Malory
zuzufügen?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht, aber auf jeden Fall hätte er es verdient, wenn das, was du über ihn erzählst, stimmt.«
»Natürlich stimmt es. Ich war an dem Abend, als wir ihn mit dem armen Mädchen erwischten, vielleicht nicht ganz bei mir, aber so etwas hätte ich mir auch nie vorstellen können. Aber Percy und Jeremy waren ja auch dabei und genauso entsetzt wie ich.«
Nicholas runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich nehme an, das Mädchen wäre keine große Hilfe, wenn wir ihn vor Gericht zerren?«
»Nein, an dem Abend hatte sie zu große Schmerzen, um überhaupt reden zu können, aber ich habe sie eine Woche später noch einmal aufgesucht. Da hatte sie sich schon etwas erholt, und hat es rundweg abgelehnt, ge-richtlich gegen ihn vorzugehen.«
»Weil er ein Lord ist?«
»Das hat sie vielleicht auch beeinflußt, aber in erster Linie deswegen, weil er sie so reichlich bezahlt hat. Er hat ihr mehr Geld gegeben, als sie bei ihrem Gewerbe in zwei oder drei Jahren verdienen könnte, und sie hatte Angst, sie müsse es zurückzahlen. Für Ashford war die Summe eine Kleinigkeit. Ich habe es überprüft. Er ist so reich, daß er das ein paarmal in der Woche tun könnte und es noch nicht einmal merken würde.«
»Ich nehme an, du hast ihr ähnlich viel Geld oder sogar mehr geboten, damit sie ihn anzeigt?«
»Ja, natürlich, das ist mir sofort eingefallen«, erwiderte Derek. »Leider hat sie dann erklärt, sie hätte gewußt, was er tun wollte, und dem zugestimmt. Es spielt keine Rolle, daß sie gar nicht wissen konnte, wie schlimm es werden würde, oder daß sie körperliche Narben davon-getragen hat. Ironischerweise war ihr auch noch nicht klar, daß diese Narben sie in Zukunft bei der Ausübung ihres Gewerbes behindern würden, und ich habe es nicht übers Herz gebracht, sie darauf hinzuweisen.«
Nicholas seufzte. »Du steckst in einem ziemlichen Dilemma, alter Junge. Ich werde weiter darüber nachdenken, aber im Moment fällt mir keine Lösung ein; dazu gibt sich der Kerl zu aufrichtig, oder zumindest teilweise aufrichtig, indem er diesen Mädchen vorher erklärt, was er möchte. Leider wird er jede Menge billiger Huren in dieser Stadt finden, die auf den Handel eingehen und erst darüber nachdenken, wenn alles zu spät ist.«
»Genauso sehe ich das auch«, entgegnete Derek.
»Ich sage es ja ungern, aber du solltest deinen Onkel James um Rat fragen. Das ist genau sein — hm — Erfah-rungsbereich, meinst du nicht auch?«
Derek grinste. »Daran habe ich auch schon gedacht. Ich bin morgen früh mit ihm verabredet.«
»Gut. Man bekommt eine andere Perspektive, wenn man sich, wie er, mit dem Abschaum der Menschheit zusammentut. Nun, Schluß jetzt mit den ernsten Themen. Schön, daß du vorbeigekommen bist. Du kannst mir heute Gesellschaft leisten, während Reggie in der Gegend herumsaust.«
»Nur zu gerne – jedenfalls heute morgen. Für heute nachmittag habe ich allerdings etwas anderes vor.«
»Das ist schon in Ordnung, alter Junge. Ich nehme mir so viel von deiner Zeit, wie ich kann. Du fehlst mir, seit ich aufs Land gezogen bin. Leider kommst du nicht oft genug vorbei. Außerdem habe ich ein neues Rennpferd gekauft, das ich dir zeigen möchte.«
»Percy auch«, erwiderte Derek. »Du wirst spucken, wenn du seins siehst.«
Nicholas schmunzelte. »Das habe ich gestern schon getan. Was glaubst du, von wem ich mein neues Rennpferd habe? Es ist mir gelungen, dem alten Knaben ein anderes aus seinem Stall abzuquatschen.«
21
»Bist du verheiratet?«
Derek blinzelte. Sie saßen noch nicht ganz in der Kutsche, als Kelsey ihn schon mit dieser Frage überfiel. Es war ihr durch den Kopf gegangen, seit sie heute morgen aufgewacht war, und obwohl es klüger gewesen wäre, diese Frage taktvoller zu formulieren, mußte sie sie einfach loswerden. Sie wußte nicht, wie lange sie bis zu ihrem Bestimmungsort fahren mußten, und sie wollte eine Antwort. Heute. Und sie bekam die Antwort, auf die sie gehofft hatte.
»Du lieber Himmel, nein!« rief er aus. »Und ich habe auch noch lange nicht vor, zu heiraten.« Ihre Erleichterung stand ihr so deutlich im Gesicht geschrieben, daß er hinzufügte: »Nein, nein, meine Liebe, du nimmst mich niemandem weg.«
»Auch nicht einer anderen Mätresse?«
Er schnaubte. »Das schon gar nicht. Ich habe es einmal mit einer Mätresse versucht, und es hat überhaupt nicht funktioniert. Ich wollte eigentlich nie mehr eine haben, aber, nun ja, die Umstände haben zu
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