Malory
James.
Das einzige, was Georgina interessierte war: »Warum ist er denn gar nicht überrascht?«
»Weil er kein Wort davon glaubt«, gab James zurück.
Sie war auf alles Mögliche gefaßt gewesen, aber darauf nicht. Der Junge dachte wohl, sie machte Scherze, und plötzlich wünschte sie sich, es wäre tatsächlich der Fall.
»Nun, so weit so gut«, stellte sie beleidigt fest. »Mir ist es scheißegal, was deine Familie glaubt, James Malory, aber solange sie nicht glauben, daß ich deine Frau bin, schlafe ich allein.« Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und wandte sich an den Butler. »Geleiten Sie mich bitte zu einem Zimmer, das weit genug von seinem entfernt liegt.«
»Wie Sie wünschen, Mylady«, erwiderte der Diener ohne eine Miene zu verziehen.
Georgina, die ihm diese Anrede sehr übel nahm, wies ihn hochmütig zurecht: »Ich bin nicht Ihre Lady, mein lieber Mann. Ich bin Amerikanerin.«
Auch dies konnte ihm keine Regung entlocken. Doch Georgina war nahe am Platzen, als sie hinter ihm die Treppe hinaufstieg und Jeremys fassungslosen Ausruf hörte.
»Himmel und Hölle, du kannst doch unmöglich deine Geliebte hier einquartieren! Tante Roslynn wird das nicht dulden.«
»Deine Tante wird hocherfreut sein, Kleiner. Darauf kannst du dich verlassen. George ist tatsächlich eine Malory.«
»Na klar, dann bin ich der Kaiser von China ...«
40. Kapitel
»Marsch, marsch, aus den Federn, George. Deine neuen Verwandten werden in Kürze eintrudeln.«
Georgina zwinkerte verschlafen mit einem Auge und sah James auf der Bettkante sitzen. Instinktiv rollte sie sich auf die Seite und ihre Hüfte berührte seinen Oberschenkel. Doch als er seine Hand auf ihren Hintern legte, schoß sie wie der Blitz hoch.
»Wie kommst du hier rein?« schnauzte sie ihn an, auf einmal hellwach.
»Durch die Tür, was denkst du denn? Dobson ist nämlich ein kluges Kerlchen und hat dich in mein Schlafzimmer ge-führt.«
»Dein Schlafzimmer? Ich sagte ihm doch ...«
»Ja, er hat dich beim Wort genommen. Außerdem hat er nicht gehört, daß ich deinen Status verneint hätte. Nur Jeremy zweifelt noch daran, nicht aber die übrige Familie.«
»Immer noch? Du hast es also nicht für nötig gefunden, ihn eines Besseren zu belehren?«
»Wüßte nicht, weshalb?«
Georgina setzte sich auf und drehte ihm den Rücken zu, damit er nicht sah, wie diese Antwort sie getroffen hatte.
So, jetzt wußte sie Bescheid. Sie würde also nicht lange genug hierbleiben, daß es der Mühe wert wäre, seinen Sohn von der Heirat zu überzeugen. Wahrscheinlich würde James sie auf das nächste Schiff verfrachten, das nach Amerika abfuhr. Na dann, je früher, desto besser ... Ausgerechnet in England ihr Dasein zu fristen, war sowieso nie ihr Wunsch gewesen und es graute ihr allein schon bei dem Gedanken, mit einem Mann zusammenleben zu müssen, mit dem sie nur körperliche Leidenschaft verband. Für eine gewisse Zeit mag das ja angehen, aber nicht auf Dauer. Von einer dauerhaften Beziehung erwartete sie viel, viel mehr.
Und sie würde nicht weinen, diesmal nicht. Zu oft schon hatte sie wegen diesem Mann gelitten. Wenn sie ihm gleichgültig war, dann würde er ihr auch gleichgültig sein ... und wenn es sie umbrächte.
James hatte natürlich nicht die geringste Ahnung, zu welchen Schlüssen sie nach seiner Bemerkung gekommen war, und er übersah die Tatsache, daß Georgina seinen Sohn überhaupt nicht kannte. Jeremy hielt doch seinem Vater nur die Stange, weil er wußte, welche Einstellung James zum Thema Ehe hatte, und in aller Öffentlichkeit geschworen hatte, niemals zu heiraten. Auf der anderen Seite fühlte sich James unfähig, seinem Sohn seinen plötzlichen Meinungsumschwung zu erklären, denn Jeremy würde ihm das bestimmt nicht abkaufen. Warum also sollte er diesen dick-köpfigen Kerl weiter bearbeiten wie einen sturen Gaul, wenn er ohnehin bald merken würde, wie die Dinge standen?
»Du hast vollkommen recht, James«, beließ es Georgina dabei und stand auf.
»Habe ich?« hob er fragend eine Braue. »Darf ich fragen, worüber du so plötzlich mit mir einer Meinung bist?«
»Es gibt keine Veranlassung, irgend jemanden über unsere ... Verbindung aufzuklären.«
Stirnrunzelnd sah er ihr hinterher, als sie auf den Sessel zuging, wo er für sie einen Berg Kleider hingelegt hatte. »Ich habe doch nur von Jeremy gesprochen«, erklärte er ihr. »Den Rest der Familie brauche ich nicht zu überzeugen.«
»Falls doch, dann spar dir die Mühe. Ich sehe
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