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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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geben, als Gegenleistung verlangen. Als
     ich die Flinten erwähne, wirft er einen Blick auf den Gewehrständer, den Meyssonnier in meinem Zimmer angebracht hat, und
     ist offenbar erstaunt, ihn leer zu finden, sagt aber nichts. Hingegen zuckt er heftig zurück, als ich von den Pferden rede.
    »Zwei!« sagt er auffahrend. »Zwei! Das erscheint mir viel! Du darfst dir nicht einbilden, Emmanuel, daß mich die Pferde nicht
     interessieren. Ich habe Armand sogar gebeten, mir Reitstunden zu geben.«
    Armand kenne ich gut. Er ist im Schloß der Mann, der seine Hände überall hat. Mehr, um Trinkgelder entgegenzunehmen, als um
     zu arbeiten. Außerdem ist er tückisch und brutal. Und ich weiß, wie er reitet. Im Schloß haben sie drei Wallache und zwei
     Stuten, aber die Lormiaux (und Armand, wenn sie nicht da waren) ritten nur die Wallache. Vor den Stuten hatten sie Angst,
     und ich weiß, weshalb.
    »Die zwei, die ich im Auge habe«, sage ich, »sind die Stuten. |265| Die hat noch niemand reiten können. Ich hatte den Lormiaux übrigens abgeraten, sie zu kaufen. Armand hat dir das wohl gesagt.
     Wenn du sie jedoch behalten möchtest, behalte sie, das ist deine Angelegenheit.«
    »Trotzdem«, sagt Fulbert, »zwei Pferde für eine einzige Kuh? Und dazu noch die Gewehre? Ich finde deine Bedingungen etwas
     hart.«
    Mit einer Spur Barschheit im Ton erkläre ich: »Das sind nicht meine Bedingungen, sondern die von Malevil. Sie sind gestern
     abend einstimmig beschlossen worden, und ich kann nichts daran ändern. Wenn sie dir nicht zusagen, lassen wir die Transaktion
     fallen.«
    Dieser falsche Abbruch nach Art der Roßtäuscher macht Eindruck auf ihn und bringt ihn zum Wanken. Ich sehe bereits an seiner
     Miene, daß er nachgeben wird. Mit leeren Händen möchte er nicht nach La Roque zurückkehren. Doch sieht er neuerlich auf die
     Uhr, entschuldigt sich und geht mit raschem Schritt aus meinem Zimmer.
    Allein geblieben, fasse ich den Entschluß, mich für die Messe, wie meine Mutter sagte, »schön zu machen«. (Oh, diese Frisierstunden
     mit meinen Schwestern zwecks Anfertigung schöner Locken!) Ich ziehe Stiefel und Reithose aus und lege, ich zitiere die Menou,
     »meinen Beerdigungsanzug« an. Tatsächlich kamen in jenen Zeiten auf dem Lande fünf Beerdigungen auf eine Hochzeit. Schon vor
     der Bombe lag dieses Land im Sterben.
    Ich bin zufrieden und bin es nicht wirklich. Die Bilanz ist immerhin sehr positiv. Ich habe den Druck und die Manöver Fulberts
     vereitelt, habe nicht gebeichtet und bin dennoch sicher, daß er weder mich noch die übrigen von der Kommunion zurückweisen
     wird. Das bedeutet, ich habe ihn daran gehindert, in Malevil das Abendmahl mit einem Verhör von inquisitorischem Typ zu verknüpfen,
     wie er das wohl in La Roque getan hat. Ich habe eine Macht beschnitten, die in so wenig gewissenhaften Händen fürchterlich
     geworden wäre, ohne daß er mich in La Roque als einen Gottlosen oder Ketzer hinstellen könnte.
    Der Tauschhandel um die Kuh ist eines der wichtigsten Elemente, die ich zu meinen Gunsten buchen kann. Mehr noch der Pferde
     als der Gewehre wegen. Denn die beiden Stuten wird Fulbert mir geben, dessen bin ich sicher. So intelligent er auch |266| ist, er ist ein Mann aus der Stadt, er hat keinen Bauerninstinkt. Er begreift nicht, daß ich mit diesen zwei Stuten, die ich
     von ihm erhalte, und dem einzigen Hengst auch Besitzer des gesamten Gestüts der Gegend bin. Er denkt nicht daran, daß er,
     sobald seine drei Wallache ihres natürlichen Todes gestorben sind, für seine Ausrüstung mit Pferden von mir abhängig ist und
     daß er mir das Monopol für Pferdezucht in einer Zeit überläßt, in der das Pferd eine äußerst wichtige Arbeitskraft und auch
     militärische Macht darstellt. Er ist also schwächer geworden, Malevil bedeutend stärker. Im Hinblick darauf habe ich wohl
     nichts mehr zu befürchten. Es sei denn Verrat. Da wir den Mann kennen, schließe ich derlei nicht a priori aus. Ich erinnere
     mich, wie in seinen Augen der Haß aufblitzte, als ich auf seine Hochstapelei und auf seine Nacht mit Miette anspielte. Aber
     ich war gezwungen, meine Trümpfe auszuspielen und seiner Erpressung mit einer Gegenerpressung zu begegnen. Ich kenne diese
     Sorte Mensch: Er wird mir das nicht verzeihen.
    Als ich meine Krawatte fertig binde, kommt Thomas wie ein Windstoß durch die Tür. Sein Gesicht zeigt nicht mehr die geringste
     Spur seiner gewohnten Ruhe. Es ist gerötet und zuckt. Ohne ein

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