Malloreon 2 - König der Murgos
ihre Hand voll Zuneigung auf seine und küßte ihn auf die Wange.
Nach dem Frühstück warf Garion sich einen Umhang über und ging hinaus an Deck. Ein paar Minuten blinzelte er in den Regen, dann drehte er sich um, als er hörte, wie sich das Niedergangsluk öffnete. Durnik und Toth traten mit Angelruten heraus.
»Es ist doch logisch, Toth«, sagte Durnik. »Bei soviel Wasser muß es einfach Fische geben!«
Toth nickte, dann streckte er die Arme aus, als würde er etwas messen.
»Ich fürchte, ich verstehe dich nicht.«
Toth wiederholte die Gebärde.
»Oh! Nein, so groß sind sie sicher nicht.« Der Schmied schüttelte den Kopf. »So groß werden Fische überhaupt nicht, oder?«
Toth nickte heftig.
»Denk nicht, daß ich dir nicht glaube«, sagte Durnik ernst, »aber das müßte ich mit eigenen Augen sehen.«
Toth zuckte die Schultern.
»Ein schöner Morgen, nicht wahr, Garion?« Durnik blickte lächelnd zum triefenden Himmel. Dann stieg er die drei Stufen zum Achterdeck hoch, nickte dem Rudergänger am Steuerrad freundlich zu und warf die Angelschnur in das schäumende Kielwasser. Kritisch betrachtete er den oben schwimmenden Köder. »Ich glaube, wir brauchen etwas Gewicht an den Leinen, damit sie unter Wasser bleiben, meinst du nicht auch?« fragte er Toth.
Der Hüne lächelte und nickte.
»Konnten Silk und Urgit sich aufraffen, aus den Federn zu kriechen?« rief ihnen Garion zu.
»Hm?« fragte Durnik abwesend, ohne den Blick von dem leuchtend bunten Köder zu nehmen, der weit hinten im Kielwasser schaukelte.
»Ich fragte, ob Silk und sein Bruder schon aufgestanden sind?«
»Oh – ja, ich glaube, ich habe Geräusche aus ihrer Kabine gehört. Toth, wir brauchen unbedingt etwas zum Beschweren der Schnüre!«
In diesem Augenblick trat auch Belgarath an Deck. Er hatte sich in seinen schäbigen Umhang gehüllt und schaute verdrießlich durch den Regen auf die halbverborgene Küste, die backbords vorbeiglitt, dann stellte er sich an die Mittschiffreling.
Garion schloß sich ihm dort an. »Wie lange, glaubst du, werden wir bis Verkat brauchen, Großvater?« fragte er.
»Etwa zwei Wochen«, antwortete der alte Mann. »Das heißt, wenn das Wetter nicht schlimmer wird. Wir sind tief unten im Süden, und die Zeit der Stürme ist nahe.«
»Es gibt doch einen schnelleren Weg, nicht wahr?« meinte Garion.
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Du erinnerst dich doch, wie wir von Jarviksholm nach Riva gekommen sind. Könnten wir, du und ich, es denn nicht auch jetzt so machen? Die anderen können ja nachkommen.«
»Ich glaube nicht, daß wir das tun sollten. Die anderen sollten bei uns sein, wenn wir Zandramas stellen.«
In plötzlichem Zorn schlug Garion die Faust auf die Reling. »Sollten! Sollten!« rief er. »Es ist mir egal, was wir tun sollten. Ich will meinen Sohn zurück. Ich bin es leid, herumzukriechen, um zu versuchen, all die geschickten kleinen Schlingen der Prophezeiung zu umgehen! Was spricht dagegen, daß wir sie einfach ignorieren und den direkten Weg nehmen?«
Ruhig blickte Belgarath auf die rostfarbenen Klippen, die der Regen wie mit einem dichten Schleier verbarg. »Ich habe es selbst ein paarmal versucht«, gab er zu, »aber es hat nie funktioniert – und gewöhnlich warf es mich bloß zurück. Ich verstehe deine Ungeduld, Garion, und es fällt einem wahrhaftig nicht leicht einzusehen, daß man durch Befolgung der Prophezeiung tatsächlich am schnellsten ans Ziel gelangt, aber irgendwie ergibt es sich immer so.« Er legte die Hand auf Garions Schulter. »Es ist so ähnlich, als grabe man einen Brunnen. Das Wasser ist am Grund, doch man muß oben zu graben anfangen. Ich glaube nicht, daß irgend jemand je fertigbrachte, einen Brunnen von unten auszuheben.«
»Was hat das damit zu tun, Großvater? Ich sehe da keinerlei Verbindung.«
»Du würdest es vielleicht, wenn du eine Weile darüber nachdenkst.«
Durnik kam herbeigerannt. Seine Augen waren wie benommen aufgerissen, und seine Hände zitterten.
»Was ist passiert?« erkundigte sich Belgarath.
»Das war der größte Fisch, den ich je gesehen habe!« rief der Schmied. »Er war so groß wie ein Pferd!«
»Und er ist dir entkommen, nehme ich an?«
»Beim zweiten Sprung hat er meine Angelschnur zerrissen!« Eine besondere Art von Stolz klang aus Durniks Stimme, und seine Augen leuchteten. »Er war wunderschön, Belgarath! Wie von einem Katapult geschossen schnellte er aus dem Wasser, und dann ist er doch tatsächlich auf dem
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