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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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habe mich ...«
    »Schweigen Sie, Lady«, wurde sie von demselben kleinen Kerl unterbrochen, diesmal noch energischer.
    Amys Empörung wuchs. Sie wollte ihrem Unmut schon Luft machen, als vom Bett her eine orientalisch sprechende Stimme ertönte, noch wütender, als ihre gewesen wäre, wenn man sie hätte ausreden lassen. Amy schaute verdutzt in diese Richtung und sah einen weiteren Mann im Bett sitzen. Er war jung – vielleicht auch nicht. Es war schwer zu beurteilen. Er trug ein weißseidenes, sackähnliches Gewand das von den Schultern bis unter die Bettdecke reichte. Ein auffallend langer schwarzer Zopf hing über seine Schulter. Seine Stimme hatte zornig geklungen, aber seine schwarzen Augen waren mit deutlichem Interesse auf Amy geheftet.
    Sie löste den Blick von ihm, um ihn wieder auf den Burschen zu richten, der sie so grob angefahren hatte. »Sehen Sie, es tut mir wirklich leid ihn geweckt zu haben«, flüsterte sie.
    »Aber dürfte ich jetzt bitte gehen? Ich habe mich nur in der Tür geirrt.«
    Die Antwort kam vom Bett her, nur konnte sie kein Wort verstehen. Sie war zu verlegen, um wieder in seine Richtung zu schauen. Schließlich hatte sie den Mann, wer immer er war, in seinem Schlaf gestört. Er war noch immer im Bett. Die Situation war äußerst peinlich.
    Der kleine Mann, der so grob zu ihr gewesen war, richtete erneut das Wort an sie. »Ich bin Li Liang, Lady. Ich spreche im Namen meines Gebieters. Wollten Sie den amerikanischen Kapitän sehen?«
    Amy zögerte. Diese Leute konnten unmöglich zu Warrens Besatzung gehören, oder? Nein, dieser Gedanke war zu absurd. Aber vielleicht wußten sie, wo er jetzt war – dann könnte sie sich den Weg zum Hotelempfang ersparen.
    »Kennen Sie Kapitän Anderson?« fragte sie.
    »Ja, er ist uns bekannt«, antwortete Li Liang. »Ist er Ihnen auch bekannt?«
    Wahrheit oder Lüge, das war hier die Frage? Und wenn eine Lüge, besser Ehemann oder besser Verlobter? Sie kannten sie nicht. Sie würde sie nie wiedersehen, und was immer sie jetzt sagte, würde nie widerlegt werden können. Also eine Lüge, um sie vor weiterer Peinlichkeit zu schützen.
    »Er ist mein Verlobter.« Jedenfalls würde er es bald werden.
    Wieder meldete sich der Herr im Bett zu Wort, und Li Liang übersetzte es. »Es freut uns sehr, das zu hören. Sagen Sie uns also, wo wir ihn finden können.«
    Amy seufzte. Sie würde sich also doch am Empfang erkundigen müssen. »Genau das wollte ich Sie gerade fragen. Dies war sein Zimmer, wie Sie wohl wissen. Ich nehme an, er ist in ein anderes Stockwerk umgezogen.«
    »Er wohnt nicht mehr in diesem Hotel.«
    »Er hat das Hotel gewechselt?« Und mehr zu sich selbst fügte sie hinzu: »Warum hat seine Schwester mir das nicht gesagt?«
    »Sie kennen seine Familie?«
    Sie bemerkte die Erregung in seiner Stimme, kannte den Grund aber nicht. »Natürlich kenne ich seine Familie. Seine Schwester ist mit meinem Onkel verheiratet.«
    Vom Bett her war wieder die Stimme des Herrn zu hören, und Li Liang sagte: »Das freut uns noch mehr.«
    »Gut, ich gebe auf. Aber warum mache ich Sie so glücklich?«
    Sie bekam keine Antwort, sondern statt dessen eine neue Frage. »Weiß die Schwester, wo der Kapitän zu finden ist?«
    »Sicher weiß sie das«, knurrte Amy. »Und sie hätte mir eine Menge Ärger erspart, wenn sie es mir mitgeteilt hätte. Nun will ich aber gehen, damit Ihr Herr weiterschlafen kann. Und nochmals Entschuldigung für die Störung.«
    »Sie können nicht gehen, Lady.«
    Amy richtete sich kerzengerade auf und machte sich so ein wenig größer als der kleine Mann, und mit jedem Millimeter wuchs auch ihre Arroganz. Offenbar beherrschte der Mann die englische Sprache nicht so gut, wie er glaubte.
    »Wie bitte?«
    Er machte einen neuen Versuch. »Sie werden bleiben, bis der Kapitän hier erscheint.«
    Jetzt war sie wirklich verblüfft. »Sie erwarten ihn? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    Li Liang blickte jetzt verdrießlich drein. »Wir rechnen mit seiner Ankunft, sobald er erfährt, daß Sie hier sind. Aber zunächst muß er benachrichtigt werden.«
    »Gut, tun Sie das. Ich werde so lange hier auf ihn warten.«
    Aber in Gegenwart all dieser Männer wollte sie ihn eigentlich nicht sehen. »Das heißt, wenn ich es recht bedenke, kann ich ihn auch später treffen.«
    Sie ging einen Schritt auf die Tür zu, doch im selben Augenblick stellten sich die beiden Männer davor.
    Amys Augen verengten sich. »Habe ich zu schnell gesprochen? Haben Sie mich

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