Malory
beide zum Heiraten gezwungen worden seid, ist eine ganze Menge an Gemeinsamkeit, findest du nicht?«
Nicholas schwieg. Er fixierte nur seine Frau mit einem durchdringendem Blick, als wolle er feststellen, ob sie das im Ernst oder im Spaß gesagt hatte. Doch Georgina sah ihm an, daß er dem Lachen nahe war. Er hielt es nur solange zurück, bis er James' zornigen Blick sah.
Überraschenderweise stimmte Anthony nicht in sein brüllendes Gelächter ein. Entweder hatte er am Abend zuvor schon genug über dieses Thema gelacht, oder, was wahrscheinlicher war, er wollte sich auf keinen Fall auf die Seite des jungen Vicomte schlagen, auch wenn die Sache noch so erheiternd war.
»Reggie, Schätzchen«, sagte er betont verdrossen. »Soll ich dir den Hals umdrehen, oder dich lieber auf dein Zimmer schicken?«
»Ich habe hier kein Zimmer mehr, Tony.«
»Dann dreh ihr den Hals um«, schlug James vor, und als er seine Nichte ansah, spielte eine Mischung aus Stolz und Arger um seine Mundwinkel. »Das hast du mit Absicht gesagt, nicht wahr, du kleine Hexe?«
Sie machte sich nicht einmal die Mühe, das abzustreiten.
»Nun, ihr macht doch immer Front gegen ihn, das ist nicht fair, zwei gegen einen. Sei mir nicht böse, aber ich werde mir später noch viel mehr von seinem Triumpfgeheule anhören müssen als du. Schließlich bin ich mit ihm verheiratet.«
Dieser Ausspruch war natürlich nicht dazu angetan, die Gemüter zu beruhigen, zumal Nicholas dabeistand und von einem Ohr zum anderen grinste. »Vielleicht sollte ich dann gleich bei euch einziehen, Regan«, witzelte James. »Wenigstens solange, bis das Stadthaus, das Eddie für mich ausgesucht hat, neu möbliert ist?«
Das war zuviel für Nicholas. »Nur über meine Leiche!«
»Dies, mein Freund, läßt sich bestimmt arrangieren.«
In diesem Augenblick gesellte sich Edward zu ihnen. »Ach nebenbei bemerkt, James, ich vergaß zu erwähnen, daß heute abend ein Kerl hier war und nach dir gefragt hat. Wollte ihm schon sagen, wo er dich finden kann, aber seine Frage klang verdammt feindselig, würde ich sagen. Dachte mir, wenn er dein Freund wäre, hätte er ein bißchen mehr Höflichkeit an den Tag gelegt.«
»Hat er einen Namen hinterlassen?«
»Nein. Es war ein bulliger Kerl, sehr groß, und dem Dialekt nach ein Amerikaner.«
Ganz langsam drehte sich James zu Georgina um, seine Brauen gefährlich zusammengezogen, die Augen gewittrig umwölkt. »Diese barbarischen Hurensöhne, die sich deine Brüder schimpfen, sind uns doch wohl nicht gefolgt, oder, meine Liebe?«
Angriffslustig schob sie ihr Kinn ein wenig vor, konnte damit ihre Belustigung aber nur schlecht verbergen. »Meine Brüder haben sich schon immer rührend um mich gekümmert, und wenn du dir ins Gedächtnis rufen würdest, unter welchen Umständen mich Drew und Boyd zuletzt an Bord deines Schiffes gesehen haben, kann ich mir eine Antwort sparen.«
Seine Erinnerungen an die denkwürdige Nacht ihrer Hochzeit mögen vielleicht auf Grund der Umstände etwas verschwommen sein, doch daß er sie geknebelt und wie ein Paket unter den Arm geklemmt auf sein Schiff geschleppt hatte, daran erinnerte er sich nur zu gut.
»Verfluchte Scheiße«, sagte er leise, aber mit echter Inbrunst.
43. Kapitel
»Verflucht noch mal, das kann doch nicht dein Ernst sein!«
fauchte Georgina außer sich vor Wut. »Ich will sie zumindest einmal sehen, wenn sie schon den ganzen Weg hierher gekommen ...«
»Ist mir doch scheißegal, wie weit sie gefahren sind!«
schoß James nicht minder wutentbrannt zurück.
Letzte Nacht hatte sie keine Möglichkeit mehr gehabt, die Ankunft ihrer Brüder zur Sprache zu bringen, denn sie hatte sich, nachdem sich die Älteren verabschiedet hatten, sogleich auf ihr Zimmer zurückgezogen. Vergeblich hatte sie noch eine ganze Weile auf James gewartet und war darüber eingeschlafen. Am nächsten Morgen hatte es James katego-risch abgelehnt, sie zum Hafen zu fahren, oder eine Kutsche für sie zu bestellen und ihr dann in unmißverständlichen Worten klargemacht, daß sie ihre Brüder überhaupt nicht sehen würde.
Nun richtete sich Georgina in den Kissen auf und versuchte in ruhigem Ton das Gespräch auf eine vernünftige Ebene zu bringen: »Könntest du mir vielleicht den Sinn deiner Entscheidung erklären? Sie sind doch nur gekommen, um sich davon zu überzeugen, daß es mir gut geht.«
»Red' nicht so einen verdammten Mist!« knurrte er, nicht gewillt oder unfähig, sich vernünftig zu unterhalten. »Sie
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