Mallorca - hin und nicht zurueck
faszinierten mich. In absolutem Einklang mit der Musik tanzten die zwei auf und ab, als registrierten sie die um sie stehenden Menschen nicht. Als die Musik verklang, klatschten die Gäste begeistert und die zierliche Tanzlehrerin nahm vor den Damen, ihr Partner vor den Herren Aufstellung.
»Meine Damen«, forderte Juanita die Frauen auf, »es ist nicht so schwierig, wie es aussieht. Wir lernen das langsam, Schritt für Schritt. Den Samba haben Sie ja auch perfekt gemeistert«, sagte sie mit ihrem reizenden spanischen Akzent.
Ach ja, den Samba hatten sie schon. Das klingt ja hochinteressant, dachte ich und fragte mich insgeheim, womit ich die letzten Jahre meines Lebens meine freien Abende verbracht hatte? Von wenigen Kinobesuchen einmal abgesehen, fiel mir außer Bügeln oder Fernsehen nicht gerade viel ein.
»Señores«, erklärte Carlos selbstbewusst, »beim Tango entfällt die Emanzipation der Damen ausnahmsweise. Sie führen.« Galant fügte er hinzu: »Tut mir leid, meine Damen, das ist Tango.«
Irgendwie ganz beruhigend. Egal mit wem ich später würde tanzen müssen, die Verantwortung hatte mir Carlos damit schon mal abgenommen.
Wieder setzte die Musik ein und Juanita steppte mit dem Rücken zu uns stehend den Grundschritt vor. Nach der zweiten Vorführung setzte sich neben mir Lore und zur anderen Seite Sophie in Bewegung. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich ihnen anzuschließen.
»Legen Sie die linke Hand auf die imaginäre Schulter ihres Partners, und halten die andere zum Tanz bereit«, rief Juanita nach den nächsten Schritten, und ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass es mir damit schon leichter fiel. Wenigstens wich die Unsicherheit, die ich anfangs noch empfunden hatte. Ich fühlte mich zunehmend wohler in meiner Haut.
Weiter zählte Juanita die Schrittfolge und forderte uns an den entsprechenden Stellen auf, den Kopf zu drehen. Beruhigt stellte ich fest, dass nicht nur ich, sondern auch einige der anderen Mädels, sich des Öfteren in der Richtung irrten.
Dann schließlich kam der Augenblick, an dem unsere Tanzlehrer den Moment für gekommen hielten, beide Fraktionen aufeinander loszulassen. Carlos verkündete, es wäre Herrenwahl. Und plötzlich sah ich mich einem schüchtern wirkenden, älteren Herrn mit schütterem Haar in T-Shirt, Shorts und Badelatschen gegenüber.
»Darf ich bitten?«, fragte er und presste unsicher die Lippen aufeinander. »Mein Name ist Oswald.«
Ich lächelte und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ich dem armen Mann mit meinen Pumps nicht auf die Füße treten würde. »Gerne. Ich bin Lisa.«
»So, Grundstellung einnehmen, es geht los«, kommandierte da schon Carlos.
Oswald führte anfangs mindestens ebenso unsicher, wie ich meine Füße bewegte, aber mit ein wenig Übung ging es schließlich ganz gut. Bis ich ihm doch auf die Füße trat, was er lachend abtat. »Einen Tritt kann ich vertragen; ein Korb wäre schlimmer gewesen«, bemerkte er charmant und ich lächelte ihn dankbar an.
Carlos und Juanita hatten sich inzwischen unter ihre Schüler begeben und führten uns die Kopfdrehung vor. »Versuchen sie es einfach«, rief Juanita mit ihrem rollenden »r« und ich drehte schwungvoll den Kopf, als Oswald den gleichen Gedanken hatte. Leider drehte ich in die falsche Richtung und schon prallten wir mit den Köpfen zusammen. Prustend vor Lachen blieben wir stehen.
»Entschuldigung, vor meinen Schuhen hatte ich Sie ja gewarnt, aber das mit dem Kopf war nicht vorhersehbar.«
»Oswald und du reicht völlig. Hier geht es ja relativ zwanglos zu. Wollen wir es noch einmal versuchen? Ich sage auch vorher die Richtung dazu.«
»Wenn du das Risiko nochmal eingehen willst«, strahlte ich, »bitte.«
Wir übten noch einige Male, bis Stevie die Bar eröffnete und zur Pause lud.
»Meinen Füßen geht es prima, junge Frau, was macht dein Kopf?«, fragte Oswald und hielt mir ein Glas Sekt entgegen.
»Oh, danke, alles bestens, wirklich!«
Auf der Tanzfläche nutzten Carlos und Juanita die Pause, um uns zu zeigen, wie man richtig Tango tanzt. Ohne Gefahr für Fuß und Kopf, sozusagen.
»Ach ist das ungerecht«, lamentierte Stevie lautstark hinter seinem Tresen. »Alle amüsieren sich, nur mit mir will keiner tanzen.« Er wagte einen provozierenden Augenaufschlag in die Runde. »Sicherlich würde sich keiner der Herren bereit erklären …?«
Einige der Umstehenden mussten lachen. Stevie war einfach ein Unikum.
»Wieso eigentlich nicht?«, fragte in diesem
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