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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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erschreckend. In diesem kurzen Blick habe ich Gewalttätigkeit und kaum verhohlenen Haß gespürt. Gespürt habe ich
     auch, daß er nicht feige ist. Und daß ihn eine offenere Herausforderung bereit zum Gegenschlag fände.
    »Es ist dir nicht unbekannt«, fährt er völlig ruhig fort, »daß in der Urkirche die Bischöfe von der Versammlung der Gläubigen
     gewählt worden sind. Wenn ich mich auf diesen Präzedenzfall berufe, werde ich also meinen Kandidaten mit gutem Recht den Gläubigen
     von La Roque zur Wahl stellen können.«
    »Den Gläubigen von Malevil«, sage ich trocken. »Von Malevil, weil er ja in Malevil sein Amt versehen müßte.«
    Er zieht meine Unterbrechung nicht in Betracht. Lieber kehrt er auf festeren Grund zurück,
    »Ich stelle fest«, fährt er mit ernster Miene fort, »daß du nicht zur Beichte gekommen bist. Solltest du aus Prinzip gegen
     die Beichte sein?«
    Wieder die Falle der Häresie!
    »Aber keineswegs«, sage ich mit Nachdruck. »Es ist vielmehr so, daß mir persönlich die Beichte nicht hilft.«
    »Sie hilft dir nicht?« ruft er mit einer bewundernswürdig gespielten Miene der Entrüstung aus.
    »Nein.
    |263| Da ich weiterhin schweige, fährt er in sanfterem Ton fort: »Erkläre dich, ich bitte dich darum.«
    »Nun ja, auch wenn ich von meinen Verfehlungen losgesprochen bin, werfe ich sie mir immer noch vor.«
    Das stimmt übrigens. Es ist wahr, ich habe diese unselige Art von Gewissen, die dem Reinwaschen widersteht. Ich erinnere mich
     noch genau des Vorfalls vor fünfzehn Jahren, der mich mit Fingern greifen ließ, wie nutzlos die Beichte für mich persönlich
     ist. Die Reue über eine Tat, die sehr grausam, wiewohl kindlich war, besteht, kaum abgeschwächt, noch zwanzig Jahre danach.
    Während ich auf diese Weise meinen Gedanken nachhänge, höre ich Fulbert die Sprüche seines Berufs hersagen. Er sagt sie, scheint
     mir, mit viel Feuer her. Wenn ein Laie sich anschickt, den Priester zu spielen, ist er mehr Priester als alle Priester der
     Welt.
    Fulbert hat wohl bemerkt, daß ich nur halb zuhöre, denn er unterbricht sich abrupt.
    »Kurzum«, sagt er, »du willst nicht beichten.«
    »Nein.«
    »In diesem Falle weiß ich nicht, ob ich dich, wie du es wünschst, zum heiligen Abendmahl zulassen darf.«
    »Warum nicht?«
    »Dir ist doch bekannt«, sagt er mit einem leichten Peitschenhieb in seiner sanften Stimme, »daß man im Stande der Gnade sein
     muß, um das heilige Abendmahl zu empfangen.«
    »Ach weißt du«, sage ich, »mir scheint, du übertreibst da ein bißchen. Vor dem Tag des Ereignisses haben in Frankreich viele
     Priester das Abendmahl nicht mehr von der Beichte abhängig gemacht.«
    »Und sie hatten unrecht!« sagt Fulbert in schneidendem Ton.
    Seine Lippen werden schmal, seine Augen funkeln. Ich bin erschüttert. Dieser Betrüger ist auch Fanatiker. Ein faschistisch
     gefärbter Verfechter der reinen Lehre.
    Er mißdeutet mein Schweigen und geht zum Angriff vor.
    »Verlange nicht das Unmögliche von mir, Emmanuel. Wie dürfte ich dir das heilige Abendmahl geben, wenn du nicht im Stande
     der Gnade bist?«
    »Nun, wenn es so ist«, sage ich und blicke ihm in die Augen, |264| »werden wir zu Gott beten, daß er uns darin aufnehme. Mich nach all diesen Jahren, die ich fern der Sakramente gelebt habe,
     und dich nach dieser Nacht, die du in Malevil verbracht hast.«
    Das ist der schwerste Hieb, zu dem ich ausholen kann, ohne einen offenen Bruch herbeizuführen. Aber Fulbert muß ein kolossales
     Stehvermögen haben, denn er wankt nicht, er sagt nichts. Es sieht sogar aus, als hätte er nicht verstanden. Daß er schweigt,
     klagt ihn in einem Sinn auch an, denn er müßte, wollte er unschuldig erscheinen, Erklärungen von mir fordern, was ich mit
     seiner »Nacht in Malevil« gemeint habe.
    »Wir werden beten, Emmanuel«, sagt er nach einer Weile mit tiefer Stimme. »Zu beten haben wir immer nötig. Und ich werde insbesondere
     darum beten, daß du dich dazu verstehst, in Malevil den Geistlichen aufzunehmen, den ich dir schicken will.«
    »Das hängt überhaupt nicht von mir ab«, sage ich flink, »sondern von uns allen. Die Entscheidungen werden mit Stimmenmehrheit
     gefällt, und wenn ich in die Minderheit gerate, beuge ich mich.«
    »Ich weiß, ich weiß«, sagt er und erhebt sich. Dann sieht er auf seine Uhr und fügt hinzu: »Es ist an der Zeit, daß ich an
     meine Messe denke.«
    Auch ich stehe auf und teile ihm mit, was wir für eine Kuh, die wir nach La Roque

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