos. Bei dir sind alle Dämme gebrochen, was?
    Herbie rupfte an dem Packpapier und traute seinen Augen nicht.
    Fassungslos angesichts des Paketinhalts ließ sich Herbie auf den Boden plumpsen und verschüttete dabei mit einem leisen Aufschrei heißes Kerzenwachs auf seinem nackten rechten Arm. Die Kerze entglitt seiner Hand und verlosch. In weiser Voraussicht hatte er vorhin die Streichhölzer eingesteckt und entzündete erneut seine einzige Lichtquelle.
    Vor ihm erschien das Gesicht der jungen Ingrid Delamot. Schamhaft verzichtete er darauf, den Rest des Papiers zu entfernen. Man konnte genug erkennen, um zu sehen, dass es sich um den gesuchten Akt handelte.
    »Was sagt man dazu?« Herbie grinste Julius an. »Wie auf dem Präsentierteller! Manchmal gehört einfach ein ordentlicher Zufall dazu.«
    Du hältst das für einen Zufall?
    Herbie wendete das Paket in seinen Händen und entdeckte den Zipfel eines Briefumschlags, der hinter die Leinwand geklemmt war. Nur wenige Worte waren darauf geschrieben. Es war eine feine, geschwungene Männerschrift: »Danke für das Telefonat. Ich freue mich, wenn wir uns wiedersehen. Hermann«
    Herbie hielt den Brief gegen die Flamme der Kerze. Nichts schimmerte durch, der Umschlag wahrte sein Geheimnis.
    Herbie zögerte.
    Oh nein, das wirst du nicht tun
.
    »Stimmt«, sagte Herbie schließlich und erhob sich schwerfällig. »Angenommen, dieses Paket ist für Frau Delamot bestimmt … Für Frau Ingrid Delamot.«
    Glaubst du?
    »Glaube ich.« Herbie klemmte sich das zerrupfte Paket unter den Arm. »Nun, in diesem Fall muss uns die Dame einiges erklären.«
    Seine Augen funkelten unternehmungslustig. »Das war ein sehr interessanter Atelierbesuch, Julius! Und nun lass uns schleunigst von hier verschwinden.«
    Die anderen Räume? Vielleicht findest du noch was Essbares für deine Heimstatt? Ein paar Geschirrtücher könntest du auch noch gebrauchen
.
    »Geschenkt! Wir haben, was wir brauchen.« Herbie drehte sich noch einmal um die eigene Achse und schickte den wabernden Kerzenschein durch den Raum.
    »Hier hat ein großer Geist gewirkt«, sagte er, während er hinausging. »So was bleibt im Haus, Julius. Die Wände haben das eingesaugt und werden es noch Jahrhunderte lang ausatmen, glaub mir.«
    Du bist ein Weiser. Glaubst du, von all deiner Weisheit wird in ein paar Jahrhunderten auch noch irgendwo etwas übrig sein, was meinst du?
    Herbie kicherte leise. Er war jetzt allerbester Stimmung. Sein Gehirn versuchte fieberhaft, hinter all dem, was er in diesem verlassenen Haus vorgefunden hatte, ein Schema zu entdecken. Die Signaturen … Anja … Ingrid Delamots Bild … all das waren lose Fäden, die es zu verknüpfen galt.
    »Wir verschwinden wieder auf dem Weg, auf dem wir auch gekommen sind«, entschied Herbie und setzte den ersten Fuß auf die Treppe. Schon ertönte wieder das unheimliche Knarren der Dielen.
    In diesem Moment erstarrte er. Er hob die Kerze in die Höhe, um besser in den Flur des Erdgeschosses blicken zu können. Die Schatten tanzten hin und her.
    Mit einem Mal wurde es sehr kühl um ihn herum.
    Er hatte etwas auf dem Boden liegen sehen, das er nicht richtig erkennen konnte.
    Sein Unterbewusstsein hatte es allerdings längst als das erkannt, als das es sich bei näherem Hinsehen herausstellte.
    Ein Schuh. In der blankpolierten schwarzen Spitze spiegelte sich der Kerzenschein.
    Der Schuh lugte aus der Kellertür hervor, die unter der Treppe eingelassen war.
    Lass uns gehen. Es ist schon spät, und der Heimweg ist noch lang. Ich fürchte mich im Dunkeln
.
    Als Herbie langsam seinen Fuß wieder von der Treppe nahm und sich auf den Schuh zubewegte, spürte er, wie ihm die Panik den Nacken hinaufkroch.
    Der Schuh steckte an einem Fuß. Herbie tippte gegen die hölzerne, niedrige Tür, sodass sie

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