Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
Vom Netzwerk:
Asphalt.
    »Ich mag ihn nicht …«, sagt er mit erstickter Stimme.
    Maurice tritt heran.
    »Ich kann ja hingehen«, sagt er mit dem Blick auf mich, und |488| seine schwarzen Augen blitzen in ihren Lidspalten. Er hat nichts vergessen. Weder seinen Kameraden René noch Courcejac.
    »Ich gehe schon«, sagt Hervé mit dem Ausdruck des Erwachens.
    Er läßt den Riemen seines Gewehrs von der Schulter gleiten und entfernt sich in einer Gangart, die sich allmählich wieder
     festigt. Ich weiß wohl, was geschehen ist: Feyrac hat ihn um Trinken gebeten. Von diesem Augenblick an hat sich der dem Menschentier
     eigentümliche Reflex eingestellt. Feyrac war tabu geworden.
    Ich wende mich wieder an die Gefangenen.
    »Fangen wir noch mal an. Armand ist tot. Josepha hinausgeworfen, Gazel gegangen. Und wer ist nun im Schloß geblieben?«
    »Na, der Fulbert«, sagt Burg.
    »Und Fulbert hat mit Vilmain an einem Tisch gegessen?«
    »Ja, schon.«
    »Trotz des Mordes an Lanouaille? Trotz der Übertretungen? Du, Jeannet, hast doch bei Tisch bedient …«
    »Der Fulbert«, sagt Jeannet, »der saß zwischen Vilmain und Bébelle, und alles, was ich sagen kann, ist, daß er beim Trinken,
     Essen und Scherzemachen nicht der letzte war.«
    »Er machte Scherze?«
    »Vor allem mit Vilmain. Sie machten Kumpanei, die beiden.«
    Das eröffnet mir nun eine völlig neue Sicht auf die Lage. Nicht allein mir. Ich sehe Colin die Ohren spitzen und Meyssonniers
     Gesicht hart werden.
    »Hör zu, Jeannet, ich will dir eine wichtige Frage stellen. Versuche, genau und wahrheitsgemäß zu antworten. Und vor allem
     sage nicht mehr, als gewesen ist.«
    »Ich höre.«
    »War es, deiner Ansicht nach, Fulbert, der Vilmain überredet hat, Malevil anzugreifen?«
    »Oh, das ja!« sagt Jeannet ohne Zögern. »Ich hab das ja selbst erlebt!«
    »Zum Beispiel?«
    »Daß er ihm immer wieder gesagt hat, Malevil wäre eine Festung und zum Krepieren reich.«
    |489| »Zum Krepieren« ist gut gesagt. Und für Fulbert ein doppelter Vorteil: In La Roque würde er sich die Schirmherrschaft Vilmains
     vom Halse schaffen und uns in Malevil ausrotten. Leider bleibt sein aktives Zusammenwirken mit dem Menschenschlächter Vilmain
     schwer zu beweisen, denn kein Einwohner von La Roque ist bei den Mahlzeiten zugegen gewesen, wenn sie »Kumpanei machten«.
    Ein Schuß kracht, die Detonation erscheint mir sehr laut und erleichtert mich sonderbarerweise. Die gleiche Erleichterung
     sehe ich bei Meyssonnier, bei Colin, bei Maurice und selbst bei den Gefangenen. Kann es sein, daß sie sich sicherer fühlen,
     nachdem jetzt auch der letzte Feyrac tot ist?
    Hervé kehrt zurück. Er trägt einen Gürtel in der Hand, an dem eine Pistole hängt.
    »Es ist die von Vilmain«, sagt Burg. »Feyrac hat sie ihm abgenommen, bevor er das Signal zum Rückzug gegeben hat.«
    Ich greife nach der Waffe des alten Haudegens. Ich habe keine Lust, sie zu tragen. Auch Meyssonnier nicht, den ich mit dem
     Blick befrage. Doch weiß ich jemand, den diese Pistole hoch erfreuen wird.
    »Sie steht dir zu, Colin. Denn du hast Feyrac getötet.«
    Mannhaft, mit Hitze in den Wangen, schnallt Colin sich den Pistolengurt um die schmale Taille. Ich merke, daß Maurice lächelt
     und daß seine kohlschwarzen Augen vor Verschlagenheit glitzern. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, daß er es war, der
     Vilmain getötet hat. Als ich es dann erfahre, werde ich ihm für sein Schweigen und seine Freundlichkeit Dank wissen.
    »Die Gefangenen«, sage ich kurz angebunden, »sollen die Toten durchsuchen und die Munition einsammeln. Ich kehre nach Malevil
     zurück. Ich werde den Wagen holen: Colin kommt mit mir. Und Meyssonnier bleibt hier, um die Durchsuchung zu überwachen.«
    Ohne auf Colin zu warten, klettere ich die Böschung hoch, und sobald ich, vom Unterholz verschluckt, außer Sicht bin, beginne
     ich zu laufen. Ich gelange an die Lichtung. Evelyne ist da, ihr Kopf reicht Amarante kaum bis an die Schulter. Ihre blauen
     Augen heften sich mit einer Glückseligkeit an mich, die mich erschüttert. Sie wirft sich in meine Arme, und ich drücke sie
     fest, sehr fest an mich. Wir sagen nichts. Wir wissen, keiner von uns beiden wäre fähig, den anderen zu überleben.
    |490| Knacken in den Zweigen und Rascheln im Laub. Es ist Colin.
    Ich mache mich los und sage zu Evelyne: Du reitest auf Morgane. Ich schaue sie nochmals an und lächle ihr zu. Kurz, aber heftig
     sind unsere Momente der Freude.
    Ich sitze auf und überlasse es

Weitere Kostenlose Bücher