Malory
die er nur trug, um seinen Vater zu ärgern, wie Regina hinter vorgehaltener Hand Georgina ins Ohr tuschelte.
Conrad Sharpe war ebenfalls anwesend, was nicht weiter verwunderlich war, da er für James und Jeremy mit zur Familie gehörte. Georgina hatte ihn noch nie im Abendanzug zu Gesicht bekommen, und umgekehrt war es auch für ihn das erste Mal, daß er sie nicht in irgendwelchen Männerklamotten antraf, weshalb er sogleich den heftigen Drang verspürte, einen passenden Kommentar abzugeben: »Potz Blitz, George, du hast wohl deine Hosen verlegt?«
»Sehr geistreich«, murmelte sie.
Während Connie und Anthony vielsagend schmunzelten, und James in ihren gewagten Ausschnitt versunken zu sein schien, übernahm es Regina, ihm die Leviten zu lesen:
»Schäm dich, Connie. So landest du kein Kompliment bei einer Lady.«
»Hast dich wohl schon auf ihre Seite geschlagen, du kleine Hexe?« grinste er und schloß sie herzlich in seine Arme.
»Kannst deine Krallen beruhigt wieder einziehen, Herzchen, ich bin sicher, George ist genausowenig auf den Mund gefallen wie du. Außerdem werde ich mir jegliche Komplimente tunlichst verkneifen, solange ihr Gatte um sie herumschar-wenzelt.«
James überging diese Anspielung und wandte sich statt dessen an seine Nichte. »Nachdem ich annehmen darf, daß es sich bei diesem Ensemble um ein Stück aus deinem Klei-derschrank handelt, kann ich dir leider den Vorwurf nicht ersparen, daß deine Mieder zu offenherzig sind.«
»Nicholas hatte nie etwas dagegen einzuwenden«, feixte sie.
»Dieser Wüstling, das wundert mich nicht.«
»Das ist ja grandios. Er ist noch gar nicht da, und du gehst schon auf ihn los.« Damit kehrte sie ihm den Rücken, um Jeremy zu begrüßen.
James' Blicke saugten sich wieder an Georginas Dekollete fest, und sie konnte nicht umhin, in Erinnerung an diesen verhängnisvollen Abend zu Hause, eine entsprechende Bemerkung zu machen: »Ich fühle mich ja fast wie daheim.
Meine Brüder hätten jetzt bestimmt etwas ähnlich Lächerliches losgelassen und mir befohlen, ein züchtigeres Kleid anzuziehen. Du trägst dich nicht zufälligerweise mit einem ähnlichen Gedanken?«
»Ich soll mit ihnen an einem Strick ziehen? Oh nein, Gott bewahre!«
Höhnisch grinsend meinte Connie zu Anthony: »Hast du auch den Eindruck, als ob er ihre Brüder nicht besonders gut leiden kann?«
»Ich kann mir nur nicht vorstellen, warum?« entgegnete Anthony mit unschuldiger Miene. »Nach dem, was ich so höre, müssen sie doch recht unterhaltsame Burschen sein.«
»Tony ...«, warnte ihn James, doch Anthony hatte sich schon zu lange das Lachen verkniffen und mußte noch schnell seinen Spruch loswerden:
»In den Keller gesperrt!« prustete er. »Bei Gott, da hätte ich zu gerne Mäuschen gespielt!«
Jetzt platzte Georgina der Kragen. »Meine Brüder sind ei-ne Nummer größer als Sie, Sir Anthony. Sie können versichert sein, daß Sie gegen die auch nichts hätten ausrichten können.« Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und gesellte sich zu Regina, die in der anderen Ecke des Salons stand.
Anthony war doch einigermaßen überrascht. »Ich habe das unbestimmte Gefühl, daß das Fräulein dich verteidigen wollte.«
James lächelte säuerlich, enthielt sich aber jeglichen Kommentars, doch Roslynn musterte ihren Gatten streng, und ihre Augen funkelten böse. »Wenn du nicht bald aufhörst, James in Gegenwart seiner Frau hochzunehmen, wird sie bald andere Geschütze auffahren. Und wenn sie das nicht tut - tue ich's.« Damit ließ auch sie die Männer einfach stehen.
Connie, der bemerkte, daß Anthony langsam vor Wut kochte, knuffte James in die Seite. »Wenn er sich nicht vor-sieht, wird er seine Nächte wieder in der Hundehütte verbringen müssen.«
»Da kannst du recht haben, alter Freund«, spöttelte James.
»Also werden wir ihm doch kein Wasser in den Wein gie-
ßen, nicht wahr?«
Connie zuckte gleichgültig mit den Achseln. »Wenn du es ertragen kannst? Mich hält er ja nicht zum Narren.«
»Wenn es den erwünschten Erfolg bringt, kann ich eine Menge wegstecken.«
»Weiß ich doch, dafür läßt du dich sogar in den Keller sperren.«
»Ich hab's genau verstanden!« fuhr Anthony dazwischen.
»Also hatte ich recht. Dir ist also doch eine Laus über die Leber gelaufen, weil du so sauer ...«
»Ach halt doch dein Maul, Tony!«
Bald darauf trafen die Alten ein, wie James und Anthony ihre älteren Brüder zu betiteln pflegten. Jason Malory, der dritte Marquis von
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