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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Wort.
    »Klar, ihr sagt euch: Pferde, davon haben wir schon genug: Malabar, Amarante, Bel Amour, ohne Malice mitzuzählen. Die Pferde,
     sagt ihr euch, geben keine Milch. Schön. Aber bedenkt doch einmal, wie es um die Pferde von Malevil tatsächlich steht! Malice,
     für den Moment unbrauchbar. Auch Bel Amour, da sie Malice säugt. Bleiben zwei Pferde, die wir reiten oder arbeiten lassen
     können: Malabar und Amarante. Ich sage, zwei Reitpferde für sechs taugliche Männer sind nicht genug. Denn macht euch eine
     Sache klar: Alle werden hier eines Tages reiten lernen müssen. Alle! Und ich will euch sagen, warum: Vor dem Tag des Ereignisses
     war auf dem Lande jeder, der nicht Auto fahren gelernt hatte, Junge oder auch Mädchen, eine traurige Figur. Und jetzt wird
     der die traurige Figur sein, der nicht reiten kann und kein Pferd hat. In Friedenszeiten wie im Krieg. Denn wenn gekämpft
     wird, braucht man ein Pferd, um wie der Blitz über den Gegner herzufallen oder um zu fliehen, wenn man den kürzeren zieht.
     Das Pferd ersetzt jetzt alles: das Motorrad, das Auto, den Traktor, den Panzerwagen. Ohne Pferd bist du gegenwärtig nichts.
     Du gehörst zum Pofel, aus.«
    |247| Ob ich die Menou und Falvine überzeugt habe, weiß ich nicht. Die Männer, ja. Nicht das kriegerische Argument, sondern das
     des Statussymbols hat gewirkt. Der Mann ohne Pferd als traurige Figur! Genau wie vor dem Tag des Ereignisses der Landwirt
     ohne Traktor. Oh, wie verrückt waren sie bei uns nach Traktoren! Ein Traktor mußte her für zehn Hektar Land, ja selbst für
     zwei! Man kaufte einen neuen von 50 PS und machte Schulden, und man behielt den alten von 20 PS obendrein. Wie der Nachbar!
     Darunter durfte man nicht bleiben! Für zehn Hektar Ackerland, der Rest war Wald!
    Für etwas ist Verrücktheit brauchbar, denn ich konnte das Prestige des Traktors auf das Pferd übertragen.
    Wir stimmen ab. Sogar die Frauen sind dafür. Ich stoße einen Seufzer der Erleichterung und der Erschöpfung aus. Ich stehe
     auf, alle anderen desgleichen, und in dem Stimmenlärm, der folgt, trete ich an Meyssonnier und Thomas heran und teile ihnen
     leise mit, daß ich sie beide in meinem Zimmer sprechen möchte. Sie sind einverstanden. Ich verlange wieder Ruhe und erkläre:
     »Ich habe die Absicht, morgen der Messe beizuwohnen und das Abendmahl zu nehmen, sofern Fulbert es zuläßt, denn ich habe nicht
     die Absicht zu beichten.«
    Diese Erklärung verblüfft. Sie sät Wut bei den einen (die aber halten an sich, da sie mich gleich privat aufsuchen werden)
     und Freude bei den anderen. Vor allem bei der Menou. Denn die hatte sich, vor dem Tag des Ereignisses, auf den Tod mit dem
     Pfarrer von Malejac verfeindet, weil er Momo ohne Beichte nicht die Hostie geben wollte. Und nun hofft sie, wenn Fulbert mir
     nachgibt, würde ihr Sohn durch die Bresche schlüpfen können, die ich geschlagen habe.
    »Wer beichten will«, fahre ich fort, »wird gut daran tun, sehr vorsichtig zu sein, wenn man ihm (immer das »man«) indiskrete
     Fragen über Malevil stellt.«
    Schweigen.
    »Was für Fragen?« erkundigt sich plötzlich Jacquet, der sich schwach und beeinflußbar weiß und bereits Angst hat, er könnte
     zuviel sagen.
    »Nun, eben Fragen nach den Waffen, die wir haben, und auch nach unseren Vorräten an Wein, an Getreide und an Schlachtgut.«
    »Und was soll ich sagen, wenn er solche Fragen stellt?«
    |248| »Du sagst: Das weiß ich nicht. Man muß Emmanuel fragen.«
    »Hör mal her«, sagt der große Peyssou, mit einem Lächeln quer über das Vollmondgesicht, und legt Jacquet seinen schweren Arm
     auf die kräftige Schulter. (Die beiden verstehen sich sehr gut, seit der eine den anderen zusammengeschlagen hat.) »Um sicher
     zu sein, daß du dich nicht irrst, antwortest du immer das gleiche. Beispiel. Fulbert fragt dich: Mein Sohn, hast du die Sünde
     des Fleisches begangen? Und du antwortest: Ach, das weiß ich nicht. Man muß Emmanuel fragen.«
    Wir lachen. Wir lachen mit Peyssou, weil er über seinen Scherz so froh ist, und wir lachen über Jacquet und mit ihm. Der Leibeigene
     bekommt ein paar Rippenstöße. Er ist entzückt. Malevil ist doch ein anderes Klima als der Etang.
    Die Unterhaltung mit Thomas und Meyssonnier wenig später in meinem Zimmer ist einigermaßen erregt. Sie werfen mir mit lebhaften
     Worten vor, daß ich, anstatt diesen falschen Priester vor die Tür zu setzen, auf Fulberts Spiel eingehe (und, wie gräßlich,
     sogar das Abendmahl

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