Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
James. »Sie haben meiner geliebten Nichte geholfen, die zugleich die beste Freundin meiner Tochter ist. Wenn Sie je etwas brauchen, Katey Tyler, egal, was es ist, können Sie auf mich zählen.«
Katey zweifelte keine Sekunde daran, dass er es so meinte und dass sein »Egal, was es ist« auch Dinge am Rande der Legalität einschloss.
Nachdem James' Gemahlin »George« sich ebenfalls bei ihr bedankt hatte, lauschte Katey den Gesprächen zwischen ihnen noch ein wenig und kam schnell zu der Überzeugung, dass Fremde sich vor James Malory durchaus in Acht nehmen mussten, während Freunde und Familie nichts von ihm zu befürchten hatten. Da sie nun allem Anschein nach zur ersten Gruppe gehörte, verpuffte ihre anfängliche Angst vor ihm.
Wie sich herausstellen sollte, gab es noch eine Person, die mit James und seiner Familie eingetroffen war, sich aber ein wenig Zeit damit gelassen hatte, den Salon zu betreten. Unglücklicherweise war es dieser Person gelungen, sich hinter Katey zu schleichen. Wenn sie doch nur jemand gewarnt hätte, hätte sie sich nicht zum Narren gemacht. »Mrs. Tyler?«
Katey schoss herum und blickte niemand anderem als Boyd Anderson ins Gesicht. Ehe sie wusste, was sie tat, hörte sie sich sagen: »Wenn das nicht der Mann ist, der aus Unschuldigen gern mal Kriminelle macht. Es ist eine Schande, dass eine so nette Familie wie die Malorys einen Schuft wie Sie zu Ihren Verwandten zählen müssen.«
Sichtlich beschämt antwortete Boyd: »Ich bin gekommen, um mich bei Ihnen zu entschuldigen.«
»Entschuldigung abgelehnt«, antwortete sie unterkühlt. »Und jetzt hinfort mit Ihnen.«
»Bitte …«
»Mir scheint, Sie sind nicht nur dumm, sondern auch taub?«, fiel sie ihm wutschnaubend ins Wort. »Lassen Sie sich eins gesagt sein, Sie Monstrum. Selbst wenn Sie vor mir auf den Knien herumrutschen, würde das nichts ändern. Sie, Sir, sind und bleiben ein ausgemachter und hirnverbrannter Idiot!«
Im nächsten Moment sank er mit Tränen in den Augen auf die Knie und wollte nach ihrer Hand greifen. Aber Katey war schneller. Schnaubend griff sie nach ihrer Pistole und schoss auf ihn. Sie hatte ihn verfehlt, weidete sich aber an seinem verängstigten Gesichtsausdruck.
Sehr zu Kateys Bedauern spielte sich die Szene lediglich in ihrer Fantasie ab und nicht in einem Raum mit einem Dutzend Zeugen.
Doch Boyd hatte eine Überraschung in petto.
Katey schoss herum und hielt vor lauter Erstaunen den Atem an. Wie elegant er gekleidet war. Kein Vergleich zu seiner Seemannskluft. Er trug einen edel schimmernden Frack aus schwerem schwarzem Tuch, der sich wie eine zweite Haut um seine breiten Schultern schmiegte, und dazu eine weiße, eng sitzende Halsbinde aus Spitze. Die braunen Locken mit den goldenen Strähnen trug er, wie es Mode war, einen Hauch zerzaust. Aber es war nicht sein imposantes Erscheinungsbild, das dafür sorgte, dass es ihr den Atem verschlug. Nein, vielmehr schnellte ihre Selbstschutzfunktion an die Oberfläche und sorgte dafür, dass sie ihn mit den Worten anfuhr: »Wagen Sie es ja nicht, das Wort an mich zu richten, und kommen Sie mir um Himmels willen nicht zu nahe. Ich …«
Anschließend wandte sie sich Sir Anthony zu, der mit fragendem Blick von ihr zu Boyd und wieder zurück sah. Katey spürte, wie ihr die Röte in die Wangen kroch, als sie gewahr wurde, dass die Malorys gerade mit angehört hatten, wie sie einen aus ihren Reihen unglimpflich beschimpft hatte. Es war höchste Zeit, sich zu verabschieden.
»Ich bin untröstlich, aber ich fürchte, ich muss mich jetzt verabschieden«, sagte sie, an ihren Gastgeber gewandt. »Aber nicht, ohne Ihnen für Ihre ausgeprägte Gastfreundschaft zu danken.«
Katey gab Sir Anthony keine Gelegenheit, ihr zu antworten, sondern rauschte umgehend in Richtung Tür, wo sie nur so lange stehen blieb, wie es nötig war, Judith in die Arme zu nehmen und ihr zuzuflüstern: »Ich komme vor meiner Abreise noch einmal vorbei, versprochen, aber jetzt kann ich unmöglich noch länger bleiben.«
Als sie die Haustür erreicht hatte, holte Boyd sie ein und legte ihr die Hand auf den Arm. »Katey, Sie müssen mir die Chance einräumen, es Ihnen zu erklären.«
»Nehmen Sie die Hand von mir!«, zischte sie und starrte seine Finger an. Erst als er ihrem Wunsch nachkam, sagte sie zu ihm: »Ich muss gar nichts, außer Sie zu ignorieren, was mir nicht sonderlich schwerfallen dürfte.«
»Wenn Sir mir nur eine Minute Ihr Gehör schenken würden, dann …«
»So, wie
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