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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Ich,
     die ich mir Tag für Tag das Paradies damit verdiene, daß ich dieses dicke Stück ertrage.« Sie sieht mich an, und wie von einem
     plötzlichen Skrupel gepackt, fährt sie fort: »Ja, gemein kann ich sein, aber nicht zur Falvine. Mit dem Momo, siehst du, bin
     ich gemein. Wo ich ihm die ganze Zeit zusetze, ihn anbrülle, |284| ihm das Leben schwer mache. Und ihm sogar Ohrfeigen gebe, in seinem Alter, dem armen Kleinen! Daß es mir nachher doch schwer
     auf dem Gewissen liegt, wie ich Fulbert gesagt habe. Aber das entschuldigt nicht«, fügt sie mit herber Miene hinzu.
    Ich beginne zu lachen.
    »Warum lachst du?« fragt sie, schon fast gekränkt. Aber in diesem Augenblick betritt der große Peyssou mit Colin den Saal,
     und ihr Eintreffen enthebt mich der Antwort. Schade. Bei Gelegenheit werde ich es der Menou trotzdem sagen, daß ihre Beichte
     den eigentlichen Schmutzfleck nicht berührt hat.
    An diesem Abend findet nach der gemeinsamen, durch die Abreise unseres Gastes sehr entlasteten Mahlzeit eine Vollversammlung
     um den Kamin statt.
    Im ersten Teil beschließen wir, den Vikar, den Fulbert uns zugedacht hat, auf keinen Fall anzunehmen. Im zweiten werde ich,
     auf Vorschlag von Peyssou und Colin, einmütig zum Geistlichen von Malevil gewählt.

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    |285| Anmerkung von Thomas
    Eben habe ich dieses Kapitel und, um mein Gewissen zu beruhigen, auch das nachfolgende Kapitel gelesen: Emmanuel wird über
     die Vollversammlung, die ihn auf Vorschlag von Peyssou und Colin einstimmig zum Geistlichen von Malevil gewählt hat, weiter
     nichts mehr sagen.
    Ich vermute, daß der Leser ein wenig verwundert ist. Auch ich bin es. Und dazu ist Grund genug, wenn man über das Ergebnis
     einer dreistündigen Versammlung nur wenige Zeilen zu lesen bekommt.
    Man darf sich auch fragen, wie Peyssou und Colin auf den Gedanken kommen konnten, einen solchen Vorschlag laut werden zu lassen
     – und wieso Meyssonnier und ich selbst dafür gestimmt haben.
    Ich will diese beiden Fragen beantworten.
    1. Zunächst die Aussage von Colin, den ich am Tag nach der Abstimmung im Materiallager interviewt habe, während Emmanuel im
     äußeren Hof war und Malabar zuritt. Was Colin zu sagen hatte, gebe ich Wort für Wort wieder:
    »Natürlich, Emmanuel selbst hat uns, Peyssou und mich, gebeten, ihn als Geistlichen von Malevil vorzuschlagen. Du kannst dir
     denken, daß wir nicht von allein auf diese Idee gekommen sind! Nach dem Bad für Momo hat er uns in sein Zimmer gebeten. Und
     die Argumente kennst du ja. Wir haben sie gestern abend oft genug wiedergekäut. Zum ersten: Man darf sich nicht den Spion
     aufzwingen lassen, den Fulbert uns aufhalsen möchte. Zum zweiten: Man darf diejenigen nicht frustrieren, die die Messe haben
     möchten. Sonst ginge sonntags halb Malevil nach La Roque, und die andere Hälfte bliebe in der Burg. Es gäbe keine Einigkeit
     mehr, und das würde eine sehr ungesunde Situation schaffen.«
    »Aber letzten Endes weißt du doch«, sage ich, »daß Emmanuel nicht gläubig ist.«
    »Ja nun«, sagt Colin, »da bin ich nicht so sicher wie du! Ich |286| würde sogar sagen, Emmanuel hat schon immer einen ziemlichen Hang zur Religion gehabt. Nur, er wäre gern sein eigener Pfarrer
     gewesen.« Er sieht mich mit dem ihm eigenen Lächeln an und fügt hinzu: »Jetzt ist es soweit: er hat es geschafft!«
    Ich glaube, in Colins Aussage muß man die
Tatsache
– Emmanuel arrangierte sich heimlich mit Colin und Peyssou, um von ihnen als Geistlicher vorgeschlagen zu werden – von dem
Kommentar
unterscheiden – Emmanuel habe schon immer einen ziemlichen Hang zur Religion gehabt.
    Die von Peyssou bekräftigte Tatsache ist nicht zu leugnen. Über den Kommentar kann man streiten, meine ich.
    2. Als es zur Wahl kam, gab es nicht eine Abstimmung, sondern zwei. Bei der ersten Abstimmung waren Peyssou, Colin, Jacquet,
     die Menou, die Falvine und Miette dafür. Enthaltungen: Meyssonnier und ich.
    Emmanuel nahm unsere Enthaltungen sehr übel auf. Wir wüßten uns nicht klarzumachen, was wir tun! Wir schwächten seine Position!
     Fulbert würde den Leuten von La Roque unsere beiden Enthaltungen als einen Mißtrauensantrag hinstellen! Kurzum, wir untergrüben
     die Einheit Malevils! Was ihn betrifft, wäre er, wenn wir dabei blieben, nicht bereit, Geistlicher von Malevil zu werden;
     er würde der Kreatur Fulberts das Feld räumen und sich um nichts mehr kümmern.
    Kurzum, sagen wir, daß Emmanuel einen gewissen Druck auf uns

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