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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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»er ist ernsthaft, er ist achtbar …«
    »Und er hat militärische Kenntnisse«, ergänze ich, »die uns für die Organisation unserer Verteidigung sehr von Nutzen sein
     werden.«
    »Ich kenne ihn«, sagt Faujanet.
    »Ich auch«, sagt Delpeyrou.
    Mehr werden sie dazu nicht sagen. Ich sehe ihnen in ihre offenen, breiten und gebräunten Gesichter. Dieses »Ich kenne ihn«
     bedeutet rückhaltlose Zustimmung.
    »Trotzdem«, sagt Marcel.
    »Weshalb trotzdem?«
    »Na, er ist doch Kommunist. Eine Diktatur könnten wir hier nicht brauchen, von Diktatur haben wir schon genug zu spüren gekriegt.«
    »Das ist nicht Meyssonniers Art«, sage ich scharf. »Nicht im geringsten. Es ist sogar eine Beleidigung, ihm derlei zu unterstellen.«
    »Ist nicht so gemeint«, sagt Marcel.
    »Und du vergißt, daß wir jetzt die Gewehre haben werden«, sagt Faujanet.
    Ich sehe Faujanet an. Er hat ein regelrecht viereckiges Gesicht von der Farbe gebrannten Tons. Auch die Schultern sind |521| vierschrötig. Kein dummer Junge. Ich staune, wie er die Frage der Gewehre unter der Annahme, daß sie gelöst sei, gestellt
     hat.
    »Ich nehme an«, sage ich, »der erste Beschluß des Gemeinderates wird sein, die Einwohner von La Roque zu bewaffnen.«
    »So wird es gehen«, sagt Marcel.
    Wir sehen uns gegenseitig an. Wir haben Übereinstimmung erzielt. Und Judith hat überraschenderweise Takt bewiesen. Sie hat
     sich sehr wenig eingemischt.
    »Schön«, sage ich mit einem flüchtigen Lächeln, »bleibt mir jetzt nur noch übrig, Meyssonnier zu überzeugen.«
    Ich lasse sie stehen, drehe mich aber dann wieder um und bedeute Marie Lanouaille, zu mir zu kommen. Was sie unverzüglich
     tut. Sie ist brünett, fünfunddreißig Jahre alt, rund und fest. Und wie sie nun den Kopf zu mir aufhebt und wartet, daß ich
     meine Wünsche äußere, empfinde ich das mächtige und heftige Verlangen, sie in meine Arme zu schließen. Da ich niemals mit
     ihr geflirtet noch Empfindungen für sie gehegt habe, weiß ich nicht, welchem Umstand ich diesen plötzlichen Impuls zuzuschreiben
     habe, es sei denn dem Ruhebedürfnis des Kriegers. Doch Ruhe ist schlecht gesagt. Es gibt erfrischendere Beschäftigungen. Auch
     die Liebe ist ein Kampf, der mir aber, da er ja Leben schenkt, anstatt es zu nehmen, in der Tiefe des Instinkts wertvoller
     erscheinen muß als der, in den ich verwickelt bin.
    Indessen unterdrücke ich sogar meine Lust, ihren niedlichen runden Oberarm zu befingern, wie das unsere große Befingerin getan
     hätte. Er erscheint mir recht verlockend, weil ihr Kleid ärmellos ist.
    »Marie«, sage ich mit etwas belegter Stimme, »du kennst Meyssonnier, er ist ein einfacher Mann. Er wird im Schloß nicht wohnen
     wollen. Und du hast ein großes Haus. Würdest du ihn zu dir nehmen?«
    Sie blickt mich mit offenem Munde an. Daß sie nicht sofort nein sagt, ermutigt mich.
    »Du wirst nicht für ihn kochen müssen. Er wird sicher wünschen, daß die Bewohner von La Roque ihre Mahlzeiten gemeinsam einnehmen.
     Du brauchst dich nur um seine Wäsche zu kümmern, das ist alles.«
    »Na ja«, sagt sie, »ich möchte schon, aber du kennst die Leute. Wenn Meyssonnier zu mir wohnen kommt, werden sie sagen, da
     ist was.«
    |522| »Und selbst wenn sie sagen, da ist was, was kann das ausmachen? Und selbst wenn es wahr wäre?«
    Sie sieht mich mit melancholischem Blick an und nickt; und zugleich fährt sie sich, weil ihr in der Kapelle kalt geworden
     war, über den Oberarm, den ich so gern befingert hätte.
    »Oh, recht hast du schon, warum auch nicht, mein armer Emmanuel«, sagt sie mit einem Seufzer. »Nach allem, was wir hier schon
     durchgemacht haben!«
    Ich sehe sie an.
    »Das ist nicht das gleiche.«
    »Ach nein, ach nein«, sagt sie sofort. »Das gleiche ist es nicht.«
    Ich lächle.
    »Machte dir Meyssonnier nicht auch den Hof?«
    »O doch!« sagt sie, hingerissen von dieser Erinnerung. »Ich war sogar sehr dafür«, fährt sie fort. »Aber der Vater war eher
     dagegen, seiner Ideen wegen!«
    Das heißt also: ja. Ich danke ihr und gehe zur Gesundheit des Babys Nathalie über. Folgen fünf Minuten völlig mechanischer
     Konversation, bei der ich auf nichts höre, nicht einmal auf das, was ich sage. Indessen, ganz am Ende, drückt Marie eine Empfindung
     aus, die mich aufweckt und mein Gemüt bewegt.
    »Ich gehe ein vor Angst, weißt du. Da doch die Ereignisse waren, hat sie keine von ihren Impfungen gehabt. Die kleine Christine
     von der Agnès auch nicht. Nun, so sage

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