Malloreon 2 - König der Murgos
habe und daß sie uns andere alle erwürgen ließe, sobald er den Thron bestieg.«
»Es ist eine große Erleichterung für mich, daß Ihr diesem jungen Mann nicht sehr zugetan wart«, sagte Silk.
»Zugetan? Er war ein Ungeheuer – genau wie sein Vater. Als kleiner Junge vergnügte er sich damit, lebende Hündchen in kochendes Wasser zu werfen. Ohne ihn ist die Welt besser dran.«
»Ich leiste der Allgemeinheit gern solche kleinen Dienste«, erklärte Silk nun. »Ich finde, das ist die Pflicht eines Edelmannes.«
»Sagtest du nicht, sein Tod wäre unbeabsichtigt gewesen?« warf Garion ein.
»Nun ja, gewissermaßen. Ich versuchte, ihm den Dolch in den Bauch zu stechen – das ist vielleicht schmerzhaft, führt jedoch selten zum Tod – , aber er schlug gegen meinen Arm, als ich den Hieb führte, und irgendwie drang die Klinge direkt in sein Herz.«
»Wie bedauerlich«, murmelte Tamazin. »Ich an Eurer Statt wäre hier im Drojim sehr vorsichtig, Kheldar. Von mir habt Ihr ganz gewiß nichts zu befürchten, doch Oskatat, der Seneschall, kennt Euch ebenfalls von früher, und er würde es vermutlich als seine Pflicht erachten, Eure Identität aufzudecken.«
»Das dachte ich mir bereits, meine Lady. Ich werde mich vor ihm hüten.«
»Erzählt mir nun, wie es Eurem Vater geht, Fürst Kheldar.«
Silk seufzte. »Er starb bedauerlicherweise schon vor vielen Jahren – völlig unerwartet.«
Zufällig blickte Garion in diesem Moment der Königinmutter ins Gesicht, und so bemerkte er das Leid, das ihre schönen Züge zeichnete. Sie fing sich jedoch rasch, nur die ungeweinten Tränen in ihren Augen ließen sich nicht so schnell verheimlichen. »Ah«, sagte sie leise. »Das tut mir leid, Kheldar. Es trifft mich tiefer, als Ihr ahnt. Ich mochte Euren Vater sehr. Die Erinnerung an die Monate, die er in Rak Goska verbrachte, zählt zu den schönsten in meinem Leben.«
Um nicht ertappt zu werden, wie er sie anstarrte, drehte Garion den Kopf, dabei fiel sein Blick nunmehr auf Sammet, deren Gesicht nachdenklich wirkte. Sie erwiderte seinen Blick, und ihre Augen drückten sehr viel aus, einschließlich einiger unbeantworteter Fragen.
14
K lar und kalt dämmerte der nächste Morgen. Garion stand am Fenster seines Gemachs und blickte über die Schieferdächer von Rak Urga. Die gedrungenen Häuser schienen sich aus Angst vor dem grellbunten Drojimpalast an einem und dem schwarzen Toraktempel am anderen Stadtende zu ducken und zusammenzukauern. Rauch aus Hunderten von Schornsteinen stieg kerzengerade zum Himmel auf.
»Bedrückend, nicht wahr?« stellte Silk fest, als er mit dem grünen Umhang, achtlos um eine Schulter geworfen, hereinkam.
Garion nickte. »Man könnte fast meinen, daß man die Stadt mit voller Absicht so trostlos machte.«
»Es entspricht der inneren Einstellung der Murgos. Übrigens, Urgit möchte uns wieder sprechen.« Auf Garions fragenden Blick antwortete der kleine Mann: »Ich glaube nicht, daß es um irgend etwas Wesentliches geht. Er ist wahrscheinlich bloß ausgehungert nach anregender Unterhaltung. Ich könnte mir vorstellen, daß Gespräche mit Murgos auf die Dauer recht langweilig sind.«
Die ganze Schar stiefelte hinter dem Gardisten her, der sie zu demselben Raum brachte, in dem der König sie schon am Tag zuvor empfangen hatte. Er saß in einem Sessel am Feuer, mit einem Bein über der Armlehne, und hielt einen halb abgenagten Hühnerschenkel in der Hand. »Guten Morgen, meine Herren«, begrüßte er. »Bitte setzt Euch.« Mit dem Hühnerschenkel deutete er auf die Stühle an der Wand. Dann blickte er Sadi an. »Hast du gut geschlafen?«
»Gegen Morgen wurde es etwas frisch.«
»Das kommt vom schlampigen Bau des Palasts. Einige Risse in den Wänden sind so weit, daß ein Pferd hindurchkäme. Im Winter haben wir auf den Gängen manchmal sogar Schnee.« Er seufzte. »Ist dir bewußt, daß es in Tol Honeth jetzt Frühling ist?« Wieder seufzte er, dann blickte er Belgarath an, der ihn mit einem seltsamen Lächeln bedachte. »Sagte ich etwas so Belustigendes, alter Junge?«
»Nicht wirklich. Ich erinnerte mich lediglich an etwas, das ich einmal hörte.« Der alte Mann trat an den Kamin und hielt die Hände über das prasselnde Feuer. »Wie sieht es mit dem Schiff aus?«
»Ich nehme an, daß es frühestens morgen fertig ist«, antwortete Urgit. »Der Winter ist nicht mehr fern, und die See um die Südspitze der Halbinsel ist selbst bei bestem Wetter nicht gerade ruhig. Deshalb befahl ich den
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