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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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dir vergehen) und schweigst,
     wenn ich meine Blitze schleudere.
    Man muß schleunigst vorbeugen. Caties unmittelbar drohenden Gegenangriff ersticke ich im Keim. »Catie, hast du fertig gegessen?«
    »Ja.«
    »Und du, Falvine?«
    »Ja doch, du siehst ja, Emmanuel, ich bin fertig.«
    Ein einziges Wort, wie bei Catie, genügt ihr nicht: Sie benötigt neun.
    »Dann geht ihr alle beide die Ställe ausmisten. Jacquet wird heute morgen anderes zu tun haben.«
    Catie gehorcht unverzüglich. Sie steht auf. Sie hält ihr Versprechen von gestern: ein echter kleiner Soldat.
    »Und der Abwasch?« fragt die Falvine mit zur Schau gestellter Gewissenhaftigkeit.
    »Den wird die Menou mit Miette besorgen.«
    »Und mit mir«, sagt Evelyne.
    »Es ist nämlich ein großer Abwasch«, sagt die Falvine und täuscht Unschlüssigkeit vor.
    »Geh doch!« sagt die Menou gereizt. »Ich werde mir schon ohne dich zu helfen wissen!«
    »Nun komm, Oma«, sagt Catie, gleichfalls gereizt.
    Und Catie flitzt schlank und rasch wie ein Pfeil hinaus und zieht diese dicke Unschlittkugel hinter sich her, die auf ihren
     gewaltigen Beinen schlingernd davonrollt.
    Um den Preis eines mühevollen Abwaschs bleibt die Menou als Siegerin auf dem Schlachtfeld zurück. Aber diesen Preis nimmt
     sie mit Leichtigkeit in Kauf. Und das drückt sie unzweideutig in einem abschließenden Geschimpfe aus, dessen Dauer und Lautstärke
     sie so dosiert, daß es zur Wirkung kommt, ohne |449| ihr ihre Überlegenheit durch eine Bemerkung von mir zu schmälern. Dies alles klingt nach und nach ins Unhörbare ab, geht in
     Schweigen über, und ich kann endlich nachdenken.
    Der Kampf ist nicht mehr so ungleich. Vilmain hat drei Altgediente verloren, und zwei von seinen Neuen sind abtrünnig geworden.
     Seine vorgestern noch siebzehn Mann starke Bande zählt nur noch zwölf. Mit Hervé und Maurice verfüge ich jetzt auf meiner
     Seite über zehn Mitstreiter. Und meine Bewaffnung hat sich in der gleichen Zeit um drei Gewehre verstärkt.
    Wenn ich Hervé glauben darf, ist Vilmains Autorität erschüttert. Auch die Moral der Bande ist nach ihren drei Toten gesunken.
     Mit dem Überlaufen von Hervé und Maurice, die man gleichfalls als Verluste auslegen wird, muß sie noch mehr sinken.
    Drei Probleme stehen vor mir:
    1. Einen Kampfplan zu finden, der mir gestattet, die vom Gelände gebotenen Vorteile voll auszunutzen.
    2. Eine Kriegslist auszudenken, um die Demoralisierung des Gegners womöglich zu beschleunigen.
    3. Um jeden Preis zu verhindern, daß der Gegner im Falle eines Rückzugs La Roque wieder erreicht und einen Krieg aus dem Hinterhalt
     gegen uns führt. Dieser letzte Punkt erscheint mir besonders wichtig.
    Seit ich Falvine und Catie in die Ställe geschickt habe, ist in dieser Torbauküche ein dauerndes Kommen und Gehen. Thomas
     ist aufgebrochen, um an der Straße nach La Roque Posten zu beziehen, und Jacquet ist zum Essen hereingekommen. Meyssonnier
     hat Peyssou und Colin zurückgeholt und sich dann wieder mit Hervé aufgemacht, um Bébelle zu begraben.
    Mit dem Verhör von Maurice habe ich gewartet, bis Hervé weg war. Ich wollte es nicht in dessen Gegenwart vornehmen, denn es
     ging mir darum, mir Gewißheit zu verschaffen, ob sein Bericht mit dem seines Kameraden übereinstimmte.
    Maurice ist Eurasier. Obgleich er, nach meiner Schätzung, nur zwei oder drei Zentimeter mehr als Colin mißt, erscheint er
     viel größer, so schlank ist er mit seinen schmalen Hüften und seinen auf Faustgröße reduzierten Hinterbacken. Seine Schultern
     hingegen sind relativ breit (wenn auch der Knochenbau leicht ist), was ihm die elegante Silhouette eines ägyptischen Basreliefs
     verleiht. Der Hautton ist bernsteinfarben. Sein tiefschwarzes |450| Haar hängt in einzelnen Fransen herab und umrahmt ein feines, ernsthaftes Gesicht à la Jeanne d’Arc, das dann und wann von
     einem unerschütterlich höflichen Lächeln belebt wird. Höflich ist er übrigens bis in die Fingerspitzen. Man hat den Eindruck,
     selbst wenn er sich zwänge, würde es ihm nicht gelingen, grob zu sein.
    Er erklärt mir, er sei der Sohn eines mit einer indochinesischen Frau verheirateten Franzosen aus Sainte-Livrade im Departement
     Lot-et-Garonne. Sein Vater leitete einen kleinen Betrieb bei Fumel, und Hervé habe zu Ostern ein paar Tage bei ihm verbringen
     wollen, als die Bombe explodierte. Von da ab bekräftigt sein Bericht, wie immer ich mich auch bemühe, ihn bei einem Fehler
     zu ertappen, in allen Punkten

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