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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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es nicht fassen, dass Catalina ihm nicht sofort folgen konnte. Typisch El Cuento!
    »Was können sie tun?«
    »Sie möchten frei sein.«
    Catalina blinzelte überrascht. »Wie soll uns das denn bitte schön weiterhelfen? Herrje, die Zeit läuft uns davon.«
    Die Fledermausschatten legten die Flügel an und schnitten wie scharfe Klingen durch die warme Nachtluft.
    »Jeder einzelne Flickenfetzen ist eine kleine Persönlichkeit«, erklärte ihr der Wind geduldig. »Sie sind alle ganz verschieden, weißt du?«
    Catalina warf Jordi einen hastigen Blick zu.
    Der Junge verstand kein Wort – natürlich nicht –, sondern hielt sich nur mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hand.
    Hörte den Wind pfeifen – und sah, wie sie zurückpfiff.
    Na, klasse!
    »Während der Zeit an dem Windmühlenflügelrad haben sie Freundschaften mit den Winden geschlossen. Es gibt andere Winde, das weißt du. Junge, wilde Winde, die sich in ihnen verfangen haben.«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr war jetzt wirklich nicht nach einer seiner Geschichten zumute.
    »Bring es auf den Punkt, bitte!«
    Die Fassaden der Häuser rasten zu beiden Seiten an ihnen vorbei. Unten auf den Kanälen schaukelten die kleinen Boote.
    »Junge Winde wehen gerne wild durch die Welt.« El Cuento machte ein ganz und gar windiges Gesicht. »Ungestüm und gedankenlos, wie sie manchmal sind, kann es vorkommen, dass sie sich irgendwo verfangen. Und genau das ist auch bei der Windmühle passiert.« Er schoss um die nächste Ecke und der Flickenfetzen schaukelte so stark, dass Catalina beinahe den Halt verloren hätte und heruntergefallen wäre. »Die Winde haben sich in den Flickenfetzen verfangen. Du hast doch sicher schon einmal ein jammerndes Jaulen gehört, draußen, wenn das Windrad lief.«
    »Ja.« Sie konnte sich daran erinnern. Es hatte traurig geklungen, irgendwie erbärmlich. Aber jetzt war sie auf der Flucht und scherte sich nicht um die Gefühle irgendwelcher Jungwinde. Herrgott noch mal, wusste El Cuento denn nicht, in welcher Gefahr sie schwebten?
    Der Wind schlug einen Haken an der nächsten Kreuzung und kräuselte die Wasseroberfläche. Einige der Boote, die dort unten an den Landungsstegen vertäut waren, schaukelten unruhig hin und her und ein paar von ihnen, die ihre Segel nicht gerafft hatten, kippten sogar zur Seite. Die wenigen Passanten schauten verdutzt nach oben, wo sie nur zwei dunkle Punkte durch die Nacht huschen sahen. Zwei bissige Punkte, die wie Tintenklecksfledermäuse aussahen.
    »Wenn die Wildwinde sich ungeschickt in den Mühlenflügeln verfangen und nicht mehr ein noch aus gewusst hatten, dann haben die Flickenfetzen ihnen geholfen, sich aus dem Gewirr von Stoff und Holzverstrebungen zu befreien. So sind sie Freunde geworden. Und am Ende sind die Wildwinde wieder um die Mühle geflogen, leichten Herzens und überaus glücklich, wieder wehen zu können.«
    »Wie, in aller Welt, soll uns das jetzt nützen?«
    »Du bist ungeduldig.«
    Sie verdrehte die Augen. Schrie ihn an: »Na klar bin ich ungeduldig.« Sie warf einen Blick zurück. »Diese Dinger lassen einfach nicht locker. Sie werden uns kriegen, wenn das so weitergeht.«
    »Kein Grund, so schnippisch zu sein.«
    El Cuento konterte mit einer Pirouette und Catalina drehte sich der Magen um. Die Welt wirbelte um sie herum, und als sie zurückschaute, da waren die Fledermausschatten noch immer da.
    »Das gibt’s doch nicht«, murmelte sie. »Was sind das für Kreaturen?«
    »Böse und bissige, würde ich sagen.«
    »Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Scherze, bitte!«
    El Cuento schwieg und sauste in den nächsten Kanal hinein. »Ihr beiden müsst die Nähte lösen«, sagte er dann. »Lasst ein Teil der Flickenfetzen frei.«
    »Was? Aber warum?«
    »Vertrau mir.« Und leise flüsternd erzählte er ihr von seinem Plan.
    »Das würden sie tun?«, fragte Catalina ungläubig, als er geendet hatte.
    »Ja«, sagte El Cuento schlicht.
    Jordi drehte sich ungeduldig zu ihr um. »Was ist? Was hat er vor?«
    Das Mädchen teilte es ihm mit.
    Der Junge, dessen Hand mittlerweile ganz rot und voller Brandbläschen war, nahm es einfach hin. Es schien, als wundere er sich mittlerweile über gar nichts mehr. »Dann lass uns anfangen«, schlug er vor. »Je eher wir damit beginnen, desto schneller sind wir fertig.« Er griff in die Hosentasche und förderte ein Taschenmesser zutage. Es fiel ihm schwer, die Klinge mit nur einer Hand auszuklappen.
    »Gib her.« Catalina nahm es an sich und begann vorsichtig, die

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