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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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nicht verstanden?«
    »Sie werden jetzt eine Nachricht an die Schwester des Kapitäns schicken, damit sie uns mitteilen kann, wo sich der Kapitän aufhält.«
    »Den Teufel werde ich tun. Tante George mitten in der Nacht stören? Meinem Onkel würde das gar nicht gefallen –
    und er ist kein Mann, dessen Mißfallen man erregen sollte.«
    »Das Mißfallen meines Herrn ist auch zu fürchten.«
    »Das mag ja sein, aber diese Angelegenheit läßt sich doch sicher auf eine vernünftige Zeit verschieben. Oder ist Ihnen nicht bewußt, wie spät es ist?«
    »Zeit spielt für uns keine Rolle.«
    »Das freut mich für Sie, wir aber leben nun mal leider nach der Uhrzeit. Kommt also nicht in Frage, Mr. Liang.« Der verlor jetzt die Geduld. »Sie beugen sich jetzt, oder ...«
    Ein Ruf in ihrer asiatischen Sprache ließ ihn verstummen.
    Amy schaute wieder zum Bett. Der Herr war noch immer da, noch immer in seine Kissen gelehnt, der freundliche Ausdruck in seinem Gesicht aber war verschwunden.
    »Vielleicht könnte mir einmal jemand erklären, worum es hier eigentlich geht«, sagte Amy zögernd.
    Es war der Herr, der antwortete, und Li Liang übersetzte seine Worte. »Ich bin Zhang Yat-sen. Der Amerikaner hat mir einen Familienschatz gestohlen.«
    »Gestohlen?« fragte Amy ungläubig. »Das klingt aber gar nicht nach Warren.«
    »Ganz gleich, wie es dazu kam – ich bin entehrt, bis ich ihn wiederbekomme.«
    »Hätten Sie ihn nicht einfach darum bitten können?«
    »Das habe ich auch vor. Aber ich brauche ein Lockmittel, damit er herkommt.«
    Amy brach in Lachen aus. »Und Sie glauben, ich könnte das Lockmittel sein? Ich gebe es nur ungern zu, aber ich habe ein wenig übertrieben, als ich sagte, er sei mein Verlobter. Zwar hoffe ich, daß er das eines Tages sein wird aber jetzt sträubt er sich noch mit Händen und Füßen gegen eine Ehe. Wahrscheinlich wäre er sogar froh, wenn ich verschwände.«
    »Die Möglichkeit besteht durchaus, sollte er nicht kommen«, sagte Li Liang drohend.
    Kapitel 28
    Als Amy, eingeschlossen in einem Schrankkoffer, zum Hafen gefahren wurde, kamen ihr ernsthafte Zweifel, ob es richtig gewesen war, ihren neuen Bekannten jede Hilfe zu verwei-gern. Das Wort »verschwinden« nahm langsam eine bedrohli-che Bedeutung an. Sie fragte sich, ob diese Kerle es wirklich ernst damit meinten, weit ernster, als sie zunächst geglaubt hatte.
    Ihren Adelstitel ins Spiel zu bringen hatte nicht viel genützt.
    Englische Banditen hätten sich davon vielleicht beeindrucken lassen, diese Asiaten aber schienen nicht zu verstehen, daß man sich den Marquis von Haverston besser nicht zum Feinde machte. Das Androhen schlimmer Folgen für den Fall, daß sie nicht umgehend freigelassen würde, war ebenso wirkungslos geblieben. Sie hatte höhnisch gelacht, als man ihr die Folter-methoden aufzählte, derer man sich bedienen würde, um sie zum Sprechen zu bringen. Von Auspeitschen, Nägelausreißen und dergleichen war die Rede gewesen. Das würden sie nie wagen. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, daß man sie die ganze Nacht bis zum Morgen im Hotel festhalten würde.
    Aus war der Traum, sich unbemerkt wieder ins Haus am Berkeley Square zu schleichen!
    Eigentlich hätte Warren, um dessentwillen sie ja in diese mißliche Lage geraten war, diese mit ihr teilen müssen, so wie er es das letzte Mal getan hatte. Aber nein, er mußte nach der Abreise seiner Brüder das Hotel wechseln! Doch obwohl sie zornig auf ihn war, weil er sie »den Wölfen« überlassen hatte, würde sie Zhang Yat-sen nicht helfen, ihn zu finden.
    Vielleicht würde er sich weigern, Yat-sens Familienschatz wieder herzugeben, ob er ihn nun gestohlen hatte oder nicht. Er konnte so dickköpfig sein. Und Amy legte keinen Wert darauf, die Reaktion dieser Männer zu sehen, wenn sie wirklich wütend wurden. Sie waren so viele, und nicht alle waren so klein wie Li Liang. Außerdem wäre es ihr wie ein Verrat vorge-kommen, sie zu Warren zu führen, auch wenn er sich nichts dabei gedacht hatte, sie bei ihren Onkeln zu verraten.
    Nein, sie mußte mit dieser Sache allein fertig werden, ohne Warrens Hilfe. Ihre Familie konnte ihr in diesem Fall auch nicht helfen. Georgina würde sich vielleicht an ihr gestriges Gespräch erinnern und mutmaßen, daß sie sich auf die Suche nach Warren gemacht hatte. Da sie ihn aber nicht gefunden hatte, konnten sie unmöglich ihre Spur ausfindig machen.
    Jetzt war sie in einer winzigen Kabine eingesperrt mit nichts weiter darin als einer

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