Malevil
den von Hervé. Der einzige Unterschied besteht darin, daß Maurice sich die Erdrosselung seines
Kameraden René offenbar deutlicher vergegenwärtigt und daß er einen heftigeren Widerwillen gegenüber Vilmain hegt. Er drückt
diesen Widerwillen nicht mit Worten aus. Doch wenn er den Mord erwähnt, sind seine kohlschwarzen Augäpfel mit einemmal hart
und seine schrägen Lidspalten halb geschlossen. Gleich Hervé macht er einen guten Eindruck auf mich. Einen besseren sogar.
Hervé fällt das Reden leicht, er fängt rasch Feuer, hat schauspielerische Gaben. Maurice ist, ohne so glänzend zu sein, ein
Mensch von besser gehärtetem Stahl.
Ich wende mich an Peyssou.
»Peyssou, wenn du fertig gegessen hast, habe ich eine Arbeit für dich.«
»Ich höre.«
»Im Materiallager haben wir zwei Ringe. Ich möchte gern, daß du mit Maurice in den Keller gehst und sie dort einmauerst. Ich
will den Stier, die Kühe und Bel Amour während des Kampfes dort anbinden. Außerdem möchte ich, daß du mir eine behelfsmäßige
Box für Adelaide baust.«
»Bel Amour allein?« fragt Peyssou. »Und die übrigen Pferde?«
»Die bleiben in der Maternité, wir könnten sie nötig haben. Wenn du fertig bist, wirst du es mir sagen, und wir alle machen
dann einen Arbeitseinsatz, um Heu von der Maternité in den Keller zu bringen.«
Peyssou, mit dem Gesicht so tief in seinem Napf, daß er mit |451| den Augen kaum über den Rand hervorschaut, blickt mich ängstlich an.
»Glaubst du, es kommt so weit, daß wir den äußeren Burghof verlieren?«
»Ich glaube nichts dergleichen, ich treffe nur meine Vorkehrungen.«
Ich stehe auf.
»Menou, laß dein Geschirr einen Augenblick stehen und komm mit.«
Sie läßt sich gerade die Zeit, Miette das Tuch aus der Hand zu nehmen und sich die kleinen knotigen Arme abzuwischen, und
schon folgt sie mir. Ich schleppe sie in meinem Kielwasser (sie macht zwei Schritte, während ich einen mache) und führe sie
in die Kammer mit der Maschinerie oberhalb der Zugbrücke.
»Glaubst du, Menou, daß du das im Notfall ganz allein handhaben kannst? Oder möchtest du dir lieber von der Falvine helfen
lassen?«
»Ich brauche das dicke Stück nicht«, sagt die Menou.
Ich weise sie ein. Und nach ein paar Versuchen, bei denen sie ihren kleinen, mageren Körper aufstützt und die Zähne zusammenbeißt,
gelingt es ihr, die Griffe der Seilwinde tadellos zu handhaben. Seit dem Tage, an dem wir mit Monsieur Paulat kurz vor Ostern
die Gemeindewahlen besprochen haben, ist es das erstemal, daß ich die Aufzugsvorrichtung in Gang setze. Das gedämpfte Knirschen
der dicken, gutgeölten Ketten führt mich mit besonderer Eindringlichkeit in die Vergangenheit zurück. Schön. Es ist nicht
die Zeit für Erinnerungen und schwermütige Gedanken.
Ich rate der Menou, stärker zu bremsen, wenn sie die Zugbrücke nach dem Aufziehen wieder herabläßt. Die Plattform muß sich
sacht auf die steinerne Umrandung des Wassergrabens legen. Durch das viereckige Fensterchen des Maschinenraums kann ich Peyssou
und Colin sehen. Sie sind am Torbau vor der Tür aufgetaucht und blicken in unsere Richtung. Auch bei ihnen muß das Knirschen
der Ketten Erinnerungen wecken.
»Das ist nun dein Gefechtsposten, Menou. Sobald es hitziger wird, stellst du dich hier auf und wartest ab. Falls es schiefgeht
und wir uns in den inneren Burghof zurückziehen müssen, holst du die Zugbrücke ein. Möchtest du es nochmals versuchen? Wirst
du dich erinnern?«
|452| »Ich bin keine Idiotin«, sagt Menou.
Und auf einmal füllen sich ihre Augen mit Tränen. Ich bin ergriffen, denn sie weint nicht so schnell.
»Laß gut sein, Menou.«
»Laß mich in Frieden«, zischt sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Sie sieht mich nicht an, sie blickt vor sich hin. In aufrechter Haltung, mit erhobenem Kopf, unbeweglich. Die Tränen rollen
über ihr gebräuntes Gesicht (nur die Stirn ist weiß, denn im Sommer schützt sie ihren Kopf mit einem großen Strohhut). Und
sie steht unverwandt da und hält die Hände fest um die beiden Griffe der Seilwinde geschlossen, als hätte sie ein Schiff durch
eine Sturmbö zu steuern. Diese Winde hat Momo am Tage des Besuches von Paulat bedient. Er hat gestrahlt und ist vor Freude
herumgesprungen. Ich sehe ihn wieder, und sie sieht ihn wieder. Und sie weint mit zusammengebissenen Zähnen, wie sie, ohne
die Hände zu lockern, vor der Maschine steht. Sie wird nicht weich. Sie gibt sich ihrem Kummer
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