Malloreon 5 - Seherin von Kell
Ahnung, wo sie an Land gegangen ist. Sie hat vermutlich auch nicht diesen Weg genommen, also kann das Auge sie hier nicht aufspüren, während sie die Kraft des Auges wahrnehmen würde, dessen bin ich sicher. Sie könnte dadurch auf unsere Anwesenheit aufmerksam werden. Außerdem befindet sich auch der Sardion in diesem Teil der Welt. Wir wollen ihn lieber noch nicht wecken.«
»Du könntest deinen Freund, den Baron, fragen«, schlug Silk vor. »Wenn sie hier ist, hat er vielleicht von ihr gehört.«
»Das bezweifle ich«, widersprach Belgarath. »Sie hat sich bisher immer viel Mühe gegeben, unbemerkt zu bleiben.«
»Das stimmt«, gab Silk zu. »Und ich glaube, daß sie sich jetzt noch mehr Mühe geben wird, denn sie dürfte einige Schwierigkeiten haben, die Lichtpünktchen unter ihrer Haut zu erklären.«
»Warten wir, bis wir in Dal Perivor sind«, beschloß Belgarath. »Ich möchte mir erst ein Bild machen, ehe wir etwas Unwiderrufliches tun.«
»Glaubst du, daß es etwas nützen würde, Cyradis zu fragen?« flüsterte Garion und blickte rasch über die Schulter zu der Seherin in der prächtigen Kutsche, die der Baron für die Damen zur Verfügung gestellt hatte.
»Nein«, antwortete Belgarath. »Sie darf uns bestimmt nicht antworten.«
»Ich finde, daß ein Punkt zu unserem Vorteil ist«, sagte Silk nachdenklich. »Cyradis wird die Wahl treffen, und die Tatsache, daß sie mit uns reist, nicht mit Zandramas, ist doch ein gutes Zeichen, meint ihr nicht?«
»Nein«, entgegnete Garion. »Ich glaube nicht, daß sie mit uns reist, sondern daß sie dabei ist, um Zakath im Auge zu behalten. Er ist für etwas sehr Wichtiges bestimmt, und sie möchte nicht, daß er aus der Reihe tanzt.«
Silk brummelte etwas zu sich, dann wandte er sich an Belgarath: »Wo wollt Ihr mit der Suche nach dieser Karte anfangen, die Ihr finden sollt?«
»In einer Bibliothek wahrscheinlich«, antwortete der alte Mann. »Die Karte ist ein weiteres dieser ›Rätsel‹, und ich hatte einigen Erfolg, die anderen in Bibliotheken zu finden. Garion, versuch doch, ob du den Baron dazu überreden kannst, uns zur Königsburg mitzunehmen. Hofbibliotheken sind gewöhnlich die vollständigsten.« »Mache ich«, versprach Garion.
»Ich möchte mir ohnehin diesen Hexer ansehen. Silk, hast du ein Kontor in Dal Perivor?«
»Leider nicht, Belgarath. Es gibt hier nichts, was einen Handel wert wäre.«
»Nicht so schlimm. Du bist ein Kaufmann, und gewiß gibt es auch in dieser Stadt Kaufleute. Laß dir was Geschäftliches einfallen. Sag ihnen, du möchtest nach den günstigsten Schiffahrtswegen sehen. Studier jede Karte, an die du herankommst. Du weißt, wonach wir suchen.« »Du schwindelst, Belgarath!« knurrte Beldin.
»Wie meinst du das?«
»Cyradis hat dir gesagt, daß du die Karte finden sollst.«
»Ich übertrage nur die Verantwortung, Beldin. Das ist durchaus zulässig.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie es so sehen wird.«
»Ihr könnt es ihr erklären. Ihr seid viel wortgewandter als ich.«
Sie reisten in bequemen Etappen, mehr, um die Pferde zu schonen, wie Garion vermutete, als aus sonst einem Grund. Die Pferde von Perivor waren nicht sonderlich groß und mußten sich mit dem Gewicht der Männer in Panzerrüstung sehr plagen. So dauerte es mehrere Tage, bis sie von einer Hügelkuppe aus die Hafenstadt unter sich liegen sahen, die Perivors Hauptstadt war.
»Dies ist Dal Perivor«, erklärte der Baron, »die Krone und das Herz der Insel.«
Garion erkannte sogleich, daß die schiffbrüchigen Arendier, die es vor zweitausend Jahren auf die Insel verschlug, große Anstrengungen unternommen hatten, Vo Mimbre nachzubauen. Die Stadtmauern waren hoch und dick und gelb, und von den Türmen dieser Mauern flatterten bunte Fähnchen.
»Woher stammt dieser gelbe Stein, Baron?« erkundigte sich Zakath. »Ich habe auf der Reise hierher nirgendwo solches Gestein gesehen.«
Der Baron hüstelte fast ein wenig verlegen. »Die Mauern sind getüncht, Herr Ritter«, erklärte er. »Warum in aller Welt?«
»Um uns als Gedenken an Vo Mimbre zu dienen«, antwortete er fast traurig. »Unsere Vorfahren hatten Heimweh nach Arendien. Vo Mimbre ist die Perle der Heimat unserer Vorväter, und ihre goldenen Mauern sprechen über viele Meilen hinweg zu unserem Blut.« »Ah!« sagte Zakath.
»Wie ich Euch versprach, Herr Ritter«, wandte der Baron sich an Garion, »werde ich Euch und Eure Gefährten gern mit in die Burg nehmen und dem König vorstellen,
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