Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
durchquerte auch Judith mit hastigen Schritten den Salon, aber nicht wegen des Mannes, sondern um das Mädchen, das mit seinen Eltern gekommen war, in die Arme zu schließen, ehe sie es zur Seite zog und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
Die Frau, die mit ihnen gekommen war – auch sie war von so atemberaubender Schönheit, dass Katey es kaum fassen konnte –, bahnte sich nun den Weg durch den Raum, wobei sie jedes Familienmitglied einzeln umarmte, als hätte sie sie seit Monaten nicht mehr gesehen. Vielleicht ist genau das der Fall, dachte Katey, als sie hörte, wie Anthony den blonden Mann namens James befragte.
»Wie ist die Reise verlaufen?«, erkundigte er sich. »Ist es euch gelungen, Drew zu finden?«
»Ja, und Gabrielle Brooks war bei ihm, genau wie wir es uns gedacht haben. Als wir erfuhren, dass sie das Kommando über das Schiff übernommen hat, konnten wir es erst gar nicht glauben.«
»Sie hat es ihm entwendet? Wie?«
»Sie hatte Schützenhilfe von der Mannschaft ihres Vaters, die ihm treu ergeben war. Und sie war verzweifelt. Sie haben ihr erzählt, dass ihr Vater von rüpelhaften Piraten gefangen gehalten würde, die einst seine Verbündeten gewesen waren.«
»Aber warum musste sie gleich sein Schiff in ihre Gewalt bringen? Drew und sie haben doch viel Zeit in London verbracht«, warf Anthony ein. »Da hätte sie ihn doch einfach fragen können, ob er sie in die Karibik bringt.«
»Hast du etwa den Skandal um Gabby vergessen, der kurz vorher aufgeflammt ist?«, fragte James' Gemahlin Anthony. »Da Drew im Zentrum desselben stand, ist es kaum verwunderlich, dass sie nur wenig Lust hatte, ihn um einen Gefallen zu bitten.«
»Ein wütendes Weib mit den richtigen Mitteln, sich zu rächen«, sagte Anthony mit einem breiten Feixen. »Verstehe.«
»Dacht ich's mir«, erwiderte James trocken. »Als wir eintrafen, hatten die beiden längst wieder Frieden geschlossen.«
»Mit anderen Worten, Drew musste gar nicht gerettet werden?«
»Du hast es erfasst. Im Gegensatz zu Gabbys Vater. Ihn aus dem Piratennest zu befreien, war ein ziemlicher Kampf. Tut mir leid, dass dir das entgangen ist, Bruderherz. Du hättest deinen Spaß gehabt.«
»Habt Ihr Drew mitgebracht?«, wollte Roslynn wissen.
»Nein, er bleibt noch eine Weile in der Karibik. Stellt euch vor, noch vor unserer Abreise haben die beiden Hochzeit gefeiert.«
Anthony lachte. »Jetzt sag bloß nicht, es gibt noch mehr Piraten in deiner Familie?« Diese Bemerkung brachte ihm einen funkelnden Blick von dem blonden Hünen ein. Im selben Moment änderte Katey ihre Meinung noch einmal. Dieser Mann konnte gefährlich sein, und wie. Ein Glück nur, dass Blicke nicht töten konnten.
»Sei nicht so gemein, das ist jetzt auch deine Familie«, antwortete James.
Anthony war entweder sehr mutig oder ihm entging schlichtweg der düstere Blick des anderen Mannes, denn er sagte mit einem breiten Grinsen: »Da bin ich leider anderer Meinung, alter Mann. Du bist derjenige, der fünf barbarische Schwager hat.«
»Und unser angeheirateter Neffe ist einer davon«, betonte James.
»Verdammtes Kanonenrohr, vergiss ihn«, brummte Anthony, ehe er den Arm um die breiten Schultern seines Bruders legte, um James in Kateys Richtung zu führen. »Komm mit, dann stelle ich dir Judiths Heldin vor. Hast du gehört, was passiert ist? Ich weiß, dass Judith nach ihrer Rückkehr jeden Tag bei Jack war.«
»Wir waren kaum durch die Tür, da hat sie uns in zehn Sekunden auf den Stand der Dinge gebracht. Du weißt ja, dass sie ohne Punkt und Komma reden kann, wenn sie aufgeregt ist.«
»O ja.« Anthony verdrehte die Augen. »Judy ist genauso.
Von mir hat sie diese Angewohnheit nicht. Ich schwöre, dass ich in ihrem Alter nicht so erregbar war.«
»Wir waren aber auch keine Mädchen«, erwiderte James und wackelte mit den Augenbrauen. Mit weitaus ernsterem Unterton fügte er hinzu: »Tut mir leid, dass ich nicht da war, um euch zu helfen, Tony.«
»Gräm dich nicht, alter Mann. Dein Sohn und dein Schwager haben dich würdig vertreten. Da die Sache ausgestanden ist, gibt es keinen Grund mehr, sich zu prügeln.«
Als sie vor Katey stehen blieben, machte Anthony die beiden miteinander bekannt. Wenngleich James Malory nur wenige Zentimeter größer war als Katey, kam sie sich plötzlich klein, sehr klein vor. Ein Gefühl, das sich noch zusätzlich verstärkte, als er sie – sie konnte es kaum glauben – in die muskulösen Arme schloss.
»Wir stehen tief in Ihrer Schuld«, sagte
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