Mallorca - hin und nicht zurueck
wirklich«, versicherte Lore, konnte sich jedoch ein Lächeln nicht verkneifen.
»Hat Martha sich beschwert?« Isolde verdrehte die Augen, bis ihre langen, blau geschminkten Wimpern fast die Augenbrauen erreichten. »Aber mit dem Theater ist jetzt sowieso Schluss«, sagte sie bissig und verbarg ihr Gesicht demonstrativ hinter der Speisekarte.
Lore sah verständnislos zu Sophie und zuckte die Schultern. »Wozu brauchst du denn neuerdings die Speisekarte, Isolde?«
Hinter der Speisekarte herrschte absolutes Stillschweigen, als auch schon Stevie angetänzelt kam.
»Einen Rosado für dich, Lore, und einen für Sophie, nehme ich an? Rotwein für dich, Lisa?«
»Ja, danke«, antwortete ich und registrierte, wie Stevie der Gräfin ungefragt ein Glas stilles Wasser hin stellte.
»Das kannst du direkt wieder mitnehmen«, schnaubte Isolde und schaute endlich hinter ihrer Karte auf. »Von der Gräfin verabschiede ich mich mit dem heutigen Abend endgültig. Ich möchte auch ein Glas Rotwein, wenn es denn recht ist.«
Stevie wirkte in höchstem Maße beunruhigt. »Ist alles in Ordnung mit dir, Isolde?«
»Alles allerbest«, bestätigte diese, und dennoch glaubte ich für einen kurzen Moment Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen. »Und dazu hätte ich gerne das Estofado.«
»Um Gottes willen!« rief Stevie konsterniert, »Gräfin, da ist Fleisch drin!«
»Und wenn schon.«
»Kein gedünstetes Gemüse?«, fragte nun auch Lore alarmiert. »Isolde, ist etwas passiert?«
Stevie wandte sich aufgeregt an eine der mallorquinischen Serviererinnen. »Magdalena, kannst du bitte Tisch fünf und sieben für mich mit übernehmen? Das hier ist ein Notfall.«
»Claro«, bestätigte die sympathische junge Frau und ging mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen einen Tisch weiter. Ihr war offensichtlich klar, dass Stevie vor lauter Neugier schier zu platzen drohte.
»Sie haben meinen Vertrag gekündigt.« Isoldes Stimme klang bitter. »Schluss mit der Gräfin. Keine Show mehr von meiner Seite. Das war es wohl. Da rackert man und schuftet, hält sich fit und dann so etwas!«
»Wie – sie haben deinen Vertrag gekündigt? Was soll das denn heißen?« Bestürzt riss Stevie die Augen auf.
»Was machen sie denn beruflich?«, fragte Sophie.
»Sie ist Fotomodell«, erklärte Stevie wie aus der Pistole geschossen. »Und ich finde sie macht das toll. Ich kenne jedenfalls nicht viele, die so lange im Geschäft sind, wie die Gräfin.«
»Vergiss es mein Freund«, winkte die Gräfin zerknirscht ab und verzog die Lippen. »Ich wirke frustrierend auf die Kundschaft. Ich bin nicht lebensnah genug und meine Größe ist in meiner Altersklasse nicht mehr lukrativ zu verkaufen. Ich bin zu dünn.«
Lore schnappte nach Luft. »Das ist nicht dein Ernst! Das glaube ich doch nicht.«
»Aus der Traum«, entschied Isolde. »Sie haben mir großzügiger Weise angeboten, dass ich weitermachen kann, wenn ich mindestens sieben Kilo zunehme. Und es geht mir dabei nicht um sieben Kilo mehr oder weniger, versteht ihr. Es geht mir ums Prinzip! Claudia Schiffer hat mit ihrer Figur Kohle ohne Ende gemacht. Gut, sie ist ein paar Jährchen jünger als ich. Aber die musste ja auch nicht sieben Kilo zunehmen, weil sie sonst die Kundschaft vergrault. So ein Blödsinn.«
»Ja – und was machst du jetzt?« Stevie litt augenscheinlich mit ihr.
»Rotwein trinken, Estofado essen und die Gräfin endlich an den Nagel hängen. Mit fünfundsechzig ist das ja wohl mehr als legitim!«
Wow, so alt hätte ich sie nicht geschätzt. Und Model hätte ich ihr nicht zugetraut. Und für ihre Reaktion bewunderte ich sie. Isolde hatte eine gute Figur, eine straffe, glatte Haut und kaum Falten im Gesicht. Und wenn sie nicht so überkandidelt auftrat wie gerade eben, war sie mir sogar sympathisch.
»Keine Mode mehr für dynamische ältere Damen. Mache ich es halt wie du Lore: Ich lebe.«
»Das ist eine Maßnahme, die ich durchaus begrüße, meine Liebe. Auch wenn ich die Begründung deiner Agentur für den totalen Schwachsinn halte. Äh – Stevie, mein Schatz? Du kennst jetzt die Geschichte. Könntest du vielleicht das Essen servieren?«
Ertappt senkte der Ober die Augen. »Natürlich Lore. Bin schon unterwegs.«
Nachdem Isolde ihren Wein bekommen hatte, hob sie ihr Glas. »Prost Schwestern, von jetzt ab wird es lockerer. Und demnächst fahre ich nach Palma und kleide mich neu ein.« Lässig ließ sie ihre Federboa auf den Stuhl hinter sich gleiten. »Ist eh scheußlich
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