Malice - Du entkommst ihm nicht
Blick zu. Aber die zuckte nur ratlos mit den Schultern.
»Dürfen wir?«, fragte er schließlich noch einmal, als er ihr Schweigen nicht mehr aushielt.
»Du hast gewuss t … dass irgendwas nicht stimmt, oder?«, sagte Lukes Mutter stockend. »Ich meine, an dem Tag, an dem du angerufen has t … da hast du doch schon geahnt, dass etwas passiert ist, nicht wahr?«
Seth spürte, wie er rot wurde. Aber was sollte er ihr antworten?
Von Malice konnte er ihr auf keinen Fall erzählen.
»Ic h … ich hatte bloß so ein komisches Gefühl«, antwortete er zögernd.
Sie packte ihn unvermittelt an der Schulter und sah ihn eindringlich an. Er roch kalten Zigarettenrauch und sah die Spuren getrockneter Tränen auf ihren Wangen. »Bitt e … Wenn du irgendetwas weißt, dann musst du es mir sagen!«
Seth hatte das Gefühl, als würde es ihn innerlich zerreißen. Lukes Mutter sehnte sich so verzweifelt danach, ihren Sohn wiederzubekommen, dass er ihr am liebsten alles erzählt hätte, was er wusst e – ganz egal, wie verrückt es klang.
»Ich weiß nicht, wo er ist«, sagte er schließlich und das war zumindest nicht gelogen. »Aber ich würde Ihnen gern helfen, wenn ich kann.«
Sie hielt ihn noch ein paar Sekunden fest, die Finger tief in seine Schulter vergraben, bevor sie sich abrupt umdrehte, ins Haus zurückging und sie einfach in der offenen Tür stehen ließ. Kady zuckte mit den Achseln, trat in den Vorraum und winkte ihn herein.
Sie schlossen die Haustür hinter sich und gingen ins Wohnzimmer, wo Lukes Mutter in einem Sessel vor dem Fernseher saß und sie keines Blickes mehr würdigte.
Vorsichtig, so als wäre sie ein verwundetes Tier, das nach ihnen schnappen könnte, gingen sie an ihr vorbei und stiegen die Treppe hinauf.
Als sie oben auf der Galerie angekommen waren, blieben sie einen Moment stehen. Seth warf einen Blick ins Wohnzimmer und sah dann zur Tür von Lukes Zimmer. Er zögerte.
»Was ist?«, fragte Kady.
Er dachte an Heathers ängstliche Flüsterstimme, an das, was sie ihm erzählt hatte. Diese Art von Angst konnte man nicht spielen.
»Da war irgendwas draußen auf der Galerie. Ich hab ein Geräusch gehört, nachdem die Lichter ausgegangen sind.«
»Meinst du nicht, dass das blo ß …«
»Nein, Seth. Das waren bestimmt keine Wasserrohre und auch nicht die Dielenbretter. Es war irgendwas anderes. Es klang wi e … ich weiß auch nich t … wie Ratten. Nein, wie Hunderte von Krabben, die alle wild durcheinanderkrabbeln und mit ihren Scheren klappern.«
Auf der Galerie war nichts Auffälliges zu entdecken.
Kady schob sich ungeduldig an ihm vorbei. Er hatte ihr nicht erzählt, was Luke und Heather ihm anvertraut hatten. Im Moment wusste er ja selbst nicht, ob er es glauben sollte. Außerdem wollte er sie mit den gruseligen Gerüchten, die sich um Malice rankten, nicht auch noch verrückt machen.
Sie betraten Lukes Zimmer. Ein Schrank mit einer verspiegelten Tür, ein Bett, ein Schreibtisch und eine Kommode. An den Wänden Poster von Fußballspielern und Bands. Ein ganz normales Zimmer, in dem es nichts Auffälliges zu entdecken gab. Und trotzdem hatte Seth das Gefühl, als habe sich in dem Moment, als er über die Türschwelle getreten war, ein unsichtbares Gewicht auf seine Schultern geleg t – schwer wie eine kalte, feuchte Decke.
»Puh, hier stinkt’s.« Kady rümpfte die Nase.
»Hm.« Seth nickte zerstreut. Er ging zum Schrank und sah in den Spiegel.
Komm und hol mich, Tall Jake.
Er zog die Schranktür auf.
»Aber am Schlimmste n … Dieses Ding im Schrank, das wa r …«
»Moment mal. Da war was im Schrank?«
»Als es dunkel wurde, ging plötzlich die Schranktür auf un d … ich konnte nichts erkennen, abe r …«
»Ja, okay. Aber vielleicht waren die Angeln einfach ausgeleiert und die Tür ist von selbst aufgesprungen, das muss nicht s …«
»Da war w-was d-d-drin, Seth. Es ha-hat ge-geatmet!«
Heather war richtig hysterisch geworden und Seth hatte mindestens zehn Minuten gebraucht, bis er sie wieder einigermaßen beruhigt hatte. Was auch immer sie gesehen oder gehört hatt e – es hatte ihr entsetzliche Angst eingejagt.
Doch als er jetzt mit den Fingerspitzen vorsichtig die Schranktür öffnete, sah er nichts weiter als Klamotten.
Ein helles Pling ertönt e – Kady hatte sich in den Bürostuhl gesetzt und den Computer angeschaltet.
»Ich hab gedacht, wir suchen hier irgendwas, was uns hilft, Luke zu finden?«, sagte Seth.
»Tun wir doch. Du schaust dich im Zimmer um
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