Malory
war derjenige, der ins Fettnäpfchen getreten war, doch er sah nicht im mindesten peinlich berührt aus, eher verärgert.
»Freut mich, dich zu sehen, Bruderherz«, überging er James' hitzige Begrüßung. »Aber nicht deine kleine Nutte hier.
Ich gebe dir genau fünf Minuten, um das Luder von hier fortzuschaffen, bevor die Dame des Hauses zu deiner Be-grüßung auf der Matte steht.«
»George geht nirgendwohin, aber du bewegst deinen Arsch besser vor die Tür.«
»Hast du den Verstand verloren? Das ist doch keine Jung-gesellenbude mehr.«
»Mein Gedächtnis funktioniert noch ausgezeichnet, alter Junge, aber es gibt keinen Grund, George zu verstecken. Sie ist nämlich meine ...«
»So, jetzt haben wir den Salat«, fiel er James ungehalten ins Wort, als sie Schritte auf der Treppe hörten.
»Versteck sie unter dem Bett oder sonstwo ... Nun mach schon und steh nicht so dämlich rum!« Damit griff er nach Georginas Arm.
»Wehe du wagst es, sie anzurühren, dann liegst du selbst unter dem Bett!«
»Mach doch was du willst«, wiegelte Anthony ab. »Aber wenn mir Roslynn deinetwegen die Hölle heißmacht, dann gnade dir Gott!«
»Anthony«, sagte James schlicht. »Halt's Maul.«
Genau das tat er. Lässig an die Wand gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, wartete er auf das Donnerwetter.
Er streifte Georgina nur mit einem flüchtigen Blick, der weiter zur offenen Türe wanderte, wo seine Frau jeden Augenblick auftauchen würde.
Georgina machte sich innerlich auf den Auftritt eines feu-erspeienden Drachens gefaßt. Jemand, der ein solches gestandenes Mannsbild derart ins Bockshorn jagen konnte, mußte ja eine schreckliche Furie sein. Doch Roslynn Malory sah ganz und gar nicht schrecklich aus, als sie durch die Tür trat und James ein strahlendes Lächeln schenkte, worin sie Georgina einschloß. Sie war eine atemberaubende Schönheit, nicht viel größer als Georgina, auch nicht viel älter und, wie es schien, ebenfalls guter Hoffnung.
»Jeremy hat mich gleich auf der Treppe überfallen, um mir zu sagen, daß du geheiratet hast, James? Ist das wahr?«
»Geheiratet?« erwachte Anthonys Neugierde.
»Ich dachte, du konntest Jeremy nicht überzeugen?« meinte Georgina zu James.
»Der Meinung war ich auch. Der gute Junge kann nämlich fürchterlich loyal sein, wenn er glaubt, daß es darauf an-kommt. Tony hat er das nicht erzählt, weil er eben doch nicht daran glaubt.«
»Geheiratet?« kam es nochmals von Anthony, doch noch immer schenkte ihm niemand Beachtung.
»Was glaubt Jeremy nicht?« erkundigte sich Roslynn.
»Das George hier meine Vicomtesse ist.«
»Ah, wie schlau von dir, einen neuen Namen zu finden«, stellte Georgina fest. »Doch der sagt mir nicht zu. Laß dir was anderes einfallen. Ich denke nicht daran, mich mit einem englischen Titel schmücken zu lassen.«
»Zu spät, Geliebte. Namen und Titel gehören zusammen.«
»Geheiratet?« brüllte Anthony und diesmal verschaffte er sich endlich Gehör. »Ist das nicht ein wenig zu viel des Guten, nur um einer Gardinenpredigt zu entgehen?«
Noch bevor ihm James eine passende Antwort geben konnte, fuhr ihn Roslynn an: »Wer, glaubst du, würde ihm eine Gardinenpredigt halten?«
»Du, Liebling.«
Roslynn lachte hämisch in sich hinein, ein heiseres, kehliges Lachen, das Georgina erstaunt aufblicken ließ. »Da bist du aber auf dem Holzweg, mein Lieber. Wie kommst du eigentlich auf diese abwegige Idee?«
Anthony deutete lässig in Georginas Richtung und ohne einen Blick an sie zu verschwenden meinte er abfällig: »Weil er uns diese Person ins Haus schleppt, diese ... na die da.«
Das ging Georgina doch über die Hutschnur: »Ich bin keine ›die‹, du aufgeblasenes Arschloch«, sagte sie zwar ruhig, doch mit unüberhörbarem Groll in der Stimme. »Ich bin Amerikanerin und, im Moment, eine Malory.«
»Schön für dich, Schätzchen«, höhnte Anthony weiter.
»Dann spuckst du sowieso nur aus, was er dir eingetrichtert hat.«
Wutschnaubend boxte Georgina James in die Rippen. »Es ist nicht nötig, die anderen zu überzeugen, waren das nicht deine Worte?«
»Ruhig Blut, George. Kein Grund, die Fassung zu verlieren«, versuchte James sie zu beruhigen.
»Ich bin nicht wütend«, schrie sie ihn an. »Und ich fühle mich auch nicht verheiratet, soweit es deine Familie angeht.
Sieh zu, daß du ein anderes Zimmer für dich findest, kapiert?«
Etwas Schlimmeres hätte sie ihm gar nicht an den Kopf werfen können, in der Verfassung, in der er
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