Mallorca - hin und nicht zurueck
drehte mein Badehandtuch quer, zog sein T-Shirt und die Jeans aus und beschlagnahmte wie selbstverständlich eine Hälfte meiner Unterlage.
Ich verweigerte einen neugierigen Blick auf seinen gut gebauten Körper und zog mich aus.
»Sag mal, wie lange bist du eigentlich schon hier?«, fragte ich und ließ mich mit größtmöglichem Abstand neben ihm auf dem Handtuch nieder.
»Ich habe gekündigt, am Wochenende meine Sachen gepackt und bin hierher geflogen. Seitdem genieße ich die Ruhe und die Abgeschiedenheit meines Hauses.«
Demnach hatte er sich seit letztem Samstag ganz in meiner Nähe aufgehalten und sich nicht einmal gemeldet? Verwundert stellte ich fest, dass mich das maßlos ärgerte.
»Ach, einfach so? Kündigen, Sachen packen, Flug buchen und nach Mallorca fliegen. So einfach kann es gehen?«
»Ja, so einfach geht das, Lisa«, sagte Tom und erhob sich. »Kommst du mit ins Wasser?«
»Ich komme gleich nach«, sagte ich träge und stützte mich auf die Ellbogen.
Sah ich ihm wirklich gerade hinterher und musterte ihn von Kopf bis Fuß? Fand ich diesen Hintern in der knappen Badehose tatsächlich knackig? Chaos in meinem Kopf, Schmetterlinge im Bauch und Tom auf dieser Insel. War ich denn so ausgehungert nach Liebe und Zärtlichkeit, dass ich ein Verhältnis mit meinem besten Freund anfangen würde? Das konnte doch nur schief gehen! Lisa, komm runter von deiner Wolke!
Aber von Wolke sieben gab es kein Entkommen.
Seufzend raffte ich mich auf und lief zum Wasser. Vielleicht würde es meinen Verstand in irgendeiner Form positiv beeinflussen, wenn ich ihn richtig abkühlen würde.
Leider geschah nichts dergleichen. Kaum war ich wieder aufgetaucht, als schon Toms Gesicht neben mir erschien. »Schwimmst du ein Stück mit raus?«
Kleine Wassertropfen glitzerten auf seinen langen, dunklen Wimpern und ich hätte ewig in diese rauchgrauen Augen starren können. Am liebsten wäre ich sogar darin ertrunken. Und was half gegen Ertrinken?
Schwimmen!
»Ich bin dabei«, japste ich und schwamm los. Das laute Gejohle der Kinder am Strand blieb weit hinter uns zurück und ich ließ mich einfach auf dem Rücken im Wasser treiben.
»Alles klar mit dir?«, rief Tom, der noch ein Stück weiter hinaus geschwommen war.
»Alles prima«, rief ich und hielt mein Gesicht der Sonne entgegen.
So man es denn als prima bezeichnen konnte, dass ich bis vor knapp einem Monat nicht einmal etwas von dem Verhältnis meines Mannes gewusst hatte, seit einer Woche auf Mallorca weilte und seit heute Morgen nichts anderes mehr im Kopf hatte, als einen anderen Mann. Der Versuch die Schmetterlinge im Meer zu ersäufen war kläglich gescheitert. Ich beschloss, zurück zu schwimmen.
Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, blieb ich im Wasser stehen und blickte an den Felsen hinauf. Neben mir tunkte ein junges Mädchen ihren Freund unter Wasser, der prustend wieder auftauchte und Rache schwor. Plötzlich legten sich von hinten zwei Arme um meine Taille.
»Wovor bist du denn so schnell davon geschwommen?«, raunte Tom mir leise ins Ohr.
Vor dir?, schoss es mir durch den Kopf. Vor meiner ureigensten Angst, einen Fehler zu machen und wieder verletzt zu werden?
Behutsam zog er mich an sich und ich bekam eine Gänsehaut, die so rein überhaupt nichts mit dem sowieso nicht kalten Wasser zu tun hatte. Mein Herz schlug pochend und ich ließ meinen Kopf an seine Schulter fallen.
»Vor mir selbst vielleicht?«, antwortete ich leise und wunderte mich, wie unsicher meine Stimme klang.
Langsam drehte er mich zu sich herum. Ich sah ihm direkt in die Augen, spürte seinen Körper an meinem, fühlte mich geborgen in seinen Armen. Wie paralysiert, war ich nicht fähig, meinen Blick abzuwenden. Nun würde er mich jeden Augenblick küssen.
»Komm, lass uns aus dem Wasser gehen und uns abtrocknen.«
Sanft schob Tom mich von sich.
Die Schmetterlinge in meinem Bauch stürzten ab. Mein Herz setzte für einen Schlag lang aus und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Hatte ich hier etwas falsch verstanden?
»Wenn du meinst«, sagte ich, bemüht, mir meine Enttäuschung nicht anzumerken zu lassen und watete aus dem Wasser.
Meine Augen brannten. Und - ganz sicherlich nicht vom Salzwasser. Demnach mussten es Tränen sein. Die konnte ich aber keinesfalls gebrauchen. Reiß dich zusammen Lisa, schimpfte ich innerlich. Was war bloß los mit mir?
Jedenfalls würde ich, sobald ich mein Handtuch erreicht haben würde, wieder ganz die Alte sein. Und
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