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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Schwierigkeiten mit Armand zu bestehen. Die zwei Stuten, deren Eigentümlichkeiten
     ich später darlegen werde, haben seit dem Tag des Ereignisses wohl nicht viel Korn gefressen. Denn sie sind wie Windhunde
     abgemagert und außerdem auch schmutzig; und da ich so verdreckte Tiere nicht reiten will, verbringe |321| ich einige Zeit damit, sie unter dem fahlen Blick Armands zu striegeln und zu bürsten. Er weicht keinen Daumen breit von mir,
     hilft aber nicht. Er greift erst ein, als ich zur Schirrkammer gehe und zwei Sättel auswähle, die ich beiderseits über die
     halbhohe Zwischenwand für die Pferde zurechtlege.
    »Und was hast du mit diesen Sätteln vor?« fragt er mich barsch.
    »Die Stuten zu satteln, selbstverständlich.«
    »Kommt nicht in Frage«, sagt er. »Das lasse ich nicht zu! Ich habe Anweisung, dir die Stuten zu geben, aber nicht die Sättel.
     Oder du schaffst sie nach deiner Vorführung wieder hierher.«
    »Und wie soll ich die Pferde nach Malevil bringen? Ungesattelt? Solche Pferde?«
    »Das ist mir ganz egal. Du hättest nur deine eigene Ausrüstung mitzubringen brauchen.«
    »In Malevil habe ich Sättel für die Pferde, die mir geblieben sind, für diese habe ich keine.«
    »Dein Pech.«
    »Aber hör mal, Armand, ich nehme La Roque nichts weg. Es bleiben euch drei Sättel für eure drei Wallache.«
    »Und wenn sie abgenutzt sind? Und nicht zu ersetzen? Zumal du nicht die schäbigsten genommen hast. Sättel aus dem Haus Hermès,
     ich war dabei, als Vater Lormiaux sie in Paris gekauft hat! Zweihunderttausend Piepen jeder. Oh, du hast dir die richtigen
     ausgesucht! Hast den Blick dafür. Aber ich auch!«
    Ich erwidere nichts. Ich fange wieder an, eine der Stuten zu striegeln. Armand sieht nicht so aus, als nähme er sich die Interessen
     seines Chefs zu Herzen, sei dieser nun Lormiaux oder Fulbert. Wie erklärt sich dieser Widerstreit? Eine kleine Rache für Colins
     Materiallager?
    »Ich sehe nicht ein, warum du so dienstbeflissen bist«, sage ich nach einer Weile. »Fulbert, der pfeift auf Sättel.«
    »Da gebe ich dir recht«, sagt Armand. »Auf alles, was nicht Fraß ist, versteht er sich nicht, der Fulbert. Anderseits, wenn
     ich ihm sage: Vorsicht, die Sättel nicht hergeben, die sind jeder zweihunderttausend Piepen wert, dann kannst du sicher sein,
     du wirst sie nicht kriegen. Jedenfalls nicht umsonst.«
    Dieser Rede entnehme ich zweierlei. Einmal den leisen Hinweis auf die Möglichkeit einer Erpressung. Und dann Armands |322| völligen Mangel an Respekt vor seinem Pfarrer. Was eine geheime Teilung der Macht zwischen den beiden Gaunern vermuten läßt,
     nach der sich Gazel und Fabrelâtre, wenn auch mit Abstand, richten, ohne selbst etwas zu sagen zu haben.
    »Hör mal, Armand«, sage ich, während ich, die Bürste in der einen Hand, den Striegel in der andern, aufstehe. »Das wirst du
     nicht zu Fulbert sagen!«
    »Ich könnte es über mich bringen.«
    »Du hast kein Interesse daran.«
    »Ich habe auch kein Interesse daran, es nicht zu tun.«
    Nun sind wir soweit. Um ihm zu zeigen, daß ich verstanden habe und zu einem Opfer bereit bin, lächle ich ihn ein wenig an.
     Aber es erfolgt nichts. Ich beginne wieder, die Stute zu bürsten. Die Langwierigkeit der Verhandlung ist ihrem weißen Fell
     prächtig zugute gekommen. Es könnte mit Gazels Kittel wetteifern.
    Armand stützt sich mit beiden Ellbogen auf die Zwischenwand und sieht mir zu, während seine weißen Wimpern über den fahlen
     Augen blinzeln.
    »Du hast einen hübschen goldenen Siegelring«, sagt er schließlich.
    »Möchtest du ihn probieren?«
    Ich ziehe ihn vom Ringfinger und gebe ihn in seine Hand. Seine dicken Lippen vorschiebend, legt er ihn mit genießerischer
     Miene an, und nach unsicheren Versuchen gelingt es ihm auch, ihn über seinen kleinen Finger zu schieben. Während er vertieft
     ist in den Anblick seiner Hand, lege ich Bürste und Striegel weg und beginne die Stuten zu satteln. Es wird kein Wort gewechselt.
    Diese beiden Stuten hatte ich einem Kaskadeur abgekauft, der seine Sturzsprünge hatte aufgeben müssen. Sie hießen Morgane
     und Mélusine: Namen, die ich bedaure, die aber, wie ich zugebe, auf einem Plakat Effekt machen mußten. Alle beide von makellosem
     Weiß, mit langem Schwanz und dichter Mähne.
    Herr Lormiaux sah sie bei mir, überdies noch drei englischarabische Wallache, und wollte sie haben. Ich hielt ihm vergeblich
     entgegen, daß es Tiere vom Zirkus oder vom Film seien, also für jemand,

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