Malloreon 5 - Seherin von Kell
daß laut zu sprechen kaum nötig war.
»Es ist eine gespenstische Stadt, findest du nicht?« fragte Zakath. »Ich bin nicht an Städte gewöhnt, wo niemand etwas tut.« »Oh, sie tun durchaus etwas.«
»Du weißt schon, was ich meine. Es gibt keine Läden, und man sieht niemanden auch nur die Straßen kehren.«
»Ja, das ist wohl ein bißchen merkwürdig«, gestand ihm Garion zu. »Noch eigenartiger finde ich jedoch, daß wir seit unserer Ankunft noch nicht einen Seher bemerkt haben. Ich dachte, die seien hier zu Hause.« »Vielleicht gehen sie nicht auf die Straße.« »Das wäre natürlich möglich.«
Auf ihrem Morgenspaziergang erfuhren sie nicht viel. Sie versuchten zwar hin und wieder ein Gespräch mit einem der weißgewandeten Bürger anzuknüpfen, doch so ausnahmslos höflich die Dalaser auch waren, trugen sie selbst wenig zur Unterhaltung bei. Sie beantworteten Fragen, aber das war schon fast alles.
»Zum aus der Haut fahren, nicht wahr?« sagte Silk, als er und Sadi ins Haus zurückkehrten. »Ich bin noch nie im Leben so vielen Leuten begegnet, die absolut nicht am Plaudern interessiert waren. Nicht einmal über das Wetter wollte sich irgend jemand auslassen.« »Hast du zufällig gesehen, wohin Ce'Nedra und Liselle gegangen sind?« fragte ihn Garion.
»Irgendwohin zum anderen Ende der Stadt, glaube ich. Ich nehme an, sie kommen zurück, wenn die Mädchen uns das Mittagessen bringen.«
Garion schaute die anderen an. »Habt ihr irgendeinen Seher bemerkt?«
»Sie sind nicht hier«, antwortete Polgara. Sie saß am Fenster und besserte einen von Durniks Kitteln aus. »Eine alte Frau hat mir gesagt, daß sie an einem eigenen Ort leben, nicht in der Stadt.« »Wie ist es dir gelungen, ihr diese Antwort zu entlocken?« fragte Silk.
»Ich ging direkt vor. Man muß die Dalaser ein wenig anstoßen, wenn man eine Auskunft haben will.«
Wie Silk vorhergesagt hatte, kehrten Sammet und Ce'Nedra mit den Mädchen zurück, die ihnen das Mahl brachten.
»Du hast eine kluge Frau, Belgarion«, sagte Sammet, nachdem die Dalaserinnen gegangen waren. »Jeder mußte glauben, sie hätte nicht ein Fünkchen Verstand. Den ganzen Morgen hat sie geplappert.« »Geplappert?« entrüstete sich Ce'Nedra. »Hast du etwa nicht geplappert?«
»Na ja, schon, aber ›plappern‹ ist gar nicht schmeichelhaft.«
»Ich vermute, es hat einen Grund dafür gegeben?« Sadi blickte die beiden jungen Frauen fragend an.
»Natürlich«, versichert ihm Ce'Nedra. »Mir wurde ziemlich rasch klar, daß diese Mädchen nicht sehr gesprächig sein würden, folgedessen ließ ich kein Schweigen aufkommen. Nach einer Weile sind sie ein bißchen aufgetaut. Ich habe geredet, damit Liselle ihre Gesichter beobachten konnte. Es funktionierte recht gut, fand ich.« »Habt ihr etwas aus ihnen herausgebracht?« erkundigte Polgara sich.
»Nichts Genaues«, antwortete Sammet, »nur ein paar Andeutungen. Aber ich glaube, daß wir heute nachmittag ein wenig mehr erfahren werden.«
Ce'Nedra schaute sich um. »Wo ist Durnik?« fragte sie. »Und Eriond?«
»Wo glaubst du wohl?« entgegnete Polgara seufzend.
»Wo haben sie denn ein Gewässer gefunden?«
»Durnik kann es meilenweit riechen«, Polgaras Stimme klang resigniert, »obendrein kann er sagen, welche Fische es dort gibt, wie viele, und wahrscheinlich könnte er sogar noch ihre Namen aufzählen.«
»Soviel habe ich mir aus Fisch nie gemacht«, brummte Beldin. »Ich glaube, Durnik auch nicht, Ohm.« »Warum vergeudet er dann seine Zeit damit?«
Sie spreizte die Hände. »Wie sollte ich das wissen. Die Beweggründe eines Anglers sind mir rätselhaft. Aber da ist eines…« »Ja? Was denn?«
»Du hast schon ein paarmal gesagt, daß du dich eingehend mit ihm unterhalten möchtest.« »Möchte ich auch.«
»Dann lerne angeln. Anders wirst du ihn wahrscheinlich nie so lange an einem Flecken halten können.«
»Hat Cyradis etwas ausrichten lassen?« erkundigte sich Garion.
»Es hat sich niemand sehen lassen«, antwortete Beldin.
»Wir haben wirklich keine Zeit für einen längeren Aufenthalt hier«, sagte Garion ungeduldig.
»Vielleicht könnte ich aus irgend jemandem eine Antwort herauskitzeln«, erbot sich Zakath. »Cyradis hat mir befohlen, hierher zu ihr zu kommen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, daß ich das gerade gesagt habe. Seit ich acht war, hat mir niemand mehr etwas befohlen. Aber du weißt ja, was ich meine. Ich könnte darauf beharren, daß mich jemand zu ihr bringt,
Weitere Kostenlose Bücher