Malloreon 5 - Seherin von Kell
damit ich ihrem Befehl gehorchen kann.«
»Daran wirst du noch zu beißen haben, Zakath«, sagte Silk spöttisch. »Gehorsam ist für jemanden in deiner Stellung ja schon fast unvorstellbar.«
»Er kann einem ganz schön auf die Nerven gehen, nicht wahr?« wandte Zakath sich an Garion. »Ist mir nicht entgangen.«
»Aber Majestäten!« Sammet machte große Unschuldsaugen. »Wie könnt ihr nur so was sagen!« »Stimmt es etwa nicht?« fragte Zakath anzüglich.
»Natürlich, aber es ist nicht nett, es laut auszusprechen!«
Silk verzog gekränkt das Gesicht. »Möchtet ihr, daß ich mich entferne, damit ihr euch ungestört über mich auslassen könnt?« »Das ist nicht nötig, Kheldar«, versicherte ihm Sammet und zeigte ihre Grübchen beim Lächeln.
Am Nachmittag erfuhren sie kaum mehr, und die Zeitvergeudung machte sie alle reizbar. »Vielleicht sollten wir deinen Vorschlag tatsächlich aufgreifen«, sagte Garion nach dem Abendessen zu Zakath. »Wie wär's, wenn wir gleich morgen früh diesen Dallan aufsuchen? Wir sagen ihm unverhohlen, daß du von Cyradis erwartet wirst. Ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir die Dinge ein bißchen ins Rollen bringen.« »Stimmt«, bestätigte Zakath.
Dallan erwies sich jedoch nicht ansprechbarer als alle übrigen Bürger von Kell. »Habt Geduld, Kaiser von Mallorea«, riet er ihm. »Die heilige Seherin wird zur gegebenen Zeit zu Euch kommen.« »Und wann ist das?« fragte Garion barsch.
»Cyradis weiß es, und nur das ist wirklich wichtig, nicht wahr?«
»Wenn er nicht so alt und tattrig wäre, würde ich schon ein paar Antworten aus ihm herausschütteln«, brummte Garion, als er und Zakath zum Haus zurückspazierten.
»Wenn das noch länger so weitergeht, bin ich imstande, sein Alter und seine Gebrechlichkeit zu vergessen«, knirschte Zakath. »Ich bin es nicht gewohnt, daß man meinen Fragen auf diese Weise ausweicht.«
Sammet und Ce'Nedra näherten sich dem Haus aus der entgegengesetzten Richtung, als Garion und Zakath die Freitreppe erreichten. Die beiden jungen Frauen eilten herbei, Ce'Nedra mit triumphierender Miene.
»Ich glaube, wir konnten endlich etwas Nützliches herausfinden«, sagte Sammet. »Gehen wir hinein, damit wir es gleich allen erzählen können.«
Sie versammelten sich in dem Kuppelgemach, und das blonde Mädchen berichtete. »Es ist nichts wirklich Handfestes«, gab sie zu, »aber ich fürchte, Genaueres bringen wir aus diesen Leuten nicht heraus. Heute vormittag sind Ce'Nedra und ich zu dem Haus zurückgekehrt, in dem diese jungen Frauen arbeiten. Sie webten alle, und das ist eine Beschäftigung, bei der man dazu neigt, etwas weniger wachsam als sonst zu sein. Jedenfalls war Onatel, das Mädchen mit den großen Augen, nicht dort, und Ce'Nedra hat ihre hohlköpfigste Miene aufgesetzt…« »Habe ich nicht!« empörte sich Ce'Nedra.
»Hast du doch, und du hast es großartig gemacht. Wißt ihr«, wandte Liselle sich an die anderen, »sie stand da mit großen Unschuldsaugen und fragte die Mädchen, wo denn unsere ›liebe Freundin‹ sei, und da ist einer etwas über die Lippen gerutscht, was sie wahrscheinlich nicht hätte sagen sollen. Sie antwortete, daß Onatel befohlen worden war, bei den Sehern zu bedienen. Ce'Nedras Blick wurde noch einfältiger, und sie fragte, wo das denn sei. Niemand antwortete ihr, aber eine blickte auf den Berg.«
»Es läßt sich ja gar nicht verhindern, auf den Berg zu blicken!« brummte Silk abfällig. »Ich glaube nicht, daß das so aufschlußreich ist, Liselle.«
»Das Mädchen webte, Kheldar. Ich habe ein paarmal gewebt und weiß, daß man da die Augen nicht von der Arbeit abwenden darf. Sie aber hat auf Ce'Nedras Frage hin auf den Berg geblickt und dann erschrocken zurück zum Webstuhl. Auch ich war auf der Akademie, Silk, und kann in anderen fast ebensogut lesen wie du. Das Mädchen hätte es genausogut hinausbrüllen können. Die Seher sind irgendwo oben auf diesem Berg.«
Silk runzelte die Stirn. »Sie hat wahrscheinlich recht, wißt ihr«, gab er zu. »Das ist etwas, worauf in der Akademie großer Wert gelegt wird. Wenn man weiß, wonach man sucht, sind Gesichter offene Bücher.« Er straffte die Schultern. »Na also, Zakath, es sieht ganz so aus, als würden wir diesen Berg früher als erwartet erklimmen.« »Schlag dir das aus dem Kopf, Kheldar«, sagte Polgara fest. »Du könntest dein halbes Leben in diesen Gletschern herumsteigen und die Seher doch nicht finden.« »Hast du eine bessere
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