Mallorca Schattengeschichten
Fährgesellschaft hatte längst aufgelegt.
Er fühlte Beklemmungen, wie in einem engen Aufzug. Hektisch suchte er nach der Nummer seines Arztes, als sein Handy klingelte.
»Ja!«, rief er.
»Hallo, Herbert, du klingst aber genervt. Soll ich später noch mal anrufen?«
»Mensch, Peter, du bist es. Nein, schon gut. Ich bin verdammt angepisst. Dieser Streik macht mich wahnsinnig.«
»Willst du weg? Hast gar nix davon gesagt. Wohin denn?«
»Eben mal weg«, antwortete Herbert.
»Nee, oder? Der Herbert hat einen Inselkoller. Ich fasse es nicht.« Peter fing an zu lachen.
»Mach dich nur lustig. Du hast ja keine Ahnung.«
»Ist Barcelona weit genug?«
»Egal, Hauptsache festes Land. Hast du irgendeine Idee, wie ich hier wegkomme?«, fragte Herbert.
»Ein Freund von mir hat ein Boot an der Ostküste, und außerdem noch was gutzumachen.«
Herbert fischte nach seiner Zigarettenschachtel. »Ein Schlauchboot?«
»Quatsch! Eine J acht mit achtunddreißig Fuß«, erklärte Peter.
»Das sind ja über elf Meter. Kannst du die denn überhaupt steuern?« Er zündete sich die Zigarette an und inhalierte tief.
»Nie hörst du zu! Beim Sommerfest habe ich dir lang und breit erklärt, dass ich durch meinen Funkschein sozusagen hochseetauglich bin. Und nach Barcelona finde ich sogar noch besoffen.«
Herbert schnaufte.
»Also, schnauf nicht rum, das machen wir. Komm schon, das wird lustig, und du kommst weg«, redete Peter auf ihn ein.
»Wann können wir los?« Herbert malte sich begeistert aus, wie Mallorca am Horizont immer kleiner werden würde.
»Gut. Lass mich mal machen. Bis morgen Mittag sollte sich was organisieren lassen. Ich ruf dich in einer Stunde an.«
Erleichtert packte Herbert einige Sachen zusammen. Das musste einfach klappen. Sollte sich sein Arzt doch um andere Patienten kümmern. Fast lächelte er. Hastig griff Herbert nach dem klingelnden Telefon. »Ja?«
»Na, deine Stimme klingt ja schon viel besser! Und du hast auch allen Grund dazu.«
»Es klappt also?«
»Jawoll! Morgen Mittag können wir los. Ich hol dich um zwölf Uhr ab, dann fahren wir nach Porto Cristo.«
»Prima, du glaubst gar nicht, wie viel besser ich mich jetzt fühle. Bis morgen.« Herbert holte sich ein Bier und ließ sich in den Sessel fallen.
Pünktlich holte Peter ihn ab. Auf der Fahrt fragte Herbert: »Hast du den aktuellen Seewetterbericht?«
»Ja, und im Prinzip sieht es gut aus, nur gegen Abend soll es im Kanal von Menorca ziemlich auffrischen. Aber da sind wir längst durch. Schließlich ruft Barcelona nach dir.«
Herbert schwieg. In Porto Cristo gingen sie an Bord, verstauten ihre Sachen und schauten nach dem Tank.
»Mist, eigentlich sollte der schon voll sein«, grummelte Peter.
»Und jetzt?«
»Warte hier, ich kümmere mich darum.«
Herbert zerquetschte gerade die fünfte Zigarette im Aschenbecher, als Peter mit missmutigem Gesicht an Bord kam. »Es dauert noch eine Stunde, bis wir tanken können. Die Lieferung hat sich verspätet, aber wir dürfen am Tankanleger warten.«
Um 15.30 Uhr ging es endlich los. Kaum waren sie aus dem Hafenbecken und steuerten in nördliche Richtung, da fegte eine Windböe den Aschenbecher ins Meer.
»Hey, Peter! Bist du sicher, dass wir durch den Kanal sind, bevor das Wetter zulegt?«
»Herbert, du alter Angsthase. Klar schaffen wir es. Das bisschen Wind hier draußen ... entspann dich, nimm ein Bier, und freu dich auf die Nacht in Barcelona.«
Mit zittrigen Fingern griff Herbert nach der Bierflasche und nahm einen kräftigen Schluck.
Alcúdia zog an ihnen vorbei. Gerade wollten sie das Cap de Menorca umfahren, da frischte nicht nur der Wind auf, sondern auch die Gischt peitschte über die Reling. Eine Welle traf das Boot mit voller Wucht.
Peter schrie auf, als sich das Boot steuerlos im Wind drehte und Schlagseite bekam. Der auflandige Wind tat sein Übriges. Sie trieben auf die Felsen zu.
Kreidebleich krampfte Herbert seine Finger um die Reling. »Herrje Peter! Mach doch was!«, brüllte er gegen den Wind.
»Ich versuche ja alles. Das verdammte Boot reagiert nicht!« Mit verzweifeltem Gesicht mühte Peter sich ab. »Wenn wir noch ein bisschen weitertreiben, dann erreichen wir den Strand von Aucanada.«
»Und dann?« Herbert kapierte nichts. Gar nichts.
»Was wohl? Wir schwimmen an Land.«
Herbert war fassungslos. Anscheinend sah Peter keine Chance mehr, die Situation in den Griff zu bekommen.
Wenige Minuten später kam der Strand in Reichweite.
»Ich werfe den
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