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Malloreon 5 - Seherin von Kell

Malloreon 5 - Seherin von Kell

Titel: Malloreon 5 - Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Freude, als sie die prophetischen Worte zum erstenmal gelesen hatte: »Sehet: das Kind der Finsternis wird über alle anderen erhoben und vom Licht der Sterne erleuchtet werden.« Aber dieses Licht der Sterne war kein Glorienschein, kein Strahlenkranz. Das Licht war eine schleichende Krankheit, die sich Zoll um Zoll in ihr ausbreitete. Doch waren es nicht nur die wirbelnden Lichtpunkte, die angefangen hatten, sich ihrer zu bemächtigen. Ihre Gedanken, ihre Erinnerungen, ja, sogar ihre Träume waren immer weniger ihre eigenen. So oft erwachte sie schreiend aus einem Traum, der ständig wiederkehrte. Sie schien körperlos und gleichgültig in einer unbeschreiblichen Leere zu hängen und völlig unbeteiligt zuzusehen, wie ein riesiger Stern sich auf seiner Bahn drehte und leicht schwankte, wie er anschwoll und immer röter glühte, während er erbebend seiner unvermeidlichen Auslöschung entgegenschwankte. Dieses unregelmäßige Schwanken des exzentrischen Sterns war nicht wirklich beunruhigend, bis es zusehends stärker wurde. Da verspürte die in der Leere schwebende körper- und geschlechtslose Wesenheit zunächst einen Hauch Interesse, dann wachsenden Schrecken. Das war falsch! So war es nicht beabsichtigt! Und schließlich passierte es. Der rote Riese explodierte an einer Stelle, wo es nicht zur Explosion hätte kommen dürfen, und weil dies die verkehrte Stelle war, wurden auch andere Sterne davon betroffen. Eine ungeheure, anschwellende Kugel brennender Energie griff nach außen, verleibte sich Sonne um Sonne ein, bis eine explodierte. Die Wesenheit in dieser Leere verspürte einen entsetzlichen Ruck in sich, als die Galaxis explodierte, und einen Augenblick lang schien sie an mehr als nur einem Ort zu existieren. Und dann war sie nicht mehr eins. »Das darf nicht sein!« sagte die Wesenheit mit lautloser Stimme.
    »Wahrlich«, entgegnete eine andere lautlose Stimme.
    Und das war das Entsetzen, das Zandramas Nacht für Nacht in ihrem Bett aufschreckte und sie schreiend erwachen ließ – dieses Gefühl einer anderen Gegenwart, wo sich zuvor stets die vollkommene hehre Einsamkeit ewiger Einheit befunden hatte.
    Das Kind der Finsternis versuchte, diese Gedanken – Erinnerungen, vielleicht – zu verdrängen. Jemand klopfte an die Tür ihres Gemachs, und sie zog rasch die Kapuze ihres Grolimgewands über den Kopf, um ihr Gesicht zu verbergen. »Ja?« rief sie barsch.
    Die Tür öffnete sich, und der Erzpriester des Tempels trat ein. »Naradas ist abgereist, heilige Seherin«, meldete er. »Ihr wolltet es wissen.« »Gut«, sagte sie stumpf.
    »Ein Bote ist aus dem Westen eingetroffen«, fuhr der Erzpriester fort. »Er berichtet, daß ein westlicher Grolim, ein Hierarch, an der kahlen Westküste von Finda an Land gegangen ist und sich nun durch Dalasien auf Kell zubewegt.«
    Plötzlich verspürte Zandramas eine Spur Befriedigung. »Willkommen in Mallorea, Agachak«, schnurrte sie fast. »Ich habe auf dich gewartet.«
    Es war nebelig an diesem Morgen an der Südspitze der Insel Verkat, aber Gart war Fischer und vertraut mit diesen Gewässern. Er ruderte schon im Morgengrauen hinaus und steuerte hauptsächlich nach dem Geruch des Landes hinter ihm und dem Gefühl, das ihm die Strömung vermittelte. Hin und wieder hörte er zu rudern auf, um sein Netz einzuziehen und die zappelnden Fische in den Kasten unter seinen Füßen zu leeren. Dann warf er das Netz aufs neue aus und ruderte weiter.
    Es war ein schöner Morgen zum Fischen. Der Nebel störte Gart nicht. Es waren auch andere Boote ausgefahren, das wußte er, aber der Nebel erweckte den Eindruck, als hätte er das Meer ganz für sich allein, und das gefiel Gart.
    Der leicht veränderte Zug der Strömung an seinem Boot warnte ihn. Hastig zog er die Riemen ein, beugte sich vor und läutete die Glocke, die im Bug befestigt war, um das näherkommende Schiff auf ihn aufmerksam zu machen.
    Und dann sah er es. Ein solches Schiff war Gart noch nie untergekommen. Es war lang und gewaltig und schmal. Das hohe Bugspriet war kunstvoll geschnitzt. Dutzende von Riemen trieben es zischend durch das Wasser. Es bestand kein Zweifel, zu welchem Zweck dieses Schiff erbaut war. Gart erschauderte, als dieses unheildrohende Ungeheuer an ihm vorüberfuhr.
    Nahe dem Heck lehnte sich ein hünenhafter Rotbärtiger in Kettenrüstung über die Reling. »Guter Fang?« rief er Gart zu.
    »Es geht so«, antwortete Gart vorsichtig. Er wollte ein Schiff mit so großer Besatzung nicht ermutigen,

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