Malloreon 3 - Dämon von Karanda
Liebes, dann habe ich es wohl vergessen.«
»Wann darf ich endlich aufstehen?« fragte Ce'Nedra heftig.
Polgara blickte sie erstaunt an. »Wann immer du willst. Übrigens bin ich gekommen, um dich zu fragen, ob du nicht mit uns frühstücken möchtest.«
Ce'Nedra setzte sich im Bett auf. Ihre Augen wirkten hart wie Stein, als sie Garion mit einem eisigen Blick bedachte – und dann streckte sie ihm die Zunge heraus. Garion wandte sich an Polgara. »Vielen Dank!«
»Sei nicht ironisch, Liebes«, murmelte sie. Sie blickte die wütende kleine Königin an. »Ce'Nedra, sagte man dir als Kind nicht, daß jemandem die Zunge herauszustrecken von allerschlechtesten Manieren zeugt?« Ce'Nedra lächelte honigsüß. »Aber ja, Lady Polgara, natürlich sagte man mir das. Darum tue ich es auch nur unter besonderen Umständen.« »Ich glaube, ich gehe ein bißchen spazieren«, sagte Garion und schloß die Tür hinter sich.
Ein paar Tage später saß er in einem der Wohngemächer des früheren Frauentrakts, in dem er und seine Gefährten untergebracht waren. Es war ein ausgesprochen feminines Gemach mit hellvioletten, weich gepolsterten Möbelstücken und hauchdünnen lila Vorhängen an den breiten Fenstern. Hinter diesen Fenstern lag ein schneebedeckter Garten, ganz eingezäunt von den hohen Flügeln des düsteren murgosischen Hauses. Ein molliges Feuer prasselte unter dem Bogen des Kamins, und in der hinteren Ecke des Gemachs war eine künstliche, doch mit echten Farnen und Moos bewachsene Grotte angelegt, in der ein kleiner Brunnen sprudelte. Grübelnd schaute Garion hinaus in den sonnenlosen Mittag, auf einen fahlgrauen Himmel, der weiße Körner verlor, die weder Schnee noch Hagel, sondern irgendetwas dazwischen waren – und plötzlich war ihm klar, daß er Heimweh nach Riva hatte. Es war merkwürdig, daß ihm das ausgerechnet hier, am anderen Ende der Welt bewußt wurde. Immer zuvor hatte er das Wort »Heimweh« mit Faldors Hof verbunden – der großen Stube, dem Hof mit den Stallungen, Durniks Schmiede und all den anderen lieben, gehegten Erinnerungen. Und nun plötzlich sehnte er sich nach dieser sturmgepeitschten Küste, nach der Sicherheit der grimmigen Festung über der düsteren Stadt und den schneebedeckten Bergen, die sich vom dunklen Himmel abhoben. Ein zaghaftes Klopfen erklang an der Tür.
»Ja?« sagte Garion abwesend, ohne sich umzudrehen.
Schüchtern wurde die Tür geöffnet. »Eure Majestät?« sagte eine verlegene Stimme, die Garion schon einmal gehört hatte.
Er schaute über die Schulter. Der Mann, dem sie gehörte, war dick und kahlköpfig und trug stumpfes, praktisches Braun, was jedoch nicht verbarg, daß der Stoff teuer war, und die schwere Goldkette um seinen Hals verriet stolz, daß er kein kleiner Bürokrat war. Garion kräuselte leicht die Stirn. »Kennen wir uns nicht?« fragte er. »Ah ja, Ihr seid General Atescas Freund…«
»Brador, Eure Majestät«, half ihm der Braungewandete. »Innenminister.«
»O ja, jetzt erinnere ich mich. Tretet ein, Eure Exzellenz.«
»Vielen Dank, Eure Majestät.« Brador kam ins Gemach und streckte die Hände über das Kaminfeuer. »Schreckliches Klima.« Er schauderte. »Ihr habt noch keinen Winter in Riva erlebt«, sagte Garion. »Allerdings ist es dort jetzt Sommer.«
Brador schaute aus dem Fenster auf den schneebedeckten Garten. »Seltsamer Ort, dieses Cthol Murgos. Man neigt dazu anzunehmen, daß alles Murgosische mit voller Absicht häßlich ist, und dann stößt man auf ein Gemach wie dieses.«
»Ich nehme an, die äußere Häßlichkeit diente dazu, Ctuchik und Taur Urgas zu befriedigen«, meinte Garion. »Im Grund genommen sind die Murgos wahrscheinlich gar nicht so viel anders als wir.«
Brador lachte. »Diese Art von Denken gilt in Mal Zeth als ketzerisch.«
»Die Leute von Val Alorn sind ähnlicher Meinung.« Garion blickte den Bürokraten an. »Ich nehme nicht an, daß Ihr mir nur einen Höflichkeitsbesuch abstattet, Brador. Was habt Ihr auf dem Herzen?«
»Eure Majestät«, antwortete Brador ernst. »Ich muß unbedingt mit dem Kaiser sprechen. Atesca versuchte es mir zu ermöglichen, ehe er nach Rak Verkat zurückkehrte, aber…« Er spreizte hilflos die Hände. »Könntet Ihr vielleicht mit dem Kaiser darüber sprechen? Die Sache ist von allergrößter Dringlichkeit!«
»Ich fürchte, daß ich nicht viel für Euch tun kann, Brador«, bedauerte Garion. »Im Augenblick dürfte ich der letzte sein, den er sehen möchte.« »Oh?« »Ich
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