Malloreon 5 - Seherin von Kell
Euren Gefährten zusehen, wie Ihr eine geziemende Bestrafung durchführt.«
»Es wäre uns eine Ehre, Baron«, versicherte ihm Zakath.
»Nun denn, meine Herren Ritter, so sollt ihr wissen, daß ich und andere Edelleute morgen zum Königsschloß in Dal Perivor reisen, um dort an dem großen Turnier teilzunehmen, das Seine Majestät der König anberaumt hat, um Streiter des Königreichs auszuwählen, deren Aufgabe es sein wird, ein bestimmtes, immer wiederkehrendes Problem zu beheben, das uns zu schaffen macht. Wisset außerdem, daß durch jahrhundertealte Sitte während dieser Zeit aller Zwist und alle Mißverständnisse in Achtung eines allgemeinen Waffenstillstands ruhen müssen und wir deshalb mit einer völlig ungestörten Reise gen Westen rechnen dürfen. Würdet Ihr mir die Ehre geben, Euch uns mit Euren Gefährten anzuschließen?«
»Baron«, Garion verbeugte sich mit einem leichten Knarren seiner Panzerrüstung, »nichts könnte uns willkommener sein. Und nun, wenn Ihr gestattet, ziehen wir uns zurück, um unsere Vorbereitungen zu treffen.«
Während Garion und Zakath durch den langen Korridor zurückschritten, klangen die Krallen der Wölfin fast metallisch auf dem Boden. »Ich bin erfreut«, sagte sie. »Das habt ihr gar nicht so übel gemacht – für zwei Welpen.«
12
P erivor erwies sich als malerische Insel mit sanften smaragdgrünen Hügeln, auf denen Schafe weideten, und mit dunkler fruchtbarer Erde, wo das Getreide üppig in schnurgeraden Reihen wuchs. Baron Asteilig blickte sich nicht ohne Stolz um. »Es ist ein schönes Land«, sagte er, »wenngleich gewiß nicht so schön wie das ferne Arendien.«
»Mich dünkt, Baron, Ihr wärt von Arendien ein wenig enttäuscht«, meinte Garion. »Das Land ist schön, doch das Königreich von Fehden zerrissen, und das Elend der Leibeigenen rührt am Herzen.« »Gibt es dort immer noch Leibeigenschaft? Wie schrecklich! Bei uns wurde sie vor vielen Jahrhunderten abgeschafft.« Das überraschte Garion ein wenig.
»Das Volk, das allein auf dieser Insel lebte, ehe wir kamen, sind sanfte Menschen, und unsere Vorväter fanden Gattinnen unter ihnen. Zunächst hielten wir diese einfachen Leute als Leibeigene, wie es in Arendien immer üblich war. Doch unsere Ahnen erkannten dies bald als grobe Ungerechtigkeit, da die Leibeigenen unsere Anverwandten durch Heirat waren.« Der Baron runzelte leicht die Stirn. »Beeinträchtigen diese Fehden, die Ihr erwähnt habt, das Land unserer Vorväter sehr?«
Garion seufzte. »Es gibt einen Hoffnungsschimmer, daß sie nachlassen werden, Baron. Drei große Herzogtümer bekriegten einander jahrhundertelang, bis schließlich eines – Mimbre – die nominelle Herrschaft errang. Doch Rebellion gärt unentwegt unter der Oberfläche. Obendrein finden die Barone von Südarendien ständig die lächerlichsten Gründe, blutige Kriege zu führen.« »Kriege? Wahrlich? Zu dergleichen kommt es auch hier auf Perivor, doch ist es uns gelungen, die Auseinandersetzungen in eine Form zu bringen, daß nur wenige den Tod erleiden.« »Welche Form, Baron?«
»Nun, Meinungsverschiedenheiten werden gewöhnlich durch Turniere geschlichtet.« Der Baron lächelte. »Ich weiß sogar von so einigen Auseinandersetzungen, die von den scheinbaren Gegnern vorgetäuscht wurden, lediglich solcher Turniere wegen, die bei Edelleuten und Bürgern gleichermaßen beliebt sind.« »Wie ungemein zivilisiert, Baron«, lobte Zakath.
Garion wurde es allmählich müde, auf diese umständliche Weise zu reden. Er bat den Baron, ihn zu entschuldigen, und bediente sich der Ausrede, sich mit seinen Gefährten besprechen zu müssen. So wartete er, bis ihn die anderen eingeholt hatten, und unterhielt sich mit ihnen.
»Wie kommst du mit dem Baron zurecht?« erkundigte sich Silk.
»Recht gut. Die Mischehen mit den Dalasiern haben manche unangenehme arendische Eigenheit ausgemerzt.« »Welche beispielsweise?«
»Verbohrtheit und Dummheit. Auch haben sie die Leibeigenschaft abgeschafft, und sie lassen Auseinandersetzungen gar nicht erst zum Krieg auswachsen, sondern schlichten sie durch Turniere.« Garion blickte auf den vor sich hin dösenden Belgarath. »Großvater.« Belgarath öffnete die Augen.
»Glaubst du, daß es uns gelungen ist, vor Zandramas hier zu sein?« »Das läßt sich unmöglich mit Gewißheit sagen.« »Ich könnte das Auge wieder einsetzen.«
»Es ist wahrscheinlich besser, wenn du das vorerst noch läßt. Falls sie auf der Insel ist, haben wir keine
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