Malory
entspannen, heute nacht würde es keine Schmerzen – und auch kein Vergnügen – mehr geben. Selbst ihre Nacktheit störte sie nicht mehr, sie trug einfach nur zu der Wärme bei, die sie langsam in den Schlaf hinübergleiten ließ.
Sie war beinahe eingenickt, als er sagte: »Danke, Kelsey Langton, daß du mir deine Jungfräulichkeit geschenkt hast.«
Sie wies ihn nicht darauf hin, daß sie gar keine andere Wahl gehabt hatte. Und es war auch nicht so schlimm gewesen, wie es mit jemand anderem hätte sein können.
Vor dem Schmerz hatte es immerhin einiges an Ange-nehmem gegeben.
Also erwiderte sie halb gähnend in dem gleichen for-mellen Tonfall: »Bitte, gern geschehen, Derek Malory.«
Sie konnte zwar sein Lächeln nicht sehen, spürte aber, wie er sie enger an sich zog. Ihre Hand glitt hinauf und legte sich, zunächst zögernd, dann aber unbesorgt, auf seine Brust. Sie konnte ihn jetzt berühren, wann immer sie wollte. Nach dieser Nacht hatte sie das Recht dazu –
so wie er das Recht gehabt hatte, sie zu berühren –, und erstaunlicherweise machte es ihr Freude.
Man stelle sich das vor.
20
Als Kelsey am nächsten Morgen aufwachte, war sie allein. Derek war irgendwann mitten in der Nacht gegangen. Das war rücksichtsvoll von ihm, da er ihr so die Peinlichkeit ersparte, ihm im Hellen nackt im Bett zu begegnen. Sie überlegte, ob er dies wohl in Zukunft immer so machen würde. Das Haus lag schließlich in einer netten Gegend, und an Diskretion schien ihm etwas zu liegen.
Natürlich könnte er auch verheiratet sein und deshalb Wert auf Diskretion legen. Was für ein entsetzlicher Gedanke! Aber möglich war es schon, und man hatte sie darauf auch vorbereitet. Sie hätte ihn fragen sollen.
Selbst wenn es so wäre, dann hätte sie es lieber gewußt, als dauernd darüber nachzugrübeln.
Neben ihr auf dem Kopfkissen lag eine Nachricht von Derek. Auch sein Geruch war noch da, und sie mußte unwillkürlich lächeln. Er hatte ihr geschrieben, er würde sie am Nachmittag zum Einkaufen abholen, und dann würden sie zum Abendessen ausgehen. Sie lächelte wieder. Das klang eigentlich nett. Sie war immer schon gerne Einkaufen gegangen. Hoffentlich wollte er ihr keine auf-geputzten Mätressenkleider schenken. Sie seufzte. Genau das war wahrscheinlich seine Absicht. Aber wenn sie sie tragen mußte, dann mußte es eben sein.
Es war erstaunlich, welche Last von ihr genommen war, seit sie keine Jungfrau mehr war. Sie hätte es eigentlich bedauern müssen, aber jetzt war es nicht mehr zu ändern. Jetzt war sie wahr und wahrhaftig eine Mätresse.
Keine Angst mehr vor dem Unbekannten. Der Schmerz lag hinter ihr. Angenehm war es nicht gewesen, aber sie konnte sich auf Angenehmes freuen. Ein wenig davon hatte sie bereits empfunden, und das hatte mehr verheißen. Und Derek sah nicht nur gut aus, er ging auch sehr rücksichtsvoll mit ihr um. Was konnte sie unter diesen Umständen mehr verlangen?
«Na, du siehst ja ganz erfüllt aus«, bemerkte Nicholas Eden, als er ins Eßzimmer kam. Derek war bereits da, genau wie das vor Nicholas’ Hochzeit auch meist der Fall gewesen war.
Das Grinsen auf Dereks Gesicht, während er geistesabwesend dasaß und das Frühstück auf seinem Teller hin und her schob, verstärkte sich noch. »Erfüllt von was?
Ich habe mich gerade erst zum Frühstücken hingesetzt.«
Nicholas schmunzelte. »Ich habe eigentlich nicht das Frühstück gemeint, mein lieber Junge, sondern Befriedigung. Sie strömt geradezu aus dir heraus. Du kommst mir vor wie ein liebestoller Hahn, der endlich das Hüh-nerhaus gefunden hat. War sie so gut?«
Derek errötete nicht oft, aber jetzt schoß ihm die Röte in die Wangen. Das war ungewöhnlich, weil es ihn sonst eher amüsierte als verlegen machte, wenn ihn seine Freunde mit seinen kleinen Sünden aufzogen. Wahrscheinlich lag es daran, daß er, wie Nicholas wußte, Mätressen eigentlich abgeschworen hatte. Jetzt jedoch war er drauf und dran, ihm zu gestehen, daß er eine neue Geliebte hatte.
Als er gestern nach Hause gekommen war, um sich umzuziehen, hatte er eine Nachricht von Nicholas vorge-funden, in der stand, daß Nicholas und seine Frau sich eine Woche lang in der Stadt aufhielten, um einzukaufen und Besuche zu machen. Das bedeutete natürlich in Wahrheit, daß Reggie einkaufen und Besuche machen wollte und Nick dazu überredet hatte, sie zu begleiten.
Derek kam nicht mehr oft nach Silverley, Nicks Landsitz, auf dem er und Reggie für gewöhnlich den Winter
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